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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Steuern

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Steuern (der Schweiz: gegenwärtige Verhältnisse).

beschränkt. In Thurgau gilt sie nur den Knechten, Mägden und Handwerksgesellen, ähnlich in Freiburg nur dem aus Dienstverhältnissen herrührenden Einkommen. In Baselland ist der vermögenslose Barverdienst der Arbeiter, Tagelöhner und Dienstboten bis 200 Fr. steuerfrei.

Was die Ermittelung der Steuerkapitalien betrifft, so verzichten nur drei Kantone: Luzern, Glarus, Appenzell-Außerroden, auf die Deklaration (Selbstschätzung) des Steuerpflichtigen und ziehen direkte Einschätzung durch Steuerkommissionen vor. In allen andern Kantonen erfolgt die Deklaration entweder mit Entrichtung der Steuer (Baselstadt für die Einkommensteuer, Genf, Nidwalden) oder dieser vorangehend mündlich (in St. Gallen und Thurgau) oder schriftlich. Hier überall besteht eine Kontrolle der Deklaration, meist mit Zuhilfenahme der Gemeindebehörden oder ohne solche durch hierzu berufene anderweitige Instanzen. Im allgemeinen ist die Kontrolle um so besser, je mehr der Einfluß der Gemeindebehörden zurücksteht. Geheimgehalten sind die Steuerlisten in den Kantonen Baselstadt, Genf, Waadt, den beststeuernden der Schweiz. Öffentlichkeit mit der Absicht, hierdurch gegenseitige Kontrolle der Steuerpflichtigen hervorzurufen, besteht in Zürich, Zug, Glarus, Appenzell-Außerroden, Schaffhausen, Graubünden, Neuenburg, Tessin. Eine vielen Schweizer Kantonen eigentümliche Kontrollmaßregel ist die Inventarisation im Todesfall mit eventueller nachträglicher Auffüllung des in Wahrheit schuldigen Steuerbetrags. Solche Inventarisation findet gegenwärtig statt in Aargau, Schaffhausen, Appenzell-Außerroden, Glarus, Solothurn, Waadt, in bloßen Ansätzen in Luzern, Neuenburg, Uri, Baselstadt. Angestrebt ist sie seit Jahr und Tag auch in andern Kantonen, in Zürich und Graubünden bisher aber vom Volke verworfen.

Die Steuerkapitalien in den verschiedenen Kantonen der Schweiz betragen nach Schanz:

Kantone Wohnbevölkerung 1888 Vermögenssteuerkapital Mill. Fr. Vermögenssteuerkapital pro Kopf Fr. Unfundiertes Einkommen Mill. Fr.

Baselstadt 1887 73754 600,0 8135 34,0

Genf ? 105966 684,0 6483 -

Waadt 1887 247569 1281,4 5176 15,4

Schaffhausen 1886 37798 152,0 4022 7,5

Neuenburg 1886 107935 401,0 3715 22,2

Glarus 1886 33828 110,7 3273 -

Aargau 1886 193700 614,5 3172 34,4

Freiburg 1886 119086 331,9 2787 0,9

Bern 1886 536182 1433,1 2673 28,0

Obwalden 1886 15049 40,0 2600 -

Appenzell-Innerroden 1887 12868 32,0 2490 -

Uri 1884 17313 42,5 2456 0,5

Zug 1886 23013 56,5 2454 2,5

Zürich 1886 337203 860,3 2255 47,8

Graubünden 1886 94686 206,6 2171 6,5

Nidwalden 1882 12558 27,0 2152 -

Baselland 1887 61922 122,9 1985 7,9

Wallis 1887 102320 187,5 1832 -

Luzern 1886 135396 244,8 1807 116,9

Thurgau 1885 104816 189,1 1804 24,9

Appenzell-Außerroden 1886 54145 92,2 1703 -

Schwyz 1885 50363 79,9 1586 -

St. Gallen 1886 228316 324,0 1419 ca. 24,0

Tessin 1888 129152 152,3 1196 ca. 15,0

Solothurn ? 85783 - - -

Zusammen: 2920723 8266,2 - -

Das ganze Vermögenssteuerkapital der Schweiz, ausgenommen Solothurn, beläuft sich ungefähr auf 8,26 Milliarden, wenig mehr als der Wert der in der Schweiz gegen Feuer versicherten Gebäude und Mobilien, der 1886: 7⅔ Milliarden betrug.

