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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wettschlagung; Wettturnen

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Wettschlagung - Wettturnen

zu einer Kunst erheben und hierdurch vorteilhaft auf die Campagnereiterei (s. Campagne) einwirken, die lange Zeit von der stallmeisterlichen Richtung der Schulreiterei (s. d.) beeinflußt worden war.

Den Namen W. haben die Rennen, abgesehen davon, daß schon das Rennen um Preise ein gewisses Wetten ist, davon erhalten, daß auf den Sieg der laufenden Pferde von den Zuschauern Wetten (s. Buchmacherei und Totalisator) um hohe, oft übermäßig hohe Beträge abgeschlossen werden.

Man unterscheidet verschiedene Arten von W., und zwar nach den beteiligten Reitern: Herrenreiten (s. Herrenreiter), Offizier-, Jockeyreiten und Bauernreiten (s. d.); nach den zurückzulegenden Entfernungen: kurze Rennen (Bahnlänge 1000‒1500 m), mittlere Rennen (bis 4000 m) und lange Rennen (über 4000 m); nach den eigentlichen Rennbedingungen: Flachrennen (s. d.), Hürdenrennen (s. d.), Hindernisrennen (s. d.) und Trabrennen (s. d.) unter dem Sattel oder im Geschirr; nach der Art der Anmeldung: Zuchtrennen (s. d.), Alterskonkurrenzen oder Altersgewichtsrennen, bei denen die durch das Alter bedingte Verschiedenheit der Leistung durch das im Rennen zu tragende Gewicht, dessen Feststellung nach Erfahrungsgrundsätzen erfolgt (s. Handicap), ausgeglichen wird, und Rennturnus, wiederholtes Rennen zu endgültiger Klassifizierung (in Deutschland wenig gebräuchlich). Die verbreitetsten W. sind diejenigen, welche als Gangart den Galopp oder die Carriere haben, doch giebt es auch W. im Trab. Über Distanzrennen s. Dauerritte.

Die Bedingungen des Wettkämpfer gliedern sich nach verschiedenen Gesichtspunkten. Nach Alter und Gewicht hat man W. für gleichalterige Pferde mit gleicher Belastung, worunter die zwei- und dreijährigen Rennen (Produce stakes) die Hauptrolle spielen; W. für Pferde jeden Alters mit verschiedenem Gewicht; endlich den Handicap (s. d.), das Verkaufsrennen (s. d.), nach welchem das siegende Pferd versteigert wird, und das Forderungsrennen. Letzteres ist 1891 auf der Charlottenburger Bahn nach franz. Muster eingeführt und hat folgende Proposition: Jedem Besitzer eines in diesem Rennen genannten Pferdes, welches zu diesem Rennen auf dem Rennplatz ist, steht das Recht zu, auch vor dem Rennen jedes der andern in diesem Rennen genannten Pferde, die auf dem Platze sind, zu fordern und zwar für einen Preis, der zum mindesten dem Wert des angegebenen Kaufpreises und dem des ausgesetzten Rennpreises entspricht. Das Gebot ist auf einem Zettel zu machen, der vor dem Beginn des Abwiegens zu diesem Rennen in den sog. Forderungskasten gelangen muß. Geforderte Pferde dürfen an dem Rennen nicht teilnehmen.

Die Technik der W. ist fast überall die englische: die W. haben bestimmte Renngesetze (Rennreglements), Vorschriften, die für die W. eines bestimmten Rennvereins maßgebend bleiben (s. unten). Die Strafen sind Geldstrafen, Ungültigkeitserklärung eines Rennens oder Verweisung von der Bahn, die den Reiter, das Pferd oder dessen Besitzer sowie auch Trainer, Buchmacher oder Zuschauer betreffen kann. Die Aufforderung zum W. an einem oder mehrern Renntagen (Meetings) geschieht nach einem bestimmten Rennprogramm mit seinen Propositionen (s. d.). W. können öffentlich oder privat sein. An öffentlichen Rennen kann sich jeder Rennpferdbesitzer nach Maßgabe der öffentlich bekannt gegebenen Rennbestimmungen beteiligen, auch steht der Zutritt zu denselben gegen Eintrittsgeld jedermann frei.

