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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Beïsa; Beisassen; Beisbarth; Beischlaf; Beischlagen; Beisitz

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Beïsa - Beisitz.

treiben starke Baumwoll- und Seidenzucht nebst zahlreichen Seiden- und Baumwollwebereien, fabrizieren Gold- und Silberarbeiten, poröse, kühl haltende Töpfergeschirre etc., besonders aber beschäftigen sie sich mit Handel. B. ist (etwa seit 1840, durch Einführung der Dampfschiffahrt) der wichtigste Hafenplatz und blühendste Handelsort Syriens, zugleich der Hafen von Damaskus, dessen Waren durch Kamele und Maultiere hierher geschafft werden. Täglich fährt auf der 1863 eröffneten Straße ein Eilwagen über den Libanon nach Damaskus. B. gilt bereits für eine Rivalin von Smyrna; der Hauptverkehr findet mit Triest, London und Marseille statt. Von B. aus gehen nach dem Innern: Leinen-, Baumwoll- und Wollwaren, französische Luxusartikel, Seidenwaren und Tuche, Eisen- und Lederwaren, Reis, Kaffee, Droguen, türkische Mützen, Streichhölzer etc. Der Wert der Einfuhr betrug 1882: 45 Mill. Frank, der der Ausfuhr 12 Mill. Fr. Zur Ausfuhr kommen besonders Rohseide, Asphalt, Rosinen, Getreide, Häute, Wolle etc. Der Hafenverkehr belief sich 1882 auf 3808 Schiffe mit 391,980 Ton. (darunter 330 Dampfer mit 324,503 T.). Leider ist der Hafen von B. der Versandung ausgesetzt, so daß größere Schiffe eine halbe Meile vom Land ankern müssen. Die Messageries maritimes sollen indes die Verbesserung des Hafens auf ihre Kosten beabsichtigen. Die Stadt ist der Sitz eines griechischen und eines maronitischen Bischofs und der Mittelpunkt der amerikanischen Mission für die Evangelisierung Syriens, mit einer medizinischen Fakultät, einer Realschule, Buchdruckerei, astronomischem Observatorium etc., ebenso Sitz eines deutschen Berufskonsuls. Ferner befinden sich dort ein deutsches und ein französisches Waisenhaus, ein prot. Knabeninstitut, eine schottische Schule für Juden sowie (seit 1882) eine wissenschaftliche orientalische Gesellschaft und eine maronitische Gesellschaft.

B. ist das Berytos der Alten, eine Seestadt der Phöniker, die zu Sidon gehörte. Später kam dieselbe in die Gewalt der Ägypter, denen sie Antiochos der Große abnahm, worauf sie zu Syrien geschlagen wurde. Diodotos Tryphon verwüstete sie 140 v. Chr.; aber von Agrippa genommen, wurde sie wiederhergestellt und durch mehrere Monumentalbauten verschönert. Augustus verwandelte die Stadt in eine Militärkolonie (Colonia Julia Augusta Felix Berytus), welche bald die Pflegstätte einer berühmten Rechtsschule wurde, die auch fortblühte, nachdem die Stadt mit fast sämtlichen Kunstdenkmälern im 4. Jahrh. durch ein Erdbeben zerstört worden war. In den Zeiten der Kreuzzüge war B. bald in den Händen der Christen, bald in denen der Sarazenen. Bei der ersten Eroberung Beiruts durch Balduin I. 1110 wurde dem armen Volk der Stadt freier Abzug verheißen; die Genuesen aber überfielen die entwaffnete Menge und metzelten sie nieder. Dafür ließ 1291 Pascha Schadschai, der Feldherr des Sultans Aschraf, die durch trügerische Verheißungen herausgelockten Bewohner von B. töten oder in Fesseln legen und die feste und prachtvolle Burg schleifen. Noch einmal, im 17. Jahrh., ward B. von dem Glanz einer politischen Bedeutung umstrahlt, als der letzte Zerstörer von Baalbek, der große Emir der Drusen, Fakhreddin, hier seine Residenz hatte. Da die Maroniten auf alle Weise die Bemühungen der Drusen in ihrer tapfern Verteidigung gegen die Türken unterstützten, so fiel B. erst 1763 in die Hände der letztern. Diese Eroberung Beiruts öffnete den Türken die Thore des Gebirges, und die Drusen, welche für ihren Handel mit Ägypten eines Ausfuhrhafens bedurften, mußten sich zu einem Tribut an die Türken verstehen. Dennoch nahm der Handel seit jener Zeit ab. 1831 ward B. von Ibrahim Pascha, dem Sohn Mehemed Alis, erobert. Dann spielte es in der orientalischen Frage 1840 eine wichtige Rolle. Die Feindseligkeiten der vereinigten englisch-österreichisch-türkischen Flotte gegen die ägyptischen Streitkräfte in Syrien begannen 10. Sept. mit dem Bombardement von B., das größtenteils zerstört und von den Ägyptern geräumt wurde.

