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Colmar (im Elsaß)
gaus und an der Linie Weißenburg-Straßburg-Basel sowie der Nebenlinie C.-Münster (18,5 km) der Elsaß-Lothring. Eisenbahnen, an der Linie Freiburg-C. (44,4 km) der Bad. Staatsbahnen, der Nebenbahn C.-Schnierlach (20 km, Kaysersberger Thalbahn) und an den Straßenbahnen C.-Winzenheim (4,6 km) und C.-Markolsheim (22 km), ist Sitz des kaiserl. Bezirkspräsidiums des Oberelsasses, der Kreisdirektion des Kreises C., des Oberlandesgerichts für Elsaß-Lothringen (Landgerichte C., Metz, Mülhausen, Saargemünd, Straßburg, Zabern), eines Landgerichts mit 15 Amtsgerichten (Barr, C., Ensisheim, Gebweiler, Kaysersberg, Markirch, Markolsheim, Münster, Neubreisach, Rappoltsweiler, Rufach, Schlettstadt, Schnierlach, Sulz, Weiler) und Kammer für Handelssachen, Amtsgerichts, Hauptsteueramtes, einer Betriebsdirektion (191,72 km Bahnlinien) der Elsaß-Lothring. Eisenbahnen, eines kath. Dekanats, einer Inspektion und eines Konsistoriums Augsburgischen Bekenntnisses, eines israel. Konsistoriums sowie des Kommandos der 29. Kavalleriebrigade und hat (1890) 30399 E., darunter 8734 Evangelische und 1079 Israeliten, in Garnison (2763 Mann) das 4., 10. und 14. Jägerbataillon sowie das 14. Dragonerregiment, Post erster Klasse mit Zweigstellen und Telegraph.
^[Abb. Wappen]
Gebäude. Bemerkenswert sind das Münster St. Martin (14. Jahrh.) mit der Madonna im Rosenhag von Schongauer; die frühgot. ehemalige Dominikanerkirche, jetzt Kornhalle; die spätgot. ehemalige Franziskanerkirche, jetzt evang. Kirche; das ehemalige Dominikanerkloster Unterlinden (13. Jahrh.) mit der Stadtbibliothek (80000 Bände, 1791 gegründet), dem Schongauer Museum und den Sammlungen der naturgeschichtlichen Gesellschaft; das Bezirkspräsidium (1860), das Oberlandesgericht, das alte Kaufhaus (1480), das Theater, die Kavalleriekaserne, das Postgebäude (Neubau) und mehrere Privathäuser im Renaissancestil; in den Anlagen «Marsfeld» die Kolossalstatue des Admirals Bruat (1864) und das Denkmal des Generals Rapp (1853), in der Stadt das Denkmal Pfeffels.
Verwaltung. Die Stadt hat einen Bürgermeister, 2 Beigeordnete, 27 Gemeinderatsmitglieder, Feuerwehr, Gasanstalt (etwa 800000 cbm), Wasserwerk, städtische Sparkasse; Bürgerhospital.
Bildungs- und Vereinswesen. C. hat ein Lyceum (Direktor Dr. Baur, 27 Lehrer, 11 Gymnasialklassen mit 260 Schülern, 6 Realklassen mit 188 Schülern, 3 Vorklassen mit 89 Schülern), zwei kath. Lehrerseminare, Präparanden-, höhere Mädchenschule, Zeichenschule; Bezirks- und Stadtarchiv, Stadtbibliothek; Schongauergesellschaft, Naturhistorische Gesellschaft, je einen Krieger-, Veteranen-, Vaterländischen Frauen-, Landwirtschaftlichen Kreis-, Garten- und Weinbau-, Verschönerungsverein, Sektion des Vogesenklubs, 10 Musik- und Gesang- sowie zahlreiche Geselligkeits- und Wohlthätigkeitsvereine.
