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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Guaranin – Guarini

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Guarani'

und Kokama des obern Amazonas und verschiedene andere im Amazonasgebiet und in Guayana zerstreute Stämme. Alle zeichneten sich durch kriegerische Tüchtigkeit und einen gewissen Grad von Kultur aus. Sie bauten Maniok, benutzten Hängematten und wohnten in von Palissaden umschlossenen Dörfern. Auf wohlgezimmerten Kähnen befuhren sie die vielen Ströme, und verstanden die Kunst, die zu gewissen Zeiten massenhaft gefangenen Fische durch Dörren und Pulverisieren in ein haltbares Nahrungsmittel umzuwandeln. Mit ihren Nachbarn lebten sie in beständigem Krieg. Sie huldigten dem Kannibalismus, aber mehr in der Idee, die Kraft des gefangenen Feindes dadurch in sich aufzunehmen. Die Jesuiten verstanden es, diese Indianer in Missionen zu sammeln und ein unter priesterlicher Leitung stehendes Gemeinwesen zu organisieren, an dessen Stelle später die Republik Paraguay (s. d.) trat, deren Hauptbevölkerung noch heute von G. gebildet wird. Die Sprache der G. ist der der Tupi, die als Verkehrssprache zwischen verschiedensprachigen Stämmen in Brasilien bis in die neueste Zeit Geltung behalten hat, nahe verwandt. – Vgl. d'Orbigny, L'homme américain (de l'Amérique méridionale, 2 Bde., Par. 1839); Martius, Die Pflanzennamen und die Tiernamen in der Tupisprache (in den «Sitzungsberichten» der Bayrischen Akademie 1858 und 1860); ders., Beiträge zur Ethnographie und Sprachenkunde Amerikas, zumal Brasiliens (2 Bde., Lpz. 1867); Porto Seguro, L'origine touranienne des Américains Tupis-Caribes (Wien 1876); Ruiz de Montoya, Tesoro de la lengua G. (Lpz. 1876); Friedr. Müller, Grundriß der Sprachwissenschaft, Bd. 2 (Wien 1882); Seybold, Linguae Guarani grammatica, hispanice a Paula Restivo a. 1724 etc. (Stuttg. 1892).

Guaranīn, s. Caffeïn.

Guarda. 1) Distrikt der portug. Provinz Beira, hat 5556,6 qkm, (1881) 234368 E., d. i. 42 auf 1 qkm. –

2) Hauptstadt des Distrikts G., an den Linien Figueira da Foz-Span. Grenze und Abrantes-G., in 1039 m Höhe, auf einem Ausläufer der Serra d'Estrella gelegen, ein kalter und schmutziger Ort, ist Sitz eines Bischofs, hat (1878) 4613 E., eine got. Kathedrale und ein Kastell.

Guardafūi, Gardafui, Girdif, Yardarf, Ras Asir, Dschard Hafun, das Ostkap Afrikas, südlich vom Eingang zum Golf von Aden, unter 11°50' nördl. Br. und 51°16' östl. L. Hinter ihm erhebt sich ein 275 m hoher felsiger Berg, welchen die Bewohner Gardaf oder Dschardaf nennen, während sie dem Kap den Namen Asir geben. Das Kap ist für die Schiffahrt wegen der Klippen sehr gefährlich; zur Zeit des Südwestmonsums herrscht hoher Seegang, welcher zur Küste treibt und plötzlich umspringend wieder auswärts stürzt. G. ist das antike Promontorium Aromata.

Guardiān (vom ital. guardare, achtgeben), der Vorsteher (Abt) der Franziskaner- und Kapuzinerklöster; in England der Stellvertreter eines Bischofs während der Erledigung des bischöfl. Amtes; in Portugal ein Unteroffizier der Marine.

Guardinfante (ital.), weiter Reifrock, der die Schwangerschaft verbirgt.

