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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Giovanelli - Gips.

mehr erlebte. Inzwischen hatte er noch Aufträge für Gemälde von Azzo Visconti in Mailand und Gero Pepoli in Bologna erhalten. In der Brera zu Mailand befindet sich das Altarbild einer Madonna mit Engeln, dessen Flügel mit Heiligen die Pinakothek zu Bologna besitzt. Für die Kirche San Francesco zu Pisa schuf er ein Altarbild der Stigmatisierung des Heiligen, jetzt im Louvre. Außerdem haben sich noch von ihm verschiedene treffliche Darstellungen des Gekreuzigten erhalten, eine in Florenz, eine andere in Santa Felicita ebendaselbst, die schönste aber in San Marco. Von G. rühren ferner die Entwürfe zu der wahrscheinlich von Gaddi ausgeführten Doppelreihe kleiner Bilder her, welche ehemals die Schränke der Sakristei der Minoritenkirche zu Florenz schmückten, aber jetzt teils in der akademischen Galerie daselbst, teils in Berlin u. a. O. sich befinden. G. starb 8. Jan. 1337 und wurde im Dom von Florenz beigesetzt. Benedetto da Majano führte seine Porträtbüste in Marmor daselbst aus. G. stand mit den größten Männern seiner Zeit, Dante, Petrarca und wohl auch Giovanni Pisano, im engern Verkehr. Er war der eigentliche Begründer der italienischen Malerei, speziell der toscanischen Freskomalerei. Sowohl in der Technik (er bediente sich dabei der Feigenmilch und des Eigelbs) als in der Farbengebung trat er als Neuerer auf; er verlieh den Farben Helligkeit und Klarheit und führte eine massige, breite, plastisch wirkende Licht- und Schattenverteilung ein. Obschon er in seinen Fresken den alten Grundsätzen der Einteilung treu blieb, zeichnete er sich doch durch glückliche Verwendung der gegebenen Räumlichkeiten sowie durch treffliche Komposition in den einzelnen Bildern aus. Er veredelte die Proportionen, gab den Figuren lebendige Bewegung und ausdrucksvolle Gebärden. An die Stelle der frühern byzantinischen Starrheit trat bei ihm lebendige Handlung und ein italienisch-nationaler Charakter. Auch die Schwerfälligkeit und Überladung der Gewandung früherer Zeit mußte bei ihm einem naturwahren, einfachen und doch großartigen Faltenwurf weichen. Vgl. Dobbert in Dohmes "Kunst und Künstler" (Leipz. 1878); Quilter, Giotto (Lond. 1880).

Giovanelli (spr. dschow-), Ignaz, Freiherr von, österreich. Abgeordneter, geb. 5. April 1815 zu Bozen aus einer alten lombardischen Familie, Enkel des bekannten Joseph v. G. (gest. 1812), der 1809 mit Hofer die Landesverteidigung organisierte, studierte die Rechte, trat in den Staatsjustizdienst und war längere Zeit Assessor beim Landgericht in Innsbruck, dann Landgerichtsrat in Bozen und ist jetzt Oberlandesgerichtsrat in Innsbruck. Seit 1861 Mitglied des Tiroler Landtags, erlangte er als Führer der Ultramontanen bald großen Einfluß und ward in den Landesausschuß gewählt. Dem Reichsrat gehört er als Mitglied des Abgeordnetenhauses seit 1867 an und schloß sich der Rechtspartei unter Hohenwart an.

Giovanni (da) Bologna (spr. dschow-), Bildhauer, s. Bologna.

Giovinazzo (spr. dschowin), Stadt und Bischofsitz in der ital. Provinz Bari, am Adriatischen Meer und an der Eisenbahn Ancona-Brindisi gelegen, hat eine Kathedrale, ein Kastell, (1881) 9665 Einw., Steinbrüche, Weberei, ein Gymnasium, eine technische Schule und ein großes Hospiz für ausgesetzte Kinder, die hier Handwerke lernen. G. liegt wahrscheinlich auf den Ruinen von Egnatia.

Giovine Italia (spr. dschowine), s. v. w. Junges Italien, s. Junges Europa.

Giovini, s. Bianchi-Giovini.

