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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Eppendorf - Epulonen.

Tasso ("Das befreite Jerusalem"), des letztern, streng bibelgläubigen E. dagegen Milton ("Das verlorne Paradies"). Jenes hat unter den Franzosen Voltaire (nicht ohne ernstere Anklänge in der "Henriade", mit oft die Grenzen des Erlaubten überschreitendem cynischen Humor in seiner "Pucelle"), unter den Deutschen am glücklichsten Wieland ("Oberon"), unter den Engländern am glänzendsten Byron ("Don Juan") nachgeahmt; in Miltons Fußstapfen traten Bodmer ("Noachide") und Klopstock ("Messias"). Das moderne E. hat zwar nicht, wie jenes der Renaissance, den Glauben an das Wunderbare, aber die (heidnisch wie christlich-mythologische) Maschinerie desselben (Götter, Engel und Dämonen) aufgegeben und begnügt sich mit dem "Finger Gottes" und dem "Glauben, daß noch Wunder geschehen", ohne welchen das E. zum Roman (dem E. des Unglaubens) herabsinken würde. Meister- und Musterstück desselben, ein deutscher Nachklang Homers, ist Goethes "Hermann und Dorothea", in dem nach des Dichters eignem Worte "die große Bewegung des Welttheaters (die französische Revolution) aus dem Spiegel einer kleinen deutschen Stadt zurückgeworfen" und so "das Bürgerliche in das Weltgeschichtliche emporgerückt wird" (Carriere). In ähnlicher Weise hat A. Mickiewicz in seinem "Herrn Thaddäus" den Freiheitskampf der Polen gegen Rußland als Hintergrund eines nationalen altpolnischen Sittengemäldes dargestellt. Die Gegenwart, die nach Platens Wort "immer mehr Prosa wird" und "das Ewige nur so nebenher duldet", ist dem E. nicht günstig. Die Stelle der wunderhaften Führung hat der Roman, der nur den Schein, und die wahre Geschichte, welche das Nichtsein des Wunders liebt, eingenommen. Vgl. über das E. des Aristoteles "Poetik" (Kap. 26), wo dessen Verhältnis zur Tragödie, die Ästhetiken von Carriere, Vischer, R. Zimmermann, die Poetiken von Carriere und Gottschall, wo dessen Wesen von verschiedenen Standpunkten aus entwickelt wird. Über die geschichtliche Entwickelung des E. vgl. Carriere, Die Kunst im Zusammenhang der Kulturentwickelung (3. Aufl., Leipz. 1876 ff., 5 Bde.).

Eppendorf, Dorf im Hamburger Gebiet, in schöner Lage an der Alster, 4 km nördlich von Hamburg, mit einer Pfarrkirche, vielen schönen Landsitzen und (1880) 4289 evang. Einwohnern. Hier begründete Heinicke nach 1768 seinen Ruf als Taubstummenlehrer.

Eppich (altd. ephi, epfih), volkstümlicher Name für Sellerie (Apium); auch ursprüngliche, noch jetzt dichterisch verwertete Form für Epheu (s. d.).

Epping, Flecken in der engl. Grafschaft Essex, nordöstlich von London, welcher den Londoner Markt mit Butter, Rahm, Würstchen und Schweinefleisch versorgt. Der Eppinger Wald, welcher sich einst bis an die Mauern Londons erstreckte, aber infolge der Eingriffe der umwohnenden Grundherren immer mehr zusammenschrumpfte, ist durch richterliche Entscheidung vom Jahr 1874 in einer Größe von 2260 Hektar auf immer dem Publikum erhalten und bildet einen der anziehendsten Vergnügungsorte in der Nähe Londons.

Eppingen, Amtsstadt im bad. Kreis Heidelberg, an der Elsenz und an der Eisenbahn Karlsruhe-Heilbronn, hat ein Amtsgericht, 2 Kirchen, eine höhere Bürgerschule, Ackerbau, Viehzucht und (1880) 3621 meist evang. Einwohner. E. war lange ein Reichsdorf und erhielt von König Albrecht I. 1303 Reichsunmittelbarkeit. Nach mehrmaligen Verpfändungen verlor es diese, nahm 1540 die evangelische Lehre an und litt im Dreißigjährigen Krieg sehr viel, noch mehr durch die Franzosen unter Mélac.