Guarentigierte Urkunde (Instrumentum guarentigiatum) bedeutet dem Wortsinne nach eine mit besonderer Garantie versehene Urkunde. Der Ausdruck stammt mit der Sache aus dem mittelalterlichen ital. Recht. Ursprünglich hießen so notarielle ↔ Urkunden über Schuldbekenntnisse, abgelegt vor dem Notar, welchen ein Zahlbefehl (praeceptum guarentigicae) des Notars hinzugefügt war mit der Wirkung, daß nach Ablauf der im Zahlbefehl bestimmten Zeit ohne weiteres gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung bewirkt werden konnte. Diesem eigentümlichen Institut liegt die Fiktion eines Prozesses zu Grunde, in welchem der Gläubiger als Kläger, der Schuldner als anerkennender Beklagter und der Notar als Richter gedacht wird. Späterhin bezeichnete man mit dem Ausdruck überhaupt alle Urkunden, mit welchen das Recht sofortiger Zwangsvollstreckung verknüpft war, also die sog. exekutorischen Urkunden. (S. Urkunde, Zwangsvollstreckung.)

Guari, afrik. Provinz, s. Gbari.

Guarīco, linker Zufluß des Orinoco in Venezuela, entspringt südwestlich von Caracas bei Villa de Cura und mündet nach seiner Vereinigung mit einem Arm des Apure, dem Apurito, oberhalb von Caicara.

Guarīni, Giovanni Battista, ital. Dichter, geb. 10. Dez. 1537 zu Ferrara, Urenkel des Humanisten Guarino. Nachdem er zu Padua studiert und einige Zeit Vorlesungen gehalten hatte, trat er in die Dienste des Herzogs Alfons II. von Ferrara, der ihn zum Ritter erhob und als Gesandten nach Venedig, zu Kaiser Maximilian II., zu Gregor XIII. und nach Polen sandte, nach dessen Krone der Herzog strebte. Für Mühen und Auslagen karg belohnt, verließ G. 1582 den Dienst, um sich litterar. Arbeiten zu widmen, nahm 1585 das ihm angebotene Staatssekretariat vom Herzog an, ohne diesmal befriedigter zu sein, sodaß er wieder ausschied, sein Glück in Florenz, Turin, Venedig, Mantua, endlich in Rom versuchte, nach Hause zurückkehrte, aber es nach Alfons' Tode (1597) auch hier nicht aushielt. So begann ein neues unstetes Leben, das ihn wieder nach Florenz, nach Urbino und endlich in die Heimat zurückführte, von wo er bis 1605 als ferrarischer Gesandter zu Papst Paul V. ging. Er starb 7. Okt. 1612 zu Venedig. Unter seinen Werken ist am berühmtesten «Il Pastor fido» (Vened. 1590 u. ö.; neue Ausg. von Casella, Flor. 1866), ein Schäferdrama, das Tassos «Aminta» den Rang streitig machte. Die ersten beglaubigten Aufführungen fanden, nach dem Drucke des Stücks, 1596 in Crema und Ronciglione statt, eine glänzende Darstellung 1598 in Mantua; nachher ward es häufig auf die Bühne gebracht und fast in alle europ. Sprachen (deutsch von Arnold, Gotha 1815) übersetzt. Außerdem sind zu erwähnen sein in dialogischer Form abgefaßter «Segretario» (Vened. 1594), das Lustspiel «La idropica» (ebd. 1613), die «Rime» (ebd. 1598 u. ö.) und «Lettere» (ebd. 1593 u. ö.). Eine Gesamtausgabe seiner Werke besorgten Barotti und Apostolo Zeno (4 Bde., Verona 1737–38). Sein «Trattato della pubblica libertà» , den er um 1599 schrieb, erschien Venedig 1818, zugleich mit G.s Leben von Ruggieri. – Vgl. Rossi, B. G. ed il Pastor fido (Tur. 1886).

Guarīni, Guarino, ital. Baumeister, geb. 1624 zu Modena, Theatinermönch, suchte nach Bernini neue Wege für die Baukunst in Anlehnung an Borromini und war der leidenschaftlichste und zügelloseste Vertreter des Barockstils. Er arbeitete zunächst in Modena, scheint sich dann eine Zeit lang lediglich dem Studium gewidmet zu haben und entfaltete seine eigentliche Bauthätigkeit erst seit 1674 im Dienste des Herzogs Carlo Emanuele II. und

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 524.