Giovio (spr. dschowjo), Paolo, ital. Geschichtschreiber, geb. 19. April 1483 zu Como, jüngerer Bruder des Geschichtschreibers dieser Stadt, Benedetto G., studierte in Padua Philosophie und in Pavia Medizin, praktizierte zuerst in Como, dann in Mailand als Arzt, ging 1517 nach Rom, ward von Clemens VII. zum Bischof von Nocera ernannt und starb 11. Dez. 1552 in Florenz. Er schrieb: "Historiarum sui temporis libri XLV", die Geschichte seiner Zeit 1494-1547 (italienisch von Domenichi, Flor. 1551-53, 2 Bde.); "Vitae virorum illustrium" (italienisch von Domenichi, das. 1549-47, 7 Bde.) u. a. Seine Briefe gab Domenichi heraus ("Lettere volgare di Paolo G.", Vened. 1560).

Giozza (spr. dschotza), Pier Giacinto, ital. Schriftsteller, geb. 24. April 1846 zu Turin, studierte daselbst Philosophie und Litteraturgeschichte und ist gegenwärtig Professor am Lyceum zu Cremona. Von seinen Schriften, welche viel poetisches Talent verraten, seien genannt: "Grido dell' anima" (Carmagnola 1871); "Un' eco del cuore" (Pallanza 1873); "Come dettava amore" (Benevent 1876); "Le metamorfosi del pensiero poetico di G. Leopardi" (das. 1876); "Eleonora da Toledo", Drama (das. 1876); "Fantasie e scintille" (Cremona 1878); "Excelsior" (das. 1878); "Iddio nel Paradiso Dantesco" (Mail. 1878); "Curiose indagini sopra il poema di Dante: Il sorriso di Beatrice" (Cremona 1879); "La leggenda dell' Inferno" (das. 1880) etc.

Gipfeldürre, Krankheitszustand alter Bäume, bestehend in einem Dürrwerden der obern Äste, während die übrigen Teile noch weiter vegetieren. Sie ist der Beginn des von oben nach unten allmählich fortschreitenden Absterbens infolge hohen Alters.

Gips, Mineral aus der Ordnung der Sulfate, findet sich in monoklinischen, säulen- oder tafelförmigen Kristallen; auch kommen linsenförmige Kristalle mit gebogenen Flächen vor, und sehr häufig sind Zwillingsbildungen (Schwalbenschwanzkristalle). Ringsum ausgebildete Kristalle finden sich eingeschlossen in Thon (Oxford, Thiede in Braunschweig, Kaden in Böhmen, Montmartre, Santiago di Compostela); sehr schöne Kristalle bilden sich im Schlammabsatz der Sinkwerke in den Steinsalzbergwerken der Alpen und kleiden Drusenräume und Klüfte aus (Bex, Marienglashöhle bei Reinhardsbrunn). Bisweilen findet sich der G. in weit ausgedehnten Tafelablagerungen als Gipsspat (Gipsglas, Marienglas, Frauenglas, Fraueneis, Selenit, Lapis specularis), auch in gewöhnlich plattenförmigen Massen von parallel miteinander verbundenen kristallinischen Fasern mit oft sehr schönem Seidenglanz (Stengel-, Faser-, Seiden-, Atlasgips) in andern Gipsvarietäten oder im Thon (bei Nordhausen, Genf, Jena, in Württemberg etc.). Schuppiger G. in lose zusammengehäuften, wenig glänzenden Blättchen bildet den Schaum- oder Schneegips (Gipsblüte) von Nordhausen und dem Montmartre. Am häufigsten ist derber, dichter, auch körniger G. (Gipsstein), welcher oft große Felsmassen, ganze Bergreihen (Südrand des Harzes) bildet und in seiner schönsten Varietät als Alabaster bekannt ist. Der G. besteht aus schwefelsaurem Kalk mit 2 Molekülen Wasser CaSO4+2H2O^[CaSO_{4}+2H_{2}O] und enthält in 100 Teilen 32,54 Kalk, 46,51 Schwefelsäure und 20,95 Wasser. Er ist farblos, vollkommen durchsichtig oder weiß, häufig gelb, rot, grau, braun, schwarz, selten grün oder blau; Härte 1,5-2, spez. Gew. 2,2-2,4; er ist höchst vollkommen spaltbar in dünne, an ihren breiten Seiten stark perlmutter-^[folgende Seite]