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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Seidenreiher - Seiditen
duktion, namentlich in Europa, veranlassen und stete
Einfuhr frischen Scidensamens (Eier oder Grains,
auf Kartons abgelegt) aus Japan nötig machen.
Die hauptsächlichsten Seidenraupenkrank-
heiten sind: Gelbsucht (Iaunisse), Fettsucht
lGrasscrie), Starrsucht (Muscardine), Verkalkung!
iCalcino), Schlafjsucht (Atrophie) und Körperchcn-
krankheit (Gattine, Distrophie). Letztere, auch
P'ÜMchi genannt, ist die gefährlichste und ver-
brcitetste; sie entsteht durch Pilzwucherung im Kör-
per der Raupe, tritt seuchenartig auf und ist erblich.
Zuerst von Cornalia ergründet, hat Pasteur und
nach ihm Haberlandt gelehrt, sie durch Zellengrai-
nieruug, d. i. abgesonderte Begattung untersuchter
gesunder Schmetterlinge, zu beschränken. Neuerdings !
wurden auf Veranlassung des Professor Harz (Mün- !
<dcn) Versuche angestellt, die Seidenraupen mit
Schwarzwurzelblättcrn zu ernähren. Diese Ver- ^
suche sollen sehr günstige Resultate ergeben baben.
In Ostasien giebt es noch zahlreiche Seiden-
spinner, deren Cocons einen verwendbaren, aber
gröbern Faden liefern. Aus ihnen wurden seit
1850 besonders drei Arten in Europa eingeführt
und versuchsweise gezüchtet: 1) 8llturinH (Zonid^x)
<^ntliia, der Ailanthusspinner, auf dem Götter-
baum und Ricinus lebend, 1857 durch den Mis-
sionar Fantoni aus China nach Europa gebracht,
seit 1885 durch Gu^rin-Mcncville in Frankreich kul-
tiviert; 2) 83.wi'niH?6rn)'i ^m'i'i,l und 3) ä^tur-
liia. ^3.inn - Ni) M 6^tei'in, die I a m a - m a s u oder
Eichenseidcnspinner, beide in Ostasien auf
Eichen lebend. Letztere, die wertvollere Art, ge-
langte 1863 durch Pompe van Meerdervorst nach
Frankreich. In Europa gedeiht sie am bestell auf
der Stieleiche, dann der Trauben- und Zerrciche.
Die Raupe ist viel größer als die des Maulbcer-
spinners, sie spinnt "nur Doppelfäden, viel stärker
als diejenigen des letztern, wie denn auch ihre
braunen Cocons noch einmal so groß sind. Sie
wurde im Freien in südeurop. Eichenwäldern ge-
zücktet, so von Varon Vretton in Rctfalu bei Essegg
in Kroatien. Doch geben die Cocons eine geringe
Ausbeute an Seide und sind schwer abzuhaspeln; die
weitere Zucht wurde daher aufgegeben. (S. Seide.)
Litteratur. Haberlandt, Der Seidenspinner
(Wien 1871); Weißweiler, Die Zucht des Maul-
beerbaums und der Seidenraupe ("Landwirtschaft-
liche Bibliothek", 30. Bdchn., Verl. 1875); Pasteur,
1^mä68 3U1' 111 inklaäis ä68 V61'3 H 8016 (Par. 1871);
Bolle, Die Krankheiten der Seidenraupe lGörz 1874);
Vrinckmeier, Der Seidenbau (2. Aufl., Ilmenau
1886); Bolle, Ausführliche Anleitung zur rationellen
Aufzucht der Seidenraupe (neu bearbeitet von Me-
wis,' Verl. 1893). fteiher (s. d.).
