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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bockhuf; Böcking

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Bockhuf - Böcking.

systems, machte er besonders durch den Gesetzentwurf über Zehntablösung seinen Namen populär, erwarb sich 1832 durch freimütige Verteidigung der Verfassung allgemeine Achtung, zerfiel aber mit der liberalen Partei, als er das Recht der Kammer, sich in finanzielle Fragen zu mischen, im Sinn der Wiener Konferenzbeschlüsse zu deuten suchte. Nachdem er 1844 das Departement der Finanzen ausgegeben, übernahm er nach dem Rücktritt Blittersdorffs, dessen reaktionäre Absichten er mitunter erfolgreich bekämpft hatte, als Präsident die Leitung des Ministeriums, wurde aber schon im März 1846 pensioniert und starb 21. Dez. 1855 in Karlsruhe.

2) Philipp August, berühmter Philolog und Altertumsforscher, Bruder des vorigen, geb. 24. Nov. 1785 zu Karlsruhe, vorgebildet daselbst, studierte seit 1803 unter Wolf in Halle, promovierte mit der "Commentatio in Platonis qui vulgo fertur Minoem" (Halle 1806), wurde 1806 durch Schleiermacher Mitglied des pädagogischen Seminars zu Berlin, 1807 außerordentlicher und 1809 ordentlicher Professor der Philologie in Heidelberg, 1811 in Berlin, daneben Direktor des philologischen, 1820 auch des pädagogischen Seminars. Seit 1830 zum Geheimen Regierungsrat ernannt, auch Mitglied der Berliner wie der meisten europäischen Akademien, starb er 3. Aug. 1867 in Berlin als einer der gefeiertsten Gelehrten seiner Zeit. B. war der erste, welcher der höhern Auffassung der Philologie Geltung verschaffte, wonach dieselbe in der umfassenden Kenntnis und Reproduktion des Altertums in seiner Gesamtheit bestehen soll (s. Philologie). Seine Hauptwerke sind: "Die Staatshaushaltung der Athener" (Berl. 1817, 2 Bde.; engl. von Lewis, Lond. 1828; 2. Aufl. 1843; franz. von Laligand, Par. 1828); die beiden dem oben genannten Werk in der 2. Auflage (Berl. 1851 bis 1852, 2 Bde.) teilweise eingefügten Schriften: "Metrologische Untersuchungen über Gewichte, Münzfuße und Maße des Altertums" (das. 1838) und "Urkunden über das Seewesen des attischen Staats" (das. 1840); die Ausgabe des Pindar (Leipz. 1811 bis 1821, 4 Tle.) und das "Corpus inscriptionum graecarum" (Berl. 1828-77, 4 Bde.; Bd. 3 u. 4 von Franz, Curtius, Kirchhoff und Röhl, 1877). Aber auch seine kleinern Schriften sind höchst beachtenswert, als: "Graecae tragoediae principum, Aeschyli, Sophoclis, Euripidis, num ea quae supersunt et genuina omnia sint" (Heidelb. 1808); "Die Versmaße des Pindar" (Berl. 1809); "Die Lehren des Pythagoreers Philolaos nebst den Bruchstücken" (das. 1819) und die Ausgabe der Sophokleischen "Antigone" (das. 1843, neue Ausg. 1884); ferner die aus der "Zeitschrift für Geschichtswissenschaft" abgedruckten Untersuchungen: "Manetho und die Hundssternperiode" (das. 1845); "Untersuchungen über das kosmische System des Platon" (das. 1852); "Zur Geschichte der Mondcyklen der Hellenen" (Leipz. 1855); "Epigraphisch-chronologische Studien" (2. Beitrag zur Geschichte der Mondcyklen, das. 1856); "Über die vierjährigen Sonnenkreise der Alten" (Berl. 1863). Auch die Memoiren der Berliner Akademie, die Dissertationen der Philologischen Gesellschaft und andre Zeitschriften enthalten reichhaltige Aufsätze von B. Daneben hat er als Professor der Beredsamkeit an der Universität wie als erster Sekretär der Akademie eine Reihe ausgezeichneter Reden in lateinischer und deutscher Sprache gehalten. Diese "Kleinen Schriften" wurden von Ascherson, Bratuscheck und Eichholtz gesammelt herausgegeben (Leipz. 1858-74, 7 Bde.). B. hat auch wesentlichen Anteil an der neuen Ausgabe der Werke Friedrichs d. Gr. Aus den Originalheften seiner 1809-65 gehaltenen Vorlesungen veröffentliche Bratuscheck die "Encyklopädie und Methodologie der philologischen Wissenschaften" (Leipz. 1877). Der "Briefwechsel zwischen August B. und Karl Otfried Müller", einen 20jährigen Zeitraum umfassend, erschien Leipzig 1883. Sein Leben beschrieb Klausen in Hoffmanns "Lebensbilder berühmter Humanisten" (Leipz. 1837). Vgl. Sachse, Erinnerungen an B. (Berl. 1868); Stark (in den Verhandlungen der Würzburger Philologen-Versammlung von 1868).

