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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zolltara – Zollverein

fällverkürzung begründen (Defraudation, s. d.), endlich solchen, die nur eine Übertretung von Verwaltungs- und Kontrollvorschriften in sich schließen (Ordnungswidrigkeit, s. d.). Eine besondere Eigentümlichkeit dieses Systems besteht darin, daß bei Konterbanden und Defraudationen neben den verwirkten Geld- oder Freiheitsstrafen stets auch die Konfiskation (s. d.) der Gegenstände, in Ansehung deren die strafbare Handlung begangen worden ist, und zwar der Regel nach ohne Rücksicht darauf Platz greift, wem das Eigentumsrecht an diesen Gegenständen zusteht. Verschärfung der Strafe tritt bei komplottartigen Verletzungen der Zollgesetze ein (s. Bandenschmuggel). Über das Zollstrafverfahren trifft die Reichsstrafprozeßordnung eine Reihe Sonderbestimmungen, insbesondere über die Voraussetzungen für die Statthaftigkeit eines Verwaltungsstrafverfahrens sowie über gewisse formelle Erfordernisse. In Österreich beruht das Z. auf dem Strafgesetz über Gefällsübertretungen vom 11. Juli 1835. – Vgl. Löbe, Das deutsche Z. (2. Aufl., Lpz. 1891); Bonnenberg, Das Strafverfahren in Zoll- und Steuersachen (ebd. 1891); Das österr. Strafgesetz über Gefällsübertretungen (Wien 1878) sowie den Artikel Gefällsstrafrecht im «Österr. Staatswörterbuch», Bd. 1 (ebd. 1895).

Zolltara, s. Tara.

Zolltarif, das amtliche Verzeichnis der Zollsätze und Gewichtsmaßstabe, die der Verzollung zollpflichtiger Waren zu Grunde zu legen sind, sowie der Waren, die entweder überhaupt oder unter bestimmten Voraussetzungen zollfrei bleiben. In Staaten mit konstitutioneller Verfassung erfolgt die Feststellung des Z. im Wege der Gesetzgebung, seine Verkündung aber in der Regel in Verbindung mit einem besondern Zolltarifgesetz. Da der Z. sich darauf beschränkt, unter fortlaufenden Tarifnummern die Warengattungen, die er umfaßt, nur nach großen Gruppen aufzuzählen, wird zu seiner Anwendung von amtlicher Seite in der Regel noch ein besonderes Verzeichnis aufgestellt und veröffentlicht, das die einzelnen Warenartikel nach ihren im Handel und sonst üblichen Benennungen in alphabetischer Ordnung aufführt und daneben die Tarifnummer angiebt. In Deutschland heißt es Amtliches Warenverzeichnis. Gegenüber dem Z. hat es nur die Bedeutung einer Vollzugsvorschrift ohne gesetzliche Wirkungen. Abänderungen des Z. müssen in Deutschland der Regel nach wenigstens acht Wochen vor dem Zeitpunkte, zu welchem sie in Kraft treten, zur öffentlichen Kenntnis gebracht werden. Ausnahmsweise werden aus handelspolit. Rücksichten Sperrgesetze erlassen, die erhöhte Zölle sofort in Kraft setzen, damit keine Versorgung des Inlandes zum niedern Zollsatze noch möglich ist. Seit 1892 besteht in Brüssel ein internationales Bureau für Veröffentlichung der Z. aller Länder und deren Veränderungen. Unter einem autonomen Zolltarif versteht man einen solchen, der von einem Staat selbständig mit ausschließlicher Berücksichtigung seiner eigenen Interessen festgesetzt wird. Ein solcher war z. B. der deutsche Z. von 1879 (s. Handelsverträge). Amtliche Zusammenstellungen der Z.: Die Z. des In- und Auslandes (Berl. 1883; samt Ergänzungen im «Handelsarchiv», ebd.) und Zollkompaß (Wien); Troje, Amtlicher Z. mit Warenverzeichnis u. s. w. (6. Ausg., Harburg 1896); vgl. noch Appelt, Kommentar zum deutschen Z. (4. Aufl., Wittenb. 1897).

