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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Georg

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Georg (Hannover, Mecklenburg, Preußen, Sachsen).

welche die oktroyierte neue Verfassung genehmigte. Weitere reaktionäre Maßregeln, welche des Königs Günstling Borries ins Werk setzte, sollten den Bestand des Welfenreichs "bis zum Ende aller Dinge" sichern. Dabei übte auf den König seine unmittelbare Umgebung, in welcher Männer wie der katholisierende Historiker O. Klopp sich befanden, einen sehr verderblichen Einfluß. Erst die Bewegung, welche 1862 infolge der Oktroyierungen auf dem kirchlichen Gebiet entstand, führte zur Bildung eines liberalern Kabinetts. In seiner Haltung nach außen bekundete G. stets eine Abneigung gegen Preußen; dieselbe trat in der Bundesreformfrage, in der Angelegenheit wegen des Küstenschutzes, in der Zollvereinskrisis und bei manchem andern Anlaß zu Tage. Nahrung empfing seine Preußen abgeneigte Stimmung in der letzten Zeit durch die Diskussionen über die Erbfolge im Herzogtum Braunschweig sowie durch den Verlauf der schleswig-holsteinischen Angelegenheit, die neben der Niederlage, welche die deutschen Mittelstaaten überhaupt erfuhren, G. eine besondere Demütigung brachte. Es war daher natürlich, daß er 1866 allen Mahnungen der preußischen Regierung wie eines Teils seiner eignen Umgebung zum Trotz in eigensinniger Verblendung sich auf die Seite Österreichs stellte. Nach der Kapitulation bei Langensalza (29. Juni 1866) begab er sich auf kurze Zeit nach Altenburg und dann nach Hietzing bei Wien, welches nun der Mittelpunkt der welfischen Agitation wurde. Sein Protest gegen die Einverleibung Hannovers in Preußen datiert Wien, 23. Sept. 1866. In Paris ließ G. eine Zeitlang eine Zeitung, die "Situation", erscheinen, welche täglich in den heftigsten Ausdrücken die neue Ordnung der Dinge in Deutschland angriff und den Haß Frankreichs gegen Deutschland schürte. Bei den im Frühjahr 1867 wegen der luxemburgischen Frage drohenden Verwickelungen ließ er auf französischem Boden eine Legion aus hannöverschen Flüchtlingen organisieren, um sein Reich wiederzuerobern. Nach langem Widerstreben ließ sich G. endlich 29. Sept. 1867 zur Unterzeichnung eines Vertrags mit Preußen, den der Landtag 1. Febr. 1868 annahm, bereit finden. Danach sollte er 16 Mill. Thlr. als Entschädigung erhalten und ihm außerdem ein Betrag von etwa 4 Mill., die er nach England gebracht hatte, verbleiben. Allein dieser Vertrag wurde 2. März 1868 noch vor seiner Ausführung durch die preußische Regierung suspendiert, da G. bei der Feier seiner silbernen Hochzeit in Hietzing ganz offen seine Zuversicht auf baldige Restauration ausgesprochen hatte und die Welfenlegion nicht aufhob. Seitdem wird das genannte Vermögen (Welfenfonds) durch eine in Hannover befindliche Kommission verwaltet. G. lebte seit 1868 im Sommer zu Gmunden am Traunsee, in den letzten Jahren in Frankreich, teils zu Biarritz, teils zu Paris. Hier starb er 12. Juni 1878; seine Leiche ward in Windsor beigesetzt. Vermählt war G. seit 1843 mit Prinzessin Maria von Altenburg. Sein Sohn Ernst August (geb. 21. Sept. 1845) nahm nach Georgs Tod unter Wahrung aller seiner Rechte auf das Königreich Hannover 11. Juli 1878 den Titel eines Herzogs von Cumberland (s. d.) an; von den Töchtern ist die ältere, Prinzessin Friederike (geb. 9. Jan. 1848), seit 1880 mit einem Freiherrn v. Pawel-Rammingen verheiratet und lebt in England, die zweite, Prinzessin Mary (geb. 3. Dez. 1849), ist unvermählt. Vgl. O. Klopp, König G. V. (Hannov. 1878); O. Theodor, Erinnerungen an G. V. (Bremerhav. 1878); v. Wehrs, Biographie und Gedächtnisschrift auf König G. V. (Hannov. 1878); Meding, Memoiren zur Zeitgeschichte (Leipz. 1881-84, 3 Bde.).

