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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wandelröschen – Wanderheuschrecke

Wandelröschen, s. Lantana.

Wandelsterne, soviel wie Planeten (s. d.).

Wandeltürme, hölzerne, auf Walzen oder Räder gesetzte Türme (5‒15 m im Geviert, bis 30 m hoch), welche, mit Wurfmaschine und Bogenschützen besetzt, beim Angriff einer Festung im Altertum allmählich der Mauer genähert wurden, so daß vermittelst einer in einem obern Stockwerk des Turms angebrachten Fallbrücke (s. d.) der Angreifer auf die Mauer gelangen konnte. In dem untern Stockwerk dieser Türme wurden auch häufig Sturmböcke angebracht. Die Bewegung eines solchen Turms erfolgte durch Menschenkraft (Winden), die im Unterbau desselben Deckung fanden. (S. Festungskrieg.)

Wandelungsklage, s. Wandlungsklage.

Wanderameise, Gesamtbezeichnung für mehrere durch Ausführung größerer Wanderungen sich auszeichnende Ameisenarten in Südamerika und im tropischen Afrika. Die amerikanischen (Eciton-Arten), auch Besuchsameisen genannt, sind ziemlich groß, die Weibchen, die in trächtigem Zustande von den Indianern gegessen werden, erreichen eine Länge von 25 mm; die Arbeiter, mit einem den Hinterleib an Größe übertreffenden Kopf ausgestattet, brechen manchmal in großen Scharen aus ihren mehrere Meter hohen Bauten hervor, alles Genießbare, Früchte, lebende Tiere aller Art, selbst Ratten vernichtend und sogar den Menschen anfallend. In den Häusern sieht man sie gern, da sie hier mit dem häufigen Ungeziefer gründlich aufräumen. Die afrikanischen W. (Anomma-Arten), gewöhnlich Treiberameisen genannt, stellen namentlich den Termiten nach.

Wanderarbeitsstätten, s. Verpflegungsstationen.

Wanderauktionen, s. Auktion und Wanderhandel.

Wanderblöcke, soviel wie Erratische Blöcke (s. d.).

Wanderbücher. Zum Ausweise auf der Wanderschaft dienten dem Gesellen schon im vorigen Jahrhundert die Kundschaften, in denen vermerkt wurde, wie lange er sich am Orte aufgehalten und wie er sich nach dem Zeugnis des Meisters betragen habe. Ohne Kundschaft durfte kein Geselle die Wanderschaft fortsetzen und kein Meister durfte sie erteilen, wenn ihm Nachteiliges über den Gesellen bekannt geworden war. Aus diesen Kundschaften gingen die W. hervor, in denen nach und nach die ganze Wanderschaft des Gesellen eingetragen wurde, in Bayern 11. März 1808, in Preußen 31. Aug. 1831 eingeführt. Seit 1845 aber werden sie in Preußen weder von Handwerksgesellen noch Fabrikarbeitern verlangt.

Wanderdrossel (Turdus migratorius L.), eine nordamerik. Drosselart, die man gelegentlich in Europa bis Wien beobachtet hat und die wahrscheinlich bei diesen Wanderungen von Osten her über die Beringstraße in die Alte Welt eindringt.

Wanderelster, s. Baumelster.

Wanderfalke (Falco peregrinus L., s. Tafel: Falken, Fig. 1), zu den Edelfalken (s. Falken) gehörender Raubvogel von 42 cm (Männchen) bis 52 cm (Weibchen) Länge und 84‒120 cm Flugweite. Die Oberseite ist schön blaugrau mit dunklern dreieckigen Flecken. Die dunkelgefleckte Unterseite ist vorn hell weißgelb, weiter nach hinten rostfarben; bei jungen Individuen ist die Färbung matter und heller. Der W. ist ein Kosmopolit, der bei uns nicht häufig ist, namentlich größere Waldkomplexe liebt, im Herbst südlich zieht, im April sein auf hohen Bäumen, zuweilen auch in Felsenspalten und selbst auf Türmen angelegtes Nest mit 3‒4 braunrot marmorierten Eiern belegt. Er ist ein äußerst kühner und gewandter Räuber, welcher der niedern Jagd und der Taubenzucht sehr schädlich wird. Er wurde sonst zur Beize benutzt. In der Gefangenschaft hält er längere Zeit aus, wenn ihm seine natürliche Nahrung, namentlich frische Vögel geboten werden. Sein Preis schwankt um 15 M.

