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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zustellung

Prozeßbevollmächtigten der neuen, event. an den der frühern, event. an den der ersten Instanz, in Ermangelung eines Prozeßbevollmächtigten an den etwaigen Zustellungsbevollmächtigten, äußerstenfalls an die Partei selbst zugestellt werden. Die Z. soll grundsätzlich thunlichst an den Adressaten selbst, am passenden Ort und zu passender Zeit geschehen. Sie ist zulässig in jeder Ortschaft, in welcher der Adressat angetroffen wird. Hat dieser dort eine Wohnung oder ein Geschäftslokal, so ist sie außerhalb derselben nur bei nicht verweigerter Annahme gültig. Wird der Adressat in Wohnung oder Geschäftslokal nicht angetroffen, so kann das zuzustellende Schriftstück in diesen Räumen an gewisse erwachsene Ersatzpersonen (Familien- und Hausgenossen, Dienstboten, Hauswirt, Vermieter, Gewerbegehilfen, Bureaupersonal der Rechtsanwälte, Beamte und Angestellte der jurist. Personen und Personenvereine) übergeben, event. bei dem Amtsgericht, der Postanstalt, dem Gemeinde- oder Polizeivorsteher niedergelegt werden (sog. Ersatzzustellung). Ein Schriftstück, dessen Annahme ohne gesetzlichen Grund verweigert wird, ist am Orte der Z. zurückzulassen. An Sonn- und allgemeinen Feiertagen darf die Z. nur mit besonderer schriftlicher Erlaubnis des Vorsitzenden des Prozeßgerichts oder des Amtsrichters oder eines beauftragten oder ersuchten Richters erfolgen. Von dieser Erlaubnis ist dem Adressaten Abschrift mitzuteilen. Über die Z. ist eine Urkunde (sog. Zustellungsurkunde) aufzunehmen, entweder auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks selbst oder auf einem damit zu verbindenden Bogen. Dieselbe muß ergeben, für wen und an wen zugestellt werden sollte, an wen zugestellt ist, bei der Ersatzzustellung auch deren Anlaß, im Falle der Verweigerung der Annahme diese Thatsache und die Zurücklassung des Schriftstücks, die Bemerkung, daß eine Ausfertigung oder Abschrift des Schriftstücks und eine Abschrift der Zustellungsurkunde übergeben ist, endlich die Unterschrift des Beamten. Die Z. kann auch durch die Post erfolgen, und dieser Weg ist vom Gesetz als der voraussichtlich schnellere und billigere bevorzugt. Hier übergiebt der Gerichtsvollzieher oder Gerichtsschreiber die zur Z. bestimmten und vorbereiteten Schriftstücke in einem Briefumschlage, welcher mit der Adresse des Empfängers und mit einer amtlichen Geschäftsnummer versehen und durch das Dienstsiegel verschlossen wird, der Post mit dem Ersuchen um Z., worüber er ein Zeugnis zu erteilen hat. Die Z. selbst erfolgt dann in gewöhnlicher Weise durch einen Postboten, von welchem auch die Urkunde darüber auszustellen ist. Die Urschrift des zugestellten Schriftstücks und der Zustellungsurkunde geht in allen Fällen an den betreibenden Teil, d. h. an die Partei oder zu den Gerichtsakten. Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, so kann die Z. von Anwalt zu Anwalt erfolgen, und zum Nachweise derselben genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis des Gegenanwalts. Bei Z. in oder nach dem Auslande hat das Gesetz ausnahmsweise den Amtsbetrieb vorgeschrieben. Die Z. erfolgt hier durch Ersuchen der zuständigen ausländischen Behörde oder des im Auslande residierenden Reichskonsuls oder Reichsgesandten. Eine amtliche Vermittelung findet auch bei Z. an deutsche Exterritoriale (s. d.), sowie an Angehörige mobiler Truppenteile oder in Dienst gestellter Kriegsfahrzeuge statt. Die Ersuchungsschreiben erläßt der Vorsitzende des Kollegialgerichts oder der Amtsrichter, und die Z. wird durch das schriftliche Zeugnis der ersuchten Behörden oder Beamten, daß solche erfolgt sei, nachgewiesen. Ist der Aufenthalt einer Partei unbekannt, so kann die Z. durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, welche, wenn vom Prozeßgericht auf Antrag bewilligt oder im Amtsbetriebe beschlossen, durch den Gerichtsschreiber besorgt wird, und zwar derart, daß das zuzustellende Schriftstück in beglaubigter Abschrift an die Gerichtstafel geheftet und, sofern es sich um eine Ladung handelt, im Auszuge auch noch zweimal in das für amtliche Bekanntmachungen am Sitze des Prozeßgerichts bestimmte Blatt und einmal in den «Deutschen Reichsanzeiger» eingerückt wird. Schriftstücke ohne Ladung gelten nach zwei Wochen seit der Anheftung, solche mit Ladung regelmäßig nach einem Monat seit der letzten Einrückung für zugestellt. Doch werden bei Z. im Auslande oder bei öffentlichen Z. die Wirkungen derselben, soweit es auf Wahrung oder Unterbrechung einer Frist oder einer Verjährung ankommt, auf die Zeit der Überreichung des Zustellungsgesuchs zurückbezogen. Sehr viel zweckmäßiger ist das Zustellungswesen in der Österr. Civilprozeßordnung vom 1. Aug. 1895, §§. 87‒122, geordnet. Danach erfolgen die Z. von Amts wegen, soweit im Gesetze nichts anderes bestimmt ist. Sie sollen im Inlande in der Regel durch die Post erfolgen. Die Verwendung von Gerichtsdienern, Gemeindevorstehern und Geschäftsführern ausgeschiedener Gutsgebiete ist vorbehalten.