Beïsa, s. Antilopen, S. 640.

Beisassen (Beiwohner, Schutzverwandte, Schutzbürger), im weitern Sinn alle die Personen, welche bloß innerhalb einer Stadt ihren Wohnsitz gewählt oder den Schutz der städtischen Obrigkeit ohne das Bürgerrecht erworben haben; im engern Sinn Einwohner, die nicht im Besitz des vollen, sondern nur des sogen. kleinen Bürgerrechts sind. Der Inbegriff der ihnen gewährten Rechte ist das Beisassenrecht, ihre Verfassungsurkunde die Beisassenordnung, die zu entrichtende Abgabe das Beisassengeld. Als Unterpfand für die Einhaltung seiner Obliegenheiten leistete der Beisasse früher den Beisasseneid. Der Unterschied zwischen Vollbürgern und B. oder Niedergelassenen findet namentlich in der Schweiz praktische Anwendung. Es existiert dort kaum eine Gemeinde, die neben den eigentlichen Gemeindemitgliedern nicht auch eine größere oder geringere Zahl von Niedergelassenen enthielte. Vgl. Rüttimann, Über die Geschichte des schweizerischen Gemeindebürgerrechts (Zürich 1862). Die nach 1848 erlassenen Verfassungsurkunden der einzelnen deutschen Staaten haben fast durchweg den Unterschied zwischen eigentlichen Bürgern und Schutzbürgern aufgehoben, wie dies auch schon zuvor in einzelnen Staaten, z. B. in Baden durch Gesetz von 1831, geschehen war.

Beisbarth, Karl Friedrich, Architekt, geb. 1809 zu Stuttgart, bildete sich 1829-31 in Paris unter dem Architekten Charles Edouard Isabelle und 1832-33 in München unter Gärtner aus und unternahm dann längere Reisen durch Italien und Sizilien. Nach siebenjähriger Abwesenheit beteiligte er sich in seiner Vaterstadt 1840-41 beim Bau des Museums der bildenden Künste und beim Umbau des ehemaligen Lusthauses ins jetzige Hoftheater und entwarf den architektonischen Teil für Nehers Glasfenster in der dortigen Stiftskirche. Im Stil der französischen und italienischen Renaissance führte er die Prachtbauten des Palastes Bohnenberger und der Villa Siegle aus. Er starb 25. Nov. 1878 in Stuttgart.

Beischlaf, s. Begattung.

Beischlagen, das Zulaufen jagender Hunde zu dem, welcher durch Lautgeben anzeigt, daß er Wild gefunden hat und verfolgt.

Beisitz, das Recht des überlebenden Ehegatten, mit den aus der Ehe vorhandenen Kindern im ungeteilten Besitz des vereinigten ehelichen Vermögens zu bleiben. Es ist nämlich eine beachtenswerte Neigung des deutschen Rechts, statt der sofortigen Teilung im Fall einer Trennung der Ehe durch Tod des einen Ehegatten das bisherige eheliche Güterverhältnis noch eine Zeitlang zu wahren. So blieb denn nach dem deutschen Rechte des Mittelalters, namentlich nach dem Sachsenspiegel, der überlebende Ehegatte mit den Kindern, die er zu unterhalten, zu erziehen und auszusteuern verpflichtet war, in ungeteilter "Were" und übte über das gemeinsame Vermögen in der Regel dieselben Rechte aus, welche während der Ehe dem Ehemann