Wandergewerbe, Wandergewerbeschein, s. Hausierhandel und Wanderhandel.

Wanderhandel, ein im Umherziehen betriebener Handel, der außer dem Hausierhandel (s. d.) auch die Wanderlager und Wanderauktionen umfaßt. Jene bilden Verkaufsstätten, meist in zufällig zeitweise sonst unbenutzten Lokalitäten, wo einige Zeit, oft mehrere Wochen hindurch Manufakturwaren, Bekleidungsgegenstände, Kurzwaren u. dgl. zu billigen Preisen, freilich auch oft in schlechter Qualität feilgeboten, und die, wenn ihr Absatz zu stocken beginnt, nach einem andern Ort verlegt werden. Den ansässigen Gewerbtreibenden gegenüber befanden sich die Wanderlager in Deutschland eine Zeit lang dadurch im Vorteil, daß sie nicht zu den Gemeindesteuern herangezogen wurden und auch nicht als Wandergewerbebetriebe galten. Die Unternehmer machten die vorgeschriebene Anzeige von der Eröffnung eines stehenden Gewerbes, zogen aber wieder weiter, bevor die dreimonatige Frist, nach welcher sie dem Freizügigkeitsgesetz gemäß erst zu Gemeindesteuern herangezogen werden konnten, abgelaufen war. Nach Bundesratsbeschluß von 1879 können sich Wanderlager durch bloße Anzeige eines stehenden Gewerbes nicht mehr den Bestimmungen über das Wandergewerbe entziehen (Gewerbeordnung §. 42), und vorher schon waren sie in mehrern Städten durch Ortsstatut mit speciellen hohen Steuern belastet worden. Inzwischen haben auch verschiedene deutsche Staaten den Gewerbebetrieb im Umherziehen schärfer zur Steuer herangezogen, ebenso wie die Gewerbeordnungsnovellen vom 1. Juli 1883 und 6. Aug. 1896 für diesen Betrieb strengere Bestimmungen, vor allem über die Gewährung des Wandergewerbescheins einführten. (S. Hausierhandel.) Der W. auf Märkten und Messen unterliegt jenen Beschränkungen jedoch nicht (Gewerbeordnung §§. 66 fg.). Wanderauktionen sind öffentliche Versteigerungen von neuen Waren, die für Rechnung von nicht ortsansässigen Personen veranstaltet werden. Unzweifelhaft werden bei diesem Verfahren noch leichter als durch Wanderlager schlechte Ausschußwaren, die selbst bei niedrigen Preisen noch zu teuer sind, umgesetzt, und dem ansässigen Gewerbebetrieb kann dadurch sehr lästige Konkurrenz bereitet werden. In Österreich wendet sich gegen W. besonders auch das Gesetz vom 16. Jan. 1895 über Ausverkäufe und das Gesetz vom 25. Okt. 1896 über die direkten Personalsteuern, §§. 78 fg., welches den W. erhöhter Besteuerung unterwirft.

Wanderheuschrecke oder Zugheuschrecke (Pachytylus migratorius L., s. Tafel: Insekten Ⅳ, Fig. 13), eine 35‒55 mm lange, oben graugrün, unten rötlich gefärbte Feldheuschrecke (s. d.), die in Südrußland, Ungarn und in einzelnen Exemplaren bis in das östl. Deutschland zu Hause ist und sich von dort öfters in großen Schwärmen nach Westen, bis nach Norddeutschland und Belgien verbreitet. Es sind Schwärme beobachtet worden, die beim Niederfallen den Boden in mehrstündiger Länge und Breite