Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Griechenland (Geschichte)'
bei Han-Kalbaki den Lauf des Flusses Kalamas erreichen und diesem bis zur Mündung folgen solle. Dieser Beschluß wurde 16. Juli der
griech. und türk. Regierung in einer Kollektivnote mitgeteilt und von jener angenommen, von der Pforte aber abgelehnt. Damit war die
ganze Konferenzarbeit wieder beiseite geschoben. Das Ministerium Trikupis trat, da die Kammer den von der Opposition aufgestellten
Kandidaten zu ihrem Präsidenten wählte, zurück, und Kumunduros bildete wieder 25. Okt. ein neues Kabinett. Die europ. Diplomatie
entfaltete die äußerste Thätigkeit, um G. von einem offensiven Vorgehen gegen die Türkei abzuhalten und andererseits die Pforte zur
Abtretung Thessaliens zu bewegen. Zwar war das engl. Kabinett bereit, auch einen stärkern als bloß diplomat. Druck auf die Pforte
auszuüben, und Gambetta versprach, G. durch Absendung von Offizieren, Gewehren u. s. w. zu unterstützen; aber Deutschland und
Österreich widersetzten sich der Anwendung von Zwangsmaßregeln. Dagegen wurde der 14. Jan. 1881 von der Pforte gestellte Antrag,
wonach die Vertreter der Großmächte und der Pforte in einer Konferenz zu Konstantinopel aufs neue miteinander verhandeln sollten, von
den Großmächten angenommen. Die 6. März eröffnete Konferenz gelangte 30. März zu einer Einigung, worauf 22. Mai zwischen den
Großmächten und der Pforte eine Konvention abgeschlossen wurde, worin sich letztere verpflichtete, von Thessalien das südlich vom
Salamvriafluß und von Epirus das südlich vom Artafluß gelegene Gebiet an G. abzutreten.
G. erklärte sich 26. April 1881 einverstanden mit dem Konferenzbeschluß, und im November wurde das abgetretene Gebiet von 13370
qkm mit etwa 300000 E. von den Griechen besetzt. Doch war die Bevölkerung mit dem errungenen Gebietszuwachs nicht zufrieden. Die
Folge dieser Mißstimmung war der Rücktritt des Ministeriums Kumunduros, dem 15. März 1882 ein Ministerium Trikupis folgte, das die
panhellenische Idee offen in sein Programm aufnahm. Das Ministerium des Auswärtigen, das seither Trikupis neben dem Präsidium und
dem Innern geleitet hatte, wurde 14. April 1883 dem bisherigen Gesandten in London, Kondostavlos, übertragen und im Laufe des
Sommers wurden noch einige weitere Veränderungen im Kabinett vorgenommen. Den am 8. Nov. 1883 einberufenen Kammern legte
Trikupis das Budget von 1884 vor, in dem die Ausgaben auf 84 ½ Mill. Drachmen berechnet waren, die Einnahmen einen kleinen
Überschuß ergaben. Darauf genehmigte die Kammer die Konvention über eine Anleihe von 170 Mill. zum Zweck der Abschaffung des
Zwangskurses, mehrere Steuergesetze und Monopole, das Reservistengesetz, den Gesetzentwurf über Revision des allgemeinen
Zolltarifs, das Budget und den mit Deutschland abgeschlossenen Handels- und Schiffahrtsvertrag; da sie aber 17. Febr. 1885 in einer
finanziellen Frage gegen die Regierung entschied, so reichte Trikupis sein Entlassungsgesuch ein, ließ sich aber von dem König bewegen,
im Amte zu bleiben, und ordnete die Auflösung der Kammer an. Da aber die Neuwahlen vom 19. April zu Gunsten der Opposition ausfielen,
erhielt Delijannis 30. April den Auftrag, ein neues Kabinett zu bilden.