Als Kopfbetrag des steuerpflichtigen Gesamteinkommens berechnen sich:

^[Liste]

in Luzern 930 Frank

in Baselstadt 790 Frank

in Waadt 670 Frank

in Neuenburg 444 Frank

in Uri 380 Frank

in Schaffhausen 360 Frank

in Zürich 350 Frank

in Aargau 290 Frank

in Baselland 260 Frank

in Zug 206 Frank

in Bern 160 Frank

in Tessin 160 Frank

in Graubünden 150 Frank

Allzu weitgehende Folgerungen freilich darf man aus all diesen Ziffern nicht ziehen, schwankt doch die Höhe der hier ausgewiesenen Beträge nicht mit der verschiedenen Wohlhabenheit allein, sondern ebensosehr mit der Vollkommenheit der Einschätzungen und dem Ausmaß der Steuerfreiheiten.

Was die ziffermäßige Höhe der Steuerlast in den verschiedenen Kantonen betrifft, so werden von dem zur Steuer angegebenen Einkommen an direkten Hauptsteuern durchschnittlich und ungefähr erhoben:

Staatssteuer Gemeindesteuer Zusammen

St. Gallen 2,79 Proz. 8,2 Proz. 10,99 Proz.

Bern 4,05 - 5,3 - 9,35 -

Zürich 3,0 - 5,4 - 8,4 -

Zug 1,9 - 3,65 - 5,55 -

Neuenburg 1,86 - 3,33 - 5,19 -

Baselland 0,36 - 4,21 - 4,57 -

Aargau 0,61 - 3,64 - 4,25 -

Baselstadt 3,26 - 0,88 - 4,14 -

Schaffhausen 1,66 - 2,00 - 3,66 -

Waadt 1,3 - 1,3 - 2,6 -

Uri 1,01 - 1,09 - 2,1 -

Luzern 0,15 - 1,09 - 1,24 -

Da es sich vorstehend um Durchschnittssteuersätze handelt, sind nicht nur infolge der Steuerprogression verschieden hohe Einkommen, sondern das gleiche Einkommen auch in verschiedenen Gemeinden des Kantons anders belastet, als hier nachgewiesen, und die Verschiedenheiten speziell der Gemeindesteuerlast sind die allergrößten.

Für einige Schweizer Städte seien übrigens noch speziellere Nachweisungen geboten. Eine Familie mit drei schulpflichtigen Kindern, einem Erwerb von 3000 Fr. und einem Reinvermögen an Gebäuden, Grundstücken und Mobilkapital von je 20,000, 10,000 und 30,000 Fr. hätte 1888 zu entrichten gehabt:

Staatssteuer Gemeindesteuer Zusammen

in Basel 118,00 40,00 158,00 Fr.

- Aargau 45,65 273,90 319,55 -

- Luzern 40,00 296,00 336,00 -

- Bern 162,00 222,00 384,00 -

- Zürich 197,30 372,00 569,30 -

- St. Gallen 174,80 398,50 573,30 -

Auf den Kopf der Bevölkerung entfielen an direkten Staats- und Gemeindesteuern und zwar Haupt- und Nebensteuern, einschließlich Schulgelder für Primar- und Sekundarschulen, im J. 1888 in

^[Liste]

Luzern 28,32 Fr.

Bern 33,47 Fr.

Basel 37,50 Fr.

Aarau 38,01 Fr.

St. Gallen 45,93 Fr.

Zürich 93,45 Fr.

Die Stelle hinter den direkten Hauptsteuern nehmen im Haushalt der Kantone die Erbschafts- und Handänderungssteuern ein. Die Erbschaftssteuer wird vorläufig in stets steigendem Umfang ausgebeutet. Ihr Ertrag ist während der letzten 30 Jahre von 0,52 auf 3,05 Mill. Fr. gestiegen. Pro Kopf wirft sie gegenwärtig 1,1 Fr. ab, während ihr Ertrag in