Die Industrie erstreckt sich auf Baumwoll-, Woll- und Seidenspinnerei und ‑Weberei, Eisengießerei, Maschinenbau sowie Fabrikation von Tuch, Jute, Packleinwand, Nähfaden, Papier, Stärkemehl, Kartoffelzucker, Seife, Kerzen, Wagen und Cementröhren; ferner bestehen Gerbereien und Bierbrauereien. Die Lage am Ausgange der gewerbfleißigen Thäler von Sulzmatt, Münster und Kaysersberg machen die Stadt zum Stapelplatz eines regen Binnenhandels; ferner besteht bedeutender Gemüse-, Hopfen- und Weinhandel sowie Ausfuhr von Gänseleberpasteten. C. besitzt eine Handelskammer, Reichsbanknebenstelle, Banque de Mulhouse succursale de C., Filiale der allgemeinen Elsässischen Bankgesellschaft sowie mehrere Privatbanken. – C. ist Geburtsort des Dichters Konrad Pfeffel (1736‒1809), des Generals J. ^[Jean] Rapp (1772‒1821), des Admirals A. J. ^[Joeseph] Bruat (1796‒1855). – Von wichtigern Industriezweigen wurden im Kreis C. 1890/91 betrieben: 29 Webereien (7747 Webstühle), 12 Spinnereien (280760 Spindeln), 1 Zwirnerei (124 Spindeln), 9 Bierbrauereien, 1 Seidenspinnerei, 3 mechan. Bürstenholzfabriken, 7 Buchdruckereien, 1 Eisengießerei, 2 Eisenschmieden, 5 Hammerschmieden, 2 Färbereien, 2 Feilenfabriken, 1 mechan. Werkstätte, 2 Packtuch- und 3 Holzstofffabriken, 14 Kalkbrennereien, 1 Kesselfabrik, 10 Leinwandbleichereien, 5 Kerzenfabriken, 29 Mehl-, 14 Ölmühlen, 3 mechan. Papiermühlen, 24 mechan. Schneidemühlen, 4 Seifenfabriken, je eine Zuckerwaren-, Tabak- und Cigarren-, Stärke-, Tapetenfabrik , 4 Töpferwarenfabriken, 15 Ziegeleien u. a. – In der Umgegend von C. wird Tabakbau (1890 im Handelskammerbezirk C. 8060 mit Tabak bepflanzte Grundstücke in der Größe von 1208,84 ha, 3653 Tabakpflanzer) und Gemüsezucht (Spargel) betrieben. Unter den weinbautreibenden Gemeinden Elsaß-Lothringens steht C. bezüglich des Umfangs der bebauten Fläche an erster Stelle (597 ha Weinberge; 1889/90 im Handelskammerbezirk C. 26108 Weinbauern, 144 Weingroßhändler, 975 Weinkleinverkäufer). Im Kreis C. waren 1889/90 17 Steinbrüche im Betrieb.
Geschichte. C., das Columbarium der Römer, war unter den Karolingern königl. Meierhof; 833 fand in der Nähe (Lügenfeld) die Zusammenkunft Ludwigs des Frommen mit seinen Söhnen statt, 884 hielt Karl der Dicke einen Reichstag in C. ab. Durch den hohenstaufischen Landvogt Wölfelin wurde C. mit Mauern umgeben, 1226 durch Kaiser Friedrich Ⅱ. Reichsstadt. 1278 empfing C. von Rudolf von Habsburg sein Stadtrecht und die Befreiung von fremder Gerichtsbarkeit, 1285 wurde es von demselben König belagert, weil es sich weigerte, die geforderten Steuern zu zahlen. Ebenso sah König Adolf von Nassau sich 1293 durch das feindselige Verhalten des Schultheißen Rösselmann und seines Verbündeten Anselm von Rappoltstein zu einer längern Belagerung genötigt und nahm schließlich die Stadt ein. C. wurde 1337, weil es die Juden schützte, von dem sog. König Armleder vergebens belagert, 1358 vom Herzog Rudolf von Österreich eingenommen. Im 14. Jahrh. trat C. dem Bunde der 10 elsäss. Reichsstädte bei. 1575 fand die Reformation Eingang, doch wurde 1627 den Protestanten die Abhaltung des Gottesdienstes untersagt. Infolgedessen eroberten die Schweden unter General Horn 1632 die Stadt, mußten dieselbe jedoch wieder räumen. 1634 besetzten die Franzosen C. zum erstenmal, räumten aber die Stadt nach dem Westfälischen Frieden. 1673 drangen sie unter Louvois in dieselbe ein und schleiften die Festungswerke. Am 5. Jan. 1675 schlug Turenne die Kaiserlichen zwischen C. und Türkheim; der Friede von Nimwegen (1678) bestätigte die Abtretung C.s
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]