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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: China

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China (Landwirtschaft, Fischerei, Industrie).

mischt); gebrannter Kalk; in Fäulnis übergegangene Fische. Das wichtigste Bodenprodukt des südlichen und mittlern C. ist Reis, in zweiter Reihe Zuckerrohr und in der Nähe der Küste Baumwolle; im nördlichen C. werden statt Reis Hirsearten (Kaoliang), dann Weizen und Hülsenfrüchte gebaut. Von Gemüse, Wurzel- und Knollengewächsen werden enorme Quantitäten gewonnen. Von der Kultur des Theestrauchs wurde bereits oben gehandelt; er erfordert kräftige Düngung, fleißige Bodenbearbeitung und wird im siebenten Jahr seines Wachstums nahe am Boden abgeschnitten, damit die Stümpfe neue Schößlinge treiben und zartere Blätter liefern. Die Theeblätter werden für den eignen Gebrauch sehr einfach zubereitet. Man läßt sie an einem luftigen Ort oder an der Sonne verwelken (aber nicht austrocknen), erhitzt sie dann unter beständigem Mischen auf einem seichten Bambusgeflecht über Kohlenfeuer, rollt sie, indem man über sie, während sie noch warm sind, die flach aufgelegten Hände im Kreis herumführt, und trocknet sie dann an einem luftigen Orte. Der zum Export bestimmte Thee wird von den Händlern in eignen Öfen wiederholt (bis viermal) stark erhitzt, geröstet, mit wohlriechenden teuern Blüten vermischt und an der Luft ausgetrocknet. Auch Öl gebende Pflanzen werden vielfach angebaut; unter den Gespinst- und Faserpflanzen sind neben der Baumwollstaude Hanf, darunter das sogen. chinesische Gras (Boehmeria nivea), und Jute die wichtigsten. Blauer Farbstoff wird aus Indigofera tinctoria, Polygonum tinctorium etc. im südlichen und mittlern C. gewonnen. Die Kunstgärtnerei wird sowohl im Freien als in geschlossenen Räumen mit vieler Sachkenntnis und Sorgfalt betrieben. Die Forstwirtschaft wird dagegen ganz vernachlässigt; auch der eigentliche Wiesenbau, verbunden mit Heugewinnung, wie die Viehzucht (s. oben) sind den Chinesen fremd. Eine besondere Wichtigkeit hat für C. der Seidenbau, der auf einer hohen Stufe der Entwickelung steht; die meiste und beste Seide liefern die mittlern Provinzen und die Umgegend von Kanton. Der Maulbeerbaum erfreut sich einer sachkundigen und sorgfältigen Pflege, die Seidenraupenzucht ist aber weniger fortgeschritten. Eine Besonderheit ist hier wie in Japan der Eichenspinner. Alle Zweige der Landwirtschaft leiden unter mancherlei vermeintlichen Erfahrungsregeln. Die Fischerei und zwar das Fischen von Pflanzen wie von Süßwassertieren und einigen Seetieren beschäftigt eine große Menge von Leuten und liefert für die Nahrung der Menschen wie für Düngung der Felder enorme Massen; die Fischerei wird häufig mittels eines abgerichteten Kormorans (Seeraben) ausgeübt. - Zu den Landplagen, welche oft Mißwachs und Hungersnot zur Folge haben, gehören vor allen die Überschwemmungen, weil der Reis meist in den Flußthälern angebaut wird; aber auch Dürre verdirbt die Ernten auf weite Strecken, da jahrhundertelang fortgesetztes Abholzen, ohne für Nachwuchs zu sorgen, dem Lande die regenbildenden Einflüsse der Wälder entzogen hat. Für Zeiten der Hungersnot hat die Regierung wie die Privatwohlthätigkeit Speicher angelegt, wo ein Teil der in Reis entrichteten Grundsteuer oder angekaufte Frucht aufbewahrt wird, bis Mißernte unentgeltliche Abgabe oder Verkauf unter dem Marktpreis nötig macht. Vgl. Plath, Die Landwirtschaft der Chinesen (Münch. 1874).

