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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Korrespondenzblatt zum ersten Band.

(Ausgegeben am 25. Juni 1885.)

Bruno H. in Leipzig. Bei den Abbildungen von Wappen durch Holzschnitt etc. bedient man sich seit langer Zeit zur Kennzeichnung der Farben besonderer allgemein anerkannter "Schraffierungen", und zwar bezeichnet man, wie aus nachstehender Farbentafel ersichtlich, Gold mit Punkten, Blau durch Horizontallinien, Grün durch schrägrechte, Purpur durch schräglinke, Rot durch Vertikallinien, Schwarz durch sich durchkreuzende Horizontal- und Vertikallinien. Silber bleibt ohne Bezeichnung. Ebenso sind auch unsre Städtewappen dargestellt.

^[Abb.: Wappen I Gold - II Silber - III Rot - IV Blau - V Grün - VI Schwarz - VII Purpur.]

K. Bock in Berlin. Wenn wir bei der tabellarischen Darstellung der territorialen Verhältnisse Afrikas von unserm bei den übrigen Erdteilen befolgten Prinzip kurzer Zusammenfassung abgewichen sind, so glauben wir die dort gegebene detaillierte Übersicht mit dem Interesse motivieren zu können, welche der "dunkle Erdteil" in der allerjüngsten Zeit für uns gewonnen hat. Auch haben gerade hier wichtige Verschiebungen in den Besitzverhältnissen der verschiedenen europäischen Staaten stattgefunden, namentlich dadurch, und dies war am meisten bestimmend, daß Deutschland hier an verschiedenen Punkten einen ausgedehnten Kolonialbesitz erworben hat. Derselbe läßt sich ziffermäßig noch nicht darstellen, auch ist bei den augenblicklich hier und dort entgegenstehenden Ansprüchen andrer Nationen, worüber Verhandlungen noch schweben, eine auf ganz festen Füßen stehende Berechnung des Besitzstandes noch nicht zu machen. Eine endgültige Entscheidung dürfte auch noch geraume Zeit auf sich warten lassen. Indessen werden Sie alle von deutschen Reichsangehörigen beanspruchten Gebiete, selbst solche, über welchen die deutsche Flagge nicht weht, unter den ihnen zugehörigen Rubriken aufgeführt finden. Wir sind sogar noch weiter gegangen und haben auch nicht unter deutschem Reichsschutz stehende Handelsplätze Afrikas aufgenommen, für welche, weil sie die Operationsbasis deutscher Reichsangehörigen bilden, ein regeres Interesse erweckt worden ist. Wer bei der Verfolgung der Entwickelung unsrer Kolonialpolitik den natürlichen Wunsch hat, sich über den Umfang und die Bedeutung der kürzlich erfolgten deutschen Erwerbungen zu unterrichten, wird ein umfassendes Bild in unserm später folgenden Artikel "Kolonien" finden und bei den betreffenden Spezialartikeln die genauesten Nachweise über Ausdehnung, Bevölkerung, Produktion und Handel der einzelnen Gebiete und Plätze erwarten dürfen. Über den gegenwärtigen Bestand afrikanischer Erwerbungen durch Angehörige des Deutschen Reichs diene folgendes:

An der Westküste von Afrika hat der Stuttgarter Großindustrielle Colin die Landschaften Kobah und Kapitai erworben. Hier ist 2. Jan. 1885 die deutsche Flagge aufgeheißt worden, doch wird von französischer Seite die Berechtigung der einheimischen Häuptlinge zur Abschließung von Verträgen angefochten, da diese Gebiete dem Bramayaland unterworfen sind, das schon seit längerer Zeit unter französischer Oberhoheit steht.

Das Togoland an der Sklavenküste von dem englischen Posten New Sierra Leone bis Gum Koffi wurde 5. Juli 1884 unter deutschen Reichsschutz gestellt; hier befinden sich die Niederlassungen Lome und Bagida. Am 5. Sept. stellte sich auch König Mensah in Porto Seguro unter deutsches Protektorat; auf diesen Platz erhebt Frankreich gleichfalls Ansprüche.

Das Mahingebiet östlich von Lagos zwischen 4° 32'-5° 2' östl. L. v. Gr. und 5° 46'-6° 20' nördl. Br. wurde an die Hamburger Firma G. L. Gaiser von den einheimischen Häuptlingen abgetreten und Anfang 1885 unter deutschen Reichsschutz gestellt. Über diesen Besitz schweben Verhandlungen mit England.

Die Kolonie Camerun reicht nach den neuesten Londoner Abmachungen nördlich bis zum Rio del Rey und umfaßt das Land der Lamboko, den Gebirgsstock des Camerun, die Gebiete von Bimbia mit der Nickollinsel, Camerun, Malimba, Klein-Batanga, Plantation und Criby. Eine Anzahl wichtiger deutscher Handelsniederlassungen liegt weiter südlich auf spanischem und französischem Gebiet. Die deutsche Flagge wurde in Camerun 21. Juli 1884 entfaltet.

Das Gebiet von Nokki am Südufer des Congostroms wurde von der Association internationale des Congo Anfang 1885 abgetreten; die Ausdehnung des Gebiets ist noch nicht endgültig festgestellt.

Die Küste von Dama- und Groß-Namaqualand vom Kap Frio bis zum Oranjefluß wurde von dem Bremer Kaufmann Lüderitz von den Häuptlingen der Hottentoten und Herero erworben und die deutsche Flagge in dem Hafen Angra Pequena, an welchem Lüderitz eine Handelsniederlassung angelegt hat, 7. Aug. 1884 aufgeheißt. Durch nachfolgende Verträge ist das deutsche Protektorat auch auf die dahinterliegenden Gebiete von Rehoboth (Damaland) und Bethanien (Groß-Namaqualand) ausgedehnt worden. Außer dem Angra Pequena-Hafen sind als gute Häfen an dieser Küste noch zu nennen: Sandwichhafen und die Walfischbai; letztere gehört aber mit einem kleinen anstoßenden Gebiet den Briten, welche auch die dem Festland vorliegenden kleinen Inseln beanspruchen.

An der Ostküste erwarb Lüderitz die Santa Lucia-Bai von den dortigen Häuptlingen der Zulu, welche indes von England als demselben zugehörig beansprucht wird, so daß die deutsche Oberhoheit bisher nicht proklamiert worden ist. Dagegen wurde ein weiter nördlich gelegenes, durch die Berliner Gesellschaft für deutsche Kolonisation erworbenes Gebiet, die Landschaften Usagara, Useguha, Ukami und Nguru umfassend, 27. Febr. 1885 unter deutschen Reichsschutz gestellt. Es liegt dies Gebiet westlich von dem Hafenort Baga-^[folgende Seite]