3) Richard, Statistiker, Sohn des vorigen, geb. 24. März 1824 zu Berlin, trat 1845 nach Vollendung seiner staatswissenschaftlichen Studien in den preußischen Staatsdienst, wurde 1852 Regierungsassessor, arbeitete am königl. Statistischen Büreau, seit 1855 an der Regierung in Potsdam, seit 1861 nochmals am Statistischen Büreau zu Berlin, wurde 1864 zum Regierungsrat, 1875 zum Direktor des Statistischen Büreaus der Stadt Berlin, 1881 zum außerordentlichen Professor ernannt. Von seinen Arbeiten beziehen sich einige auf die Feststellung und genaue Abgrenzung der Sprachgebiete, so die "Sprachkarte vom preußischen Staat" (Berl. 1864); "Die statistische Bedeutung der Volkssprache als Kennzeichen der Nationalität" (das. 1866); "Der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet" (das. 1870) und die im Verein mit H. Kiepert herausgegebene "Historische Karte von Elsaß-Lothringen" (das. 1871). Von seinen andern Schriften sind hervorzuheben: "Ortschaftsstatistik und historisch-geographische Übersicht des Regierungsbezirks Potsdam" (Berl. 1861); "Die geschichtliche Entwickelung der amtlichen Statistik des preußischen Staats" (das. 1863); "Sterblichkeitstafel für den preußischen Staat im Umfang von 1865" (Jena 1875); "Die Bevölkerungs-, Gewerbe- und Wohnungsaufnahme vom 1. Dez. 1875 in der Stadt Berlin" (Berl. 1878); "Die Bewegung der Bevölkerung der Stadt Berlin in den Jahren 1869-78" (das. 1884). Seit 1877 gibt er das "Statistische Jahrbuch der Stadt Berlin" heraus.

Bockhuf, diejenige Form des Pferdehufs, bei welcher die Zehenwand zur Sohle in einem abnorm weiten Winkel steht. Hierbei sind die Trachten abnorm lang. Der eigentliche B. (steile Huf) beruht in einer angebornen Anlage und findet sich bei Pferden mit langen und weichen Fesseln. Einen Nachteil hat derselbe nicht. Erworben wird der B. von den Pferden durch Krankheiten der Gliedmaßen, namentlich der Beugesehnen (Sehnenklapp und Stelzfuß). In solchen Fällen kann durch die fortdauernde starke Belastung die Zehenwand verkümmern, so daß endlich der Hufbeschlag kaum noch ausführbar ist. Die Behandlung eines solchen Bockhufs richtet sich nach den primären Krankheitszuständen der Gliedmaßen. Indes ist bei dem hohen Grade der letztern die Behandlung meist erfolglos.

Böcking, Eduard, Rechtsgelehrter, geb. 20. Mai 1802 zu Trarbach an der Mosel, besuchte 1816-18 das Gymnasium zu Kaiserslautern, studierte dann in Heidelberg, Bonn, Berlin, Göttingen und habilitierte sich 1826 mit der Dissertation "De mancipii causis" (Berl. 1826) in Berlin. Im Frühjahr 1829 zum außerordentlichen Professor ernannt, ward er im Herbst nach Bonn versetzt, wo er seit 1835 als ordentlicher Professor der Rechte wirkte. Er starb daselbst 3. Mai 1870. B. hat sich besonders durch treffliche Ausgaben juristischer Klassiker Verdienste erworben. So gab er außer dem "Corpus legum sive Brachylogus" (Berl.