Die technischen Fertigkeiten der Chinesen sind seit 1873 auf den verschiedenen Weltausstellungen durch ausgestellte Gegenstände und eingehende Kataloge (meist durch Arbeiten der Mitglieder des chinesischen Seezolldienstes entstanden) der europäischen Welt näher gerückt worden. Die Papierbereitung geht zurück bis 153 n. Chr.; man verwendet jetzt dazu Hanffasern, junge Bambussprosse und Bambusfaser, die Rinde des Papierbaums (Broussonetia papyrifera), Baumwolle, Maulbeerbaumrinde, Rotang (sogen. Spanisches Rohr), Meeralgen, Reis-, Weizenstroh u. dgl. Die sehr dauerhaften Sorten werden zu Fenstern und Regenschirmüberzügen verarbeitet, dienen auch, mit Harz bestrichen, als Zunder etc. Der Gebrauch des Holzstockdrucks reicht bis ins 6. Jahrh. unsrer Zeitrechnung zurück; 992 wurden zum erstenmal Schriften durch Steindruck vervielfältigt. Letterndruck wurde im 11. Jahrh. erfunden, kam aber bei den großen Schwierigkeiten, welche die chinesische Sprache dem Druck mit beweglichen Typen entgegenstellt, erst seit 1662 in Anwendung, als unter dem aufgeklärten Kaiser Khanghi europäische Missionäre es dahin brachten, daß 250,000 bewegliche Letternstücke in Kupfer gestochen wurden; doch konnten nur wenige Abzüge gemacht werden, da die Typen bald darauf von unehrlichen Beamten veruntreut wurden. Neuerdings werden in Hongkong, Schanghai und andern Küstenplätzen chinesische Zeitungen sowie in deren Offizinen herausgegebene andre Werke, auch Bibelübersetzungen, Missionsschriften etc. mit beweglichen Lettern gedruckt. Eine bedeutende Zukunft hat für C. wegen der eigentümlichen Schrift- und Litteraturverhältnisse die Photolithographie, die schon jetzt dazu dient, die seltenen, teuern Palastausgaben der hauptsächlichsten historischen und andrer Werke fehlerlos zu vervielfältigen. Schießpulver wurde von den Chinesen zwar lange vor Berthold Schwarz erfunden; es ward jedoch nicht zum Schießen, sondern als Material zu Feuerwerkskörpern verwendet, bis das Beispiel der Europäer seinen Nutzen zu Kriegszwecken lehrte. Feuerwerkskörper werden fabrikmäßig in der Nähe von Kanton produziert und bilden einen bedeutenden Ausfuhrartikel nach den Vereinigten Staaten. Unter den Metallwaren der Chinesen sind ihre weittönenden Gongs zu erwähnen. Chinesisches Email hat jetzt noch seinen besondern Wert; an Porzellan wird heutzutage wenig mehr als Fabrikware geliefert; Form und Ornamentation sind bei den Japanern in dieser Branche viel vorzüglicher, wenigstens was die im Handel vorkommenden Fabrikate betrifft, wenn auch für eigentliche Articles de vertu C. immer noch der klassische Boden ist. Besondere Aufmerksamkeit erregen die Lackwaren, die an Zierlichkeit und Sauberkeit nichts zu wünschen übriglassen und in solcher Vollendung nur durch mühsames, wiederholtes Abhobeln, Abschaben und Glätten dargestellt werden können. Alle diese Industrien, wozu unter andern auch die Elfenbeinschnitzereien gehören, werden nicht so geheimnisvoll betrieben, daß ein intelligenter Europäer nicht in das Wesen ihres Betriebs eindringen könnte; das Geheimnis der chinesischen Überlegenheit scheint vielmehr darauf zu beruhen, daß bei diesen Artikeln viel geduldige Handarbeit erfordert wird, wie z. B. beim Schnitzen der bekannten Elfenbeinkugeln, und daß die beispiellos niedrigen Lohnverhältnisse in C. europäische Konkurrenz bei dem jetzt so leichten Warenverkehr nicht aufkommen lassen. Die Schiffbaukunst hat nur in den kaiserlichen Werften unter europäischen Lehrern Fortschritte gemacht. Die Schiffe für den Handel zur See wie auf den Flüssen, die Dschonken, sind lange Kuffe ohne Kiel, mit Mattensegeln aus Bambus und plumpen, ungeschickten Steuerrudern, die sich auf der offenen See nicht gut zu halten vermögen. Die chinesischen Händler selbst befrachten jetzt mit Vorliebe euro-^[folgende Seite]

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