Über Turf, Start, Match, Maiden, Canter, Derby-Rennen s. diese Artikel.

Die W. finden meist auf Rennbahnen (s. d.) statt, die von Rennvereinen aus eigenen Mitteln und den Einkünften aus dem Eintrittsgeld und Totalisator unterhalten werden. Auch die Preise werden aus diesen Einkünften und den Reugeldern (s. d.) oder aus Staatszuschüssen (Staatspreisen) und privaten Zuwendungen aufgebracht. Die Hindernisrennen sind der Regel nach länger als die Flachrennen. Als Sieger gilt dasjenige Pferd, welches zuerst den Siegespfosten passiert, worüber der Richter entscheidet. Auch das zweite und dritte Pferd erhalten meist noch einen Preis. Der Ablauf der Pferde erfolgt auf ein von dem Starter (s. Start) durch Senken einer Fahne gegebenes Zeichen, worauf ein Glockenzeichen den Beginn des Rennens verkündet. Streitfälle entscheidet das aus Mitgliedern des Rennvereins zusammengesetzte Schiedsgericht.

Über die W. bei Griechen und Römern s. Circensische Spiele, Cirkus, Hippodrom, Rennbahn. Nachdem die W., zum Teil infolge des Widerstandes der Kirche, in Vergessenheit geraten waren, traten sie im spätern Mittelalter als Volksbelustigungen wieder auf, namentlich in Süddeutschland; in dieser Zeit kamen die jetzt noch üblichen bayr. Bauernrennen (s. Bauernreiten) auf. In England wurden die W. erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. zu Volksbelustigungen; besondern Aufschwung nahmen sie dann seit der Mitte des 16. Jahrh., besonders seit mit ihnen das Wetten in Verbindung kam. Nachdem die Rennen und Wetten anfangs nur einen privaten Charakter gehabt, wurden mit Anfang des 17. Jahrh. öffentliche W. und Preise eingeführt. Gegenwärtig sind die W. in ganz England weit verbreitet. In neuerer Zeit sind die W. auch außerhalb Englands in den meisten civilisierten Ländern meist nach engl. Muster eingeführt worden. Nachdem 1828 die erste deutsche Renngesellschaft des Berliner Vereins für Pferderennen und Pferdedressur entstanden war, fand 1830 das erste Berliner W. statt, dem bald W. an andern Orten folgten. Die preuß. Regierung erließ 1846 Renngesetze (Reglement für die Flachrennen und Hindernisrennen, 1881 abgeändert, durch dessen Annahme sich die Rennvereine staatliche Subventionen sichern). In Norddeutschland bildete sich ein Jockeyklub, in Österreich ein «Verein für österr. Pferderennen und Pferdezucht». Gegenwärtig haben sich in Deutschland besonders der Union-Klub, in Österreich-Ungarn und England der Jockey-Klub, in Frankreich die Société d’encouragement pour l’amélioration des races Verdienste um den Rennsport erworben. Die bedeutendsten W. in Deutschland sind das deutsche Derby- und Renard-Rennen in Hamburg-Horn, der Jubiläums- und Zukunftspreis in Baden-Baden, Henkel-Rennen und Union-Rennen in Hoppegarten, Deutsches St. Leger in Hannover, Preis von Thüringen in Gotha, Leipziger Stiftungspreis, Armeejagdrennen und internationale Steeple chase in Karlshorst.

Wettschlagung, s. Aufrechnung.

Wettturnen. W. findet häufig auf Turnfesten statt, wobei von den sich hierzu meldenden Turnern eine Anzahl teils vorgeschriebener, teils frei gewählter Übungen darzustellen sind, die von Sachverständigen gewertet werden. Man unterscheidet dabei zwischen