931
Hebungssysteme – Hechtdorsch
ziehen sich, abgesehen von ziemlich eng begrenzten derartigen Vorgängen infolge vulkanischer Thätigkeit oder bei Erdbeben, überaus allmählich und langsam. Daher nennt man sie säkulare Niveauverschiebungen. Dieselben sind am leichtesten nachweisbar an der Küste des Meers, wo die von ihnen bedingten Veränderungen der Strandlinien die sichersten Anhaltspunkte zu ihrem Studium geben. Da es in den allermeisten Fällen durchaus unsicher ist, ob eine Verschiebung der Strandlinie durch Hebung oder Senkung des Landes oder durch Veränderlichkeit des Meeresspiegels bedingt ist, und da die Versuche der wissenschaftlichen Erklärung des Phänomens noch in keiner Weise zu unumstößlicher Sicherheit der Erkenntnis geführt haben, ist es zweckmäßig, mit Sueß die Bezeichnung Hebung und Senkung zu ersetzen durch die bessere: positive und negative Niveauverschiebung, wobei in Übereinstimmung mit der Messung der Pegelstände der Landverlust als positiv, der Landgewinn als negativ bezeichnet wird. Bei letzterm Vorgang wächst der Küstensaum in die Breite, Hafenplätze werden landeinwärts geschoben, Korallen- und Austernbänke trocken gelegt; bei positiver Senkung hingegen senken sich die Ufer unter den Meeresspiegel, unter dem Waldungen, Torfmoore und Wohnstätten der Menschen verschwinden. An felsigen, steilen Küsten läßt der Ocean bei negativer Verschiebung Strandlinien zurück, die langsam bis zu einer Höhe von mehrern hundert Metern emporgehoben werden. An der norweg. Küste finden sich derartige Beweise für solche Vorgänge in verschiedenen Niveaus übereinander bis zu 200 m Meereshöhe. Die schwed. Küste nördlich von Karlskrona verschiebt sich negativ etwa 1,36 m im Jahrhundert. Auch Schottland ist von solchen alten Meeresterrassen umgürtet. Anzeichen negativer Verschiebungen hat man an vielen Küsten nachgewiesen, ebenso solche für positive; doch sind letztere der Natur der Sache nach schwerer aufzufinden, da sie eben vom Wasser bedeckt sind. Sicherlich befindet sich die deutsche Küste der Ost- und der Nordsee im Zustande positiver Verschiebung. Ein Teil Hollands, und zwar nicht weniger als 14760 qkm, liegt bereits unter dem Niveau des Meers, dessen Eindringen nur durch künstliche Bauten abgehalten wird; wurde doch der größte Teil vom Areal des Zuidersees erst im 13. Jahrh. von den Fluten bedeckt. – Vgl. Hahn, Untersuchungen über das Aufsteigen und Sinken der Küsten (Lpz. 1873); Sueß, Das Antlitz der Erde, Bd. 1‒2 (Wien 1883‒88).
Hebungssysteme. Unter Voraussetzung der Gleichalterigteit aller Gebirgsketten von parallelem Verlaufe betrachtete man früher besonders nach dem Vorgange Élie de Beaumonts den Inbegriff aller vermeintlich gleichalterigen Gebirge als ein einheitliches Hebungssystem, eine Anschauung, die gänzlich aufgegeben worden ist. (S. Gebirgsbildung.)
Heca…, Artikel, die man hier vermißt, sind unter Heka… zu suchen.
Hechel, Hechelmaschine, Hechelprozeß, s. Flachsspinnerei (Bd. 6, S. 859 b).