Seidenreiher, Bezeichnung der kleinen Silber-
Seidenschwanz (1>c>mI))'ci1iH), Pestvogel,
Z Arten sehr schön gefärbter, beerenfressender Sing-
vögel von gedrungenem Bau, mit kurzem, breitem,
gekerbtem, ander Spitze schwach gekrümmtem Schna-
bel, ovalen, unter steifen Borsten versteckten Nasen-
löchern und kurzem Schwänze und Flügeln, deren
erste Schwinge verkümmert ist. Die systematische
Stellung dieser in den kältern nördl. Regionen der
Alten und Neuen Welt vorkommenden Vögel ist noch
sehr unklar. Bekannt ist der oben rotgraue, am
Baucbe silbergraue europäische S. (liloiud^ciiia
^ari-ulci I^'<M., s. nachstehende Abbildung), mit
s.unmetschwarzer Kehle und Stirn, hohem Schöpfe,
schwarzen, weißgebänderten und an den Armschwin-
gen mit hochroten Hornfortsätzen versehenen Flügeln
und citronengelb geränderten Schwanzfedern. Er
nistet im nördl. Lappland auf niedrigen Wen der
/<.
>M
Fichten, kommt oft in Scharen nach Deutschland
und ist dünnn und gefräßig. In der Gefangenschaft
halt er sich leicht, bereitet aber wenig Vergnügen.
Seidenspinner, Bezeichnung für eine ganzc
Reihe von Nachtfaltern (Spinnern), deren Raupen
beim Verpuppen um sich eine Hülle (Cocon) spinnen,
deren Fäden als Seide Verwendung finden. Der be-
kannteste S. ist der gewöhnliche S. oder Maul-
beerseidenspinner, Lomd^x inori _^., der gelb-
lichweih, auf den unter der Spitze etwas ausgeschnit-
tenen Oberflügeln mit undeutlichen Querbinden und
einem mondförmigen Fleck von blaß bräunlicher
Farbe gezeichnet und von etwa 40-50 nini Spann-
weite ist. Seine ursprüngliche Heimat ist China. Das
Männchen (s. Tafel: Seidenraupe und Seiden-
zucht, Fig. 9) stirbt bald nach der Begattung, das
Weibchen (Fig. 10) klebt im Herbst seine 2 - 300
graugelben Eier (Fig. 2) an die Stämme des weißen
Maulbeerbaums (s. Noru8). Die im Frühjahr aus-
schlüpfenden Raupen (f. Seidenraupe) liefern den
größten Teil der Seide (s. d.).
Seidenspinnerei, s. Seide <S. 818a).
Seidenspitz, s. Hunde (Bd. 9, S. 429 d).
Seidenwollbaum, salscher, s. ^ockiozper-
mum.
Seidenwurm, Seidenzucht, s. Seidenraupe.
Seidcnzwirnmuhle, s. Seide (S. 817 a).
Seidlten, Zeiditcn, eine Partei der Schuten
(s.d.), die sich als Anhänger des Seid, Enkels des
Huscjn und Sohns des vierten schiitischcn Imams
Sein al 'Abidin, bekennt. Dieser revoltierte gegen die
zu seiner Zeit bcrrschenden Omajjaden, wofür er auch
740 mit dem Tode büßte. Die Lehre der S. ist so-
wohl in dogmatischer wie in polit. Veziehuug die
toleranteste unter allen schiitischen Parteien. Seid
selbst war Schüler des Oberhauptes der Mu'tazi-
liten (s. d.) und lehnte es im Gegensatz gegen den
schiitischen Fanatismus ab, das Andenken der ersten
Chalifen zu verunglimpfen und ihre Herrschaft als
ungültig zu erklären. Die S. lehren demgemäß die
Unterwerfung unter die faktische, wenn auch in schii-
tischem Sinne nicht legitime Macht. Auch beschrän-
ken sie die Würde des legitimen Imäm nicht bloß
auf die Nachkommen des Hufejn, sondern dehnen
das Reckt auf dieselbe auch auf die Linie des Hassan
aus. Gegenwärtig sind sie in West- und Süd-
arabien, namentlich im centralcn Jemen, sebr zahl-
reich vertreten; auch in Mekka leben viele S. Der