Zoll- und Handelsbündnis, die auf Grund des im J. 1867 zwischen den österr. Reichsländern und den Ländern der ungar. Krone geschlossenen staatsrechtlichen Ausgleichs von den Ministerien beider Reichshälften vereinbarte und im legislativen Wege genehmigte Abmachung, wonach die gesamte Österreichisch-Ungarische Monarchie zu einem gemeinsamen Zoll- und Handelsgebiete mit gemeinsamer Zollgrenze vereinigt wird. Das Z. u. H. bestimmt die Ausdehnung aller bis dahin geschlossenen Staatsverträge auf das gemeinsame Gebiet, stellt den Grundsatz auf, daß Abänderungen der Zolltarife und Zollgesetze nur im gemeinsamen Einvernehmen vorgenommen werden dürfen, führt eine gemeinsame Handelsflagge ein u. s. w. Das Z. u. H. wurde zuerst mit Gesetz vom 24. Dez. 1867 abgeschlossen, seither durch die Gesetze vom 27. Juni 1878 und 21. Mai 1887 erneuert.

Zoll- und Staats-Monopolsordnung, das Patent vom 11. Juli 1835, mit dem in Österreich die Bedingungen, unter denen die Ausfuhr aller Waren über die Zolllinie stattfinden kann, und die Anordnungen, denen der Verkehr und die Aufbewahrung der Waren innerhalb des Zollgebietes unterworfen sind, festgestellt wurden. – Vgl. die Österreichische Z. u. S. (Wien 1885).

Zollverein, Deutscher, ein aus zahlreichen Einzelverträgen hervorgegangener Verein, auf dem die wirtschaftliche Einheit Deutschlands beruht. Nach Art. 19 der Deutschen Bundesakte sollte wegen des Handels und Verkehrs zwischen den einzelnen Bundesstaaten in Beratung getreten werden. Diese Beratung fand 1817 thatsächlich zwar statt, sie führte aber ebenso wenig zu einem praktischen Ergebnis wie Ministerverhandlungen, die aus gleicher Veranlassung 1819‒20 in Wien gepflogen wurden. Das preuß. Zollgesetz vom 26. Mai 1818, wodurch innerhalb des Staatsgebietes sämtliche noch vorhandenen Binnenzölle wie die bisherige Accise von fremden Waren aufgehoben, die Zolllinie an die Grenze verlegt und ein allgemeiner Grenzzolltarif festgesetzt wurde, bildete den Ausgangspunkt des Z. Preußen widersetzte sich seitdem in der Voraussicht, daß man zu keinem Resultat gelangen werde, der Regelung des Zollwesens von Bundes wegen und begann durch Sonderabmachungen mit den Einzelstaaten sein Zollgebiet zu erweitern. Der erste Staat, der sich 1819 für seine enklavierten Landesteile der preuß. Zollverwaltung anschloß, war Schwarzburg-Sondershausen; es folgten ebenfalls für ihre enklavierten Gebiete 1822 Schwarzburg-Rudolstadt, 1823 Sachsen-Weimar und Anhalt-Bernburg, 1826 Lippe-Detmold und Mecklenburg-Schwerin. In demselben Jahre traten auch Anhalt-Dessau und Anhalt-Cöthen nach einem mehrjährigen Zollkrieg dem preuß. Zollverband bei.

Auf diese Zollanschlüsse der Kleinstaaten, die sich völlig oder mit einzelnen Teilen ihres Gebietes dem preuß. Zollsystem unterwarfen, folgte durch Vertrag vom 14. Febr. 1828 eine Zolleinigung zwischen Preußen und dem Großherzogtum Hessen, indem beide Staaten bis auf wenige Gegenstände den Warenverkehr untereinander ganz freigaben und sich in die Zolleinkünfte nach der Kopfzahl der beiderseitigen Bevölkerung teilten. Inzwischen hatten sich zwar auch Bayern und Württemberg durch Vertrag vom 18. Jan. 1828 zu einer Zollvereinigung zusammengeschlossen, der im nämlichen Jahre noch die hohenzollernschen Fürstentümer beitraten (sog. Süddeutscher Z.), während Hannover, Kurhessen, Sachsen, die sächs. Herzogtümer, Braunschweig,