Hechingen. 1) Oberamt im preuß. Reg.-Bez. Sigmaringen, hat 236,34 qkm, (1890) 19825 (9372 männl., 10453 weibl.) E., 1 Stadt und 26 Landgemeinden. – 2) Oberamtsstadt im Oberamt H., bis 1850 Haupt- und Residenzstadt des Fürstentums H., 2 km nördlich von dem Kegelberge (866 m) mit dem Schloß Hohenzollern (s. d.), in 470 m Höhe, an der Starzel und der Linie Tübingen-Sigmaringen der Württemb. Staatsbahnen, ist Sitz des Oberamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Frankfurt a. M.) mit 5 Amtsgerichten (Gammertingen, Haigerloch, H., Sigmaringen, Wald) und eines Amtsgerichts und hat (1890) 3743 E., darunter 621 Evangelische und 285 Israeliten, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph; drei kath. Kirchen, darunter die interessante Klosterkirche St. Lutzen in Frührenaissance und die Stadtkirche (1783) mit Reliefbild des Grafen Eitelfriedrich und seiner Gemahlin Magdalene von Brandenburg von Peter Vischer, ferner eine kleine, sehr schöne evang. Kirche, 1855‒57 im Spitzbogenstil nach Stülers Entwürfen auf königl. Kosten erbaut, Synagoge, alten Stadtturm, altes Rathaus (1450), Marmordenkmal der Fürstin Eugenie an der von ihr gestifteten Kinderbewahranstalt, Realschule, höhere Mädchen-, Frauenarbeitsschule, zwei Hospitäler; Strickgarnfabrik, Buntweberei, Baumwollfärbereien, Tricotwebereien und Schäftefabrik. Die Badeanstalt wird durch eine Leitung aus den 2 km entfernten, 1835 entdeckten salinischen Schwefelquellen (10° C.) gespeist; außerdem werden Sol-, Fichtennadel- und Dampfbäder gegeben. An der Südseite der Stadt die Villa Eugenia, fürstl. Schloß mit Garten und Gewächshäusern; 7 km entfernt das fürstl. Lustschloß Lindich.
Hechsen, s. Hessen (Sprunggelenk).
Hecht, Fisch, s. Hechte.
Hecht, Wilhelm, Holzschneider und Radierer, geb. 28. März 1843 in Ansbach, bildete sich in Nürnberg und 1860‒63 bei Weber in Leipzig zum Holzschneider aus. In München machte er sich selbständig und begann auch mit Erfolg zu radieren. 1884 wurde er als Professor der Holzschneidekunst an die Kunstschule nach Wien berufen, besorgte gleichzeitig die xylographische Ausführung des großen Illustrationswerkes des Kronprinzen Rudolf und leitet dort die Xylographische Anstalt der Hof- und Staatsdruckerei. Für die Wiener Gesellschaft für vervielfältigende Kunst hat er sowohl vorzügliche Holzstiche als auch zahlreiche Radierungen geliefert. Von letztern sind zu erwähnen die Blätter aus der Galerie Schack, die meisterhafte Stichradierung nach Jan Scorels Obervellacher Altarbild, die Radierungen nach Murillo, Rubens, van Dyck, Flinck, Kaulbach, teils im Galeriewerk der Gesellschaft, teils in den «Graphischen Künsten». Auch das Berliner Galeriewerk enthält tüchtige Radierungen H.s; eine Anzahl großer Blätter (meist Porträts nach Lenbach) gab Aumüller in München heraus. Als Originalarbeiten in Holzschnitt sind zu nennen die Bildnisse des Kaisers Wilhelm Ⅰ., des Kronprinzen Friedrich Wilhelm und des Kaisers Franz Joseph. Für die «Vervielfältigende Kunst der Gegenwart» (Wien 1889 fg.) schrieb H. den Artikel über den modernen Holzschnitt in Deutschland.
Hechtbarsch, soviel wie Sander (s. d.).
Hechtdorsch (Merluccius), Gattung aus der Familie der Schellfische mit zwei Arten in den nördl. gemäßigten und kältern Gewässern (bis zum 62.° nördl. Br.) und einer dritten an der Küste von Chile. Der gemeine H. (Merluccius vulgaris Flemming), Seehecht, Kalmul, wird bis zu 1 m lang, ist oben braungrau mit schwarzen Punkten, unten silberweiß. Das Maul ist innen schwarz. Der Fisch ist sehr gefräßig und räuberisch und decimiert im Mittelmeer und an der atlantischen Küste Frankreichs und des südl. England die Anchovis und Pilcharde. Sein