[Mecklenburg.] 16) G. Friedrich Karl Joseph, Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, dritter Sohn des Großherzogs Karl Ludwig Friedrich und der Prinzessin Friederike von Hessen-Darmstadt, geb. 12. Aug. 1779 zu Hannover, folgte 6. Nov. 1816 seinem Vater in der Regierung, verschönerte die Residenz, widmete auch dem Volksschulwesen seine besondere Fürsorge und hob die Leibeigenschaft auf. Sein Widerspruch aber gegen die liberale Verfassung Mecklenburg-Schwerins vom Jahr 1849 führte vornehmlich zur Wiederaufhebung derselben. Er starb 6. Sept. 1860. G. war seit 12. Aug. 1817 mit der Prinzessin Marie von Hessen-Kassel vermählt, die ihm zwei Söhne gebar, den jetzigen Großherzog Friedrich Wilhelm (s. Friedrich 31) und den Prinzen Georg (geb. 11. Jan. 1824), der als russischer General der Artillerie 20. Juni 1876 starb, und zwei Töchter, Luise, welche 1842 unvermählt starb, und Karoline (geb. 10. Jan. 1821), die 1841 mit dem damaligen Kronprinzen, nachmaligen König Friedrich VII. von Dänemark vermählt, aber 1846 von diesem geschieden ward und 1. Juni 1876 in Neustrelitz starb. Vgl. "Archiv für Landeskunde des Großherzogtums Mecklenburg", Jahrg. 1860.

[Preußen.] 17) Friedrich Wilhelm G. Ernst, Prinz von Preußen, geb. 12. Febr. 1826, Sohn des Prinzen Friedrich, des ältesten Neffen des Königs Friedrich Wilhelm III., verlebte seine Jugendjahre meist am Rhein und entwickelte dann auf Reisen in England, Frankreich und Italien seine Neigung für Kunst und Litteratur. Bereits 1836 als Sekondeleutnant in die Armee getreten, durchlief er die militärischen Chargen und wurde 1861 zum Chef des 1. pommerschen Ulanenregiments Nr. 4, 1866 zum General der Kavallerie ernannt. Kränklichkeit veranlaßte ihn jedoch, von seinen öffentlichen Stellungen sich mehr oder weniger fern zu halten. G. hat unter dem Pseudonym G. Conrad eine Reihe dramatischer Dichtungen veröffentlicht, wie: "Phädra", "Wo liegt das Glück?" (Lustspiel), "Kleopatra", "Don Sylvia", "Die Marquise von Brinvilliers" (auch u. d. T.: "Katharina Voisin"), "Yolantha", "Elektra", "Rudél und Melisande", "Lurley", "Der Talisman", "Medea" oder: "Christine von Schweden", "Arion", "Umsonst" u. a., die zum größern Teil mit günstigem Erfolg aufgeführt wurden und gesammelt in 4 Bänden (Berl. 1870) erschienen. Spätere Stücke sind: "Elfrieda von Monte Salerno" (1875), "Adonia" (1877), "Ferrara" (1878), "Katharina von Medici", historisches Drama (1884). G. ist ein vorwiegend eklektisches Talent, dem die Nachempfindung und Nachahmung der verschiedensten dramatischen Stile glückt.

[Sachsen.] 18) G. der Reiche oder der Bärtige, Herzog von Sachsen, der dritte Sohn Albrechts des Beherzten, geb. 27. Aug. 1471, studierte, für den geistlichen Stand bestimmt, in Leipzig, gab aber bald den geistlichen Stand auf, vermählte sich 1496 mit Barbara, der Tochter des Königs Kasimir von Polen, und trat nach dem Tod seines Vaters (1500) die Regierung der sächsisch-albertinischen Lande an; für die Abtretung der Statthalterschaft von Friesland überließ er 1503 seinem jüngern Bruder, Heinrich, die Ämter Freiberg und Wolkenstein. Weil aber Friesland ein unruhiger Besitz war, so verkaufte er dasselbe an den Erzherzog Karl für 200,000 Gulden, worauf er seine Residenz in Dresden nahm. Einfach, sparsam und gewissenhaft, war er dem geringsten seiner