Der Aufstand in Philippopel, der 18. Sept. die Vereinigung Ostrumeliens mit dem Fürstentum Bulgarien zur Folge hatte und auch
Macedonien in ↔ seinen Bereich zu ziehen schien, erregte in G. große Aufregung. In Athen fanden öffentliche
Kundgebungen statt, die den Zweck hatten, die Regierung zur Wahrung der Rechte und Interessen des Hellenismus zu veranlassen. Die
Regierung schickte Truppen nach der türk. Grenze, berief drei Jahrgänge der Reserve ein, rüstete die Flotte, einschließlich der
Torpedoboote, und nahm bei der Nationalbank eine Anleihe von 24 Mill. Drachmen auf. Die Gesandten der Großmächte suchten im Sinne
des Friedens einzuwirken und übergaben in Athen 9. Okt. eine gemeinsame Erklärung. Im Kabinett entstand Zwiespalt über die Haltung der
griech. Politik, infolgedessen die Minister des Kultus Zygomalas, der Marine Romas und der Justiz Antonopulos 23. Okt. zurücktraten. An
demselben Tage wurde die Kammer eröffnet, bewilligte alle militär. Forderungen und genehmigte den Gesetzentwurf, wonach von allen
Beamtengehalten während der Dauer der Mobilisierung 5–25 Proz. abgezogen werden sollten, und die Aufnahme einer Anleihe von
100 Mill. Drachmen. Der Stand der Armee wurde auf 72800 Mann gebracht, zwei Panzerschiffe gekauft, mehrere Torpedoboote bestellt.
Diese Lage, wobei beständig ein blutiger Konflikt zu befürchten war, erfüllte die Großmächte mit Besorgnis, und sie beschlossen, die
Forderungen G.s abzuweisen, die militär. Abrüstung zu verlangen und sie nötigenfalls zu erzwingen. Sie teilten Delijannis in einer Note vom
14. April 1886 das in betreff Ostrumeliens getroffene Übereinkommen mit
(s. Bulgarien, Bd. 3, S. 723b) und verlangten Anordnung der Abrüstung. Da
Delijannis auf eine besondere Note Frankreichs dem diplomat. Vertreter desselben, Grafen Mouy, 25. April erwiderte, daß G. der
Aufforderung zur Abrüstung entsprechen werde, den andern fünf Mächten aber auf ihre Noten keine direkte Antwort gab, so richteten diese
26. April ein Ultimatum an G., worin sie Abrüstung binnen acht Tagen verlangten. Zugleich erschien ein aus deutschen, engl., österr. und
ital. Schiffen bestehendes Geschwader, das sich in der Sudabai (in Kreta) gesammelt hatte, 27. April in der Phaleronbucht. Da die Antwort
Delijannis’ als unannehmbar befunden wurde, so verließen die Gesandten der fünf Mächte 7. Mai Athen, und über die griech. Küsten wurde
Blockadezustand verhängt. Die nächste Folge dieser Maßregel war, daß Delijannis 9. Mai sein Entlassungsgesuch einreichte; wenige Tage
früher hatte schon der Kriegsminister Mauromichalis seine Dimission gegeben. Die Bildung eines neuen Kabinetts war schwierig, weil
niemand eine Erbschaft übernehmen wollte, bei der es sich zuerst um eine Demütigung G.s handelte. Nach der kurzen Existenz des
provisorischen Ministeriums Valvis (9. bis 20. Mai) bildete Trikupis 21. Mai ein neues Kabinett. Sofort wurden die Reserven entlassen und
die griech. Truppen von Thessalien zurückgezogen, wo 21. bis 23. Mai bereits ernste Konflikte mit den türk. Truppen stattgefunden hatten.
Hiervon machte Trikupis den fünf Mächten Mitteilung, verlangte Aufhebung der Blockade, die 7. Juni erfolgte, und verständigte sich mit der
Pforte über die Grenzverhältnisse.
Die Kammer genehmigte 17. Juni den Gesetzentwurf über die Reform des Wahlgesetzes, wodurch die Zahl der Abgeordneten auf 150
vermindert, die Wahlbezirke erweitert und die Wählbarkeit von Militärpersonen erschwert wurde, und wurde 19. Juni
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 343.