Eppstein, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, Obertaunuskreis, am Taunus und an der Linie Frankfurt a. M.-Höchst-Limburg der Hessischen Ludwigsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, Schloßruinen, Mineralquellen und (1880) 675 Einw., welche Blei- und Zinnfolien, Stanniol, Metallkapseln, Britanniawaren etc. verfertigen. E. gehörte im Mittelalter den Herren von Eppenstein, die 1535 ausstarben, und von denen einige der bedeutendsten Erzbischöfe von Mainz abstammten.

Eppur si muove (ital., "Und sie, d. h. die Erde, bewegt sich doch"), angeblich Worte Galileis (s. d.), mit denen er die ihm aufgenötigte Abschwörung seiner Lehren begleitet haben soll. Der Ausspruch entbehrt jedoch der geschichtlichen Beglaubigung, findet sich vielmehr nur gerüchtweise zuerst im "Dictionnaire historique" (Caen 1789) erwähnt.

Epréménil (Esprémenil, spr. ep-), Jean Jacques Duval d', franz. Parlamentsrat, geb. 1746 zu Ponditscherri, ward Advokat des Königs am Châtelet, kaufte sich aber bald darauf eine Stelle am Parlament zu Paris und erwarb sich bald einen berühmten Namen, namentlich durch die glänzende Verteidigung des Gerichtshofs von Ponditscherri gegen den Grafen von Lally-Tollendal. In der Parlamentssitzung vom 27. Nov. 1787 beschwor er den König, die anstößigen Edikte zurückzunehmen und die Reichsstände zu berufen, verfaßte im Mai 1788 eine Erklärung über die Rechte des Volkes und veranlaßte den Widerstand des Pariser Parlaments gegen die Regierung, weshalb er nebst Montsabert verhaftet und auf die Insel Marguerite verwiesen ward. Zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt, schloß er sich anfangs der liberalen Partei an, verteidigte aber, als die Bewegung die Schranken überschritt, die Grundsätze der konstitutionellen Monarchie, wie er auch beim Sturm auf die Tuilerien (10. Aug. 1792) für den König in die Schranken trat. Hierauf zog er sich auf sein Landgut bei Havre zurück, ward aber von den Agenten der Revolution entdeckt und, dem Revolutionstribunal überliefert, 23. April 1794 zum Tod verurteilt und guillotiniert.

Épreuve (franz., spr. -öw), Probe, Versuch; Probeabdruck, Korrekturabzug; Épreuves d'artiste, in der Kupferstecherkunst die ersten von der vollendeten Platte gemachten Abzüge, welche der Künstler als Geschenke zu verwenden pflegt, die aber auch als Abdrücke erster Gattung in den Handel kommen. Vgl. Avant la lettre.

Éprouvettes gastronomiques (franz., spr. epruwett gastronomihk), nach Brillat-Savarin ("Physiologie des Geschmacks") solche als vortrefflich anerkannte Gerichte, bei deren Anblick jeder wirkliche Gourmand in freudige Aufregung geraten müsse.

Epsom, Stadt in der engl. Grafschaft Surrey, 22 km südwestlich von London, war während des 17. Jahrh. als Badeort beliebt (seine Quelle enthält Bittersalz), ist aber jetzt nur durch seine Wettrennen (Derby, Oaks) bekannt, die seit 1778 auf der benachbarten Heide (E. Downs) abgehalten werden. E. hat (1881) 6916 Einw.

Epsomer Salz (Epsomīt), s. v. w. Bittersalz, s. Schwefelsaure Magnesia.

Eptingen, s. Rauheptingen.

Epūlis (griech.), Geschwulst am Zahnfleisch.

Epulonen (lat., "Speisemeister"), ein in Rom seit 196 v. Chr. zur Erleichterung der Pontifices eingerichtetes, von Anfang an den Plebejern zugängliches und mit Staatsämtern vereinbares Priesteramt, welchem zunächst die Ausrichtung der Speisung (epu-^[folgende Seite]