Im Konkursverfahren werden die Mitteilungen nach der Deutschen Konkursordnung (§. 68) regelmäßig auf dem Wege der öffentlichen Bekanntmachung (s. d.) bewirkt. Daneben können aber auch förmliche Z. vorkommen, die nach §. 69 durch Aufgabe zur Post bewirkt werden können. Die Entscheidungen des Konkursgerichts sind von Amts wegen zuzustellen. Die dem Konkursverwalter obliegenden Mitteilungen können (nach §. 69) unmittelbar erfolgen und sind nicht an eine bestimmte Form gebunden. Diese Vorschrift bezieht sich aber nur auf einfache Mitteilungen, z. B. nicht auf den Fall, daß der Verwalter den Gemeinschuldner zur Leistung des Offenbarungseides laden läßt.

Im Strafprozeß (vgl. Strafprozeßordnung §§. 36‒41, 320, 321) sind Entscheidungen, die einer Z. bedürfen, der Staatsanwaltschaft zur Veranlassung des Erforderlichen zu übergeben. Doch können Untersuchungs- und Amtsrichter Z. aller Art unmittelbar veranlassen. Auf das Verfahren bei Z. finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Beteiligte, welche Zeugen uns Sachverständige unmittelbar laden dürfen, haben mit der Z. der Ladung den Gerichtsvollzieher zu beauftragen. Für das vorbereitende Verfahren, die Voruntersuchung und bei der Strafvollstreckung können jedoch einfachere Zustellungsformen von den Landesjustizverwaltungen zugelassen werden. Eine Z. an einen Beschuldigten, dem eine Ladung zur Hauptverhandlung noch nicht zugestellt war, gilt, wenn sie im Deutschen Reiche oder im Auslande unausführbar oder voraussichtlich erfolglos ist, als erfolgt, wenn der Inhalt des Schriftstücks seit zwei Wochen in ein in- oder ausländisches Blatt eingerückt worden ist. War dem Angeklagten jene Ladung schon zugestellt, so gilt eine weitere Z. an denselben, falls sie nicht im Inland ausführbar ist, nach zwei Wochen seit der Anheftung des Schriftstücks an die Gerichtstafel für bewirkt. Z. an die Staatsanwaltschaft erfolgen