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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Festung

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Festung (Sperrforts; Küstenbefestigungen).

von Forts befestigt, die eigentliche Stadtumwallung aber ganz fortgelassen. Man ist dort der Ansicht, daß der Verteidiger einer Festung moralisch und physisch zu erschöpft und zu einem weitern Widerstand nicht mehr befähigt sein wird, wenn der Belagerer die Forts genommen hat; an eine Verteidigung der Stadtumwallung kann also nicht mehr gedacht werden, weshalb sie entbehrlich ist. Dem wird in Deutschland entgegengesetzt, daß die Forts allein die F. nicht sturmfrei machen, denn einem mutigen Angreifer kann es wohl gelingen, zwischen Forts hindurch in die Stadt einzudringen. Erfahrungen stehen hierüber noch nicht zur Seite. Aber auch in andrer Beziehung scheint eine abermalige Umwälzung dadurch in Aussicht gestellt, daß bei dem außerordentlich wirksamen Feuer aus gezogenen Mörsern und kurzen Kanonen eine Verteidigung auf offenem Wall nicht lange durchzuführen sein wird, und daß gegen die Sprengwirkung unserer heutigen schweren Granaten sämtliche Hohlbauten unserer Forts nicht standhalten, also nicht mehr hinreichenden Schutz gewähren. Welche Formen und Einrichtungen ein Fort der Zukunft aber hiernach erhalten wird, läßt sich jetzt noch nicht absehen.

Einen eigentümlichen Charakter haben die französischen Sperrforts (Fig. 15 u. 15 a, b) erhalten, um ihre besondern Aufgaben erfüllen zu können. Sie sollen aus dem Nachbarland, namentlich Deutschland, kommende Eisenbahnlinien derart unter Geschützfeuer nehmen, daß sie vom Feind nicht eher benutzt werden können, bevor er nicht Herr der Forts geworden. Da es Frankreich, wie man dort meint, niemals gelingen wird, die Mobilmachung seiner Armee ebenso schnell zu vollenden wie Deutschland, so sollen die Sperrforts das Vordringen der deutschen Armeen aufhalten und dadurch der französischen Armee Zeit verschaffen, ihre Mobilmachung und ihren Aufmarsch ungestört durchführen zu können. Die Sperrforts liegen isoliert in Abständen von etwa 7-9 km längs der deutschen Grenze, sind also nicht auf die Unterstützung einer dahinterliegenden F., sondern auf sich selbst angewiesen, müssen somit nach allen Richtungen hin verteidigungsfähig sein und haben deshalb die Form eines regelmäßigen Sechsecks erhalten. Die ganze Besatzung von 400 bis 600 Mann findet in ihnen gedeckten Wohnraum, das ganze Verteidigungsmaterial, alle Lebensmittel u. sonstigen Vorräte sind im Fort selbst bombensicher untergebracht. Der Hofraum, eigentlich nur ein Lichthof, vermindert durch seine Kleinheit die Gefahr für die ihn begrenzenden Kasernen, durch feindliches Geschützfeuer frühzeitig zerstört zu werden. Auch die Gräben sind möglichst schmal, 10-12 m breit und 8-10 m tief, um das Breschieren der Eskarpenmauer durch den indirekten Schuß möglichst zu erschweren. Die meisten Forts haben im gefährdetsten Schulterpunkt einen Panzerdrehturm erhalten, der mit einer

^[Abb.: Fig. 16: Offene Küstenbatterie.]

^[Abb.: Fig. 17: Gepanzerte Küstenbatterie.]

^[Abb.: Fig. 17 a: Gepanzerte Küstenbatterie.]