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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Grew; Grey

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Grew - Grey.

Gegen die monarchistischen Intrigen schrieb er: "Le gouvernement nécessaire" (1873) und sprach sich auch gegen das Septennat aus. Eine Wahl in den Senat lehnte er 1875 ab und trat 1876 als Mitglied in die Deputiertenkammer ein, welche ihn 14. März zum Präsidenten erwählte. Nach Thiers' Tod wurde er das Haupt der gemäßigten republikanischen Partei und ward nach Mac Mahons Rücktritt 30. Jan. 1879 mit 563 gegen 99 Stimmen zum Präsidenten der Republik auf sieben Jahre erwählt. Er bewahrte als Oberhaupt des Staats eine echt konstitutionelle Zurückhaltung, führte mit seiner Familie, Frau und einziger Tochter, die seit 1881 mit dem als Politiker bekannten Wilson verheiratet ist, ein einfaches Privatleben und vertrat, wenn er bei offiziellem Anlaß sich öffentlich zeigte, sein Amt mit bescheidener Würde. Obwohl ihm seine Unthätigkeit und Sparsamkeit vielfach zum Vorwurf gemacht wurden, wählte ihn der Nationalkongreß 28. Dez. 1885 dennoch wiederum auf sieben Jahre zum Präsidenten der Republik, da kein ihm ebenbürtiger Staatsmann vorhanden war. Seine Biographie schrieb Barbou (Par. 1879).

2) Albert, franz. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. 23. Aug. 1824 zu Mont sous Vaudrey (Jura), studierte die Rechte und ließ sich in Besançon als Advokat nieder, wo er Bâtonnier wurde und einer der angesehensten Republikaner war. Nach dem Sturz des Kaiserreichs 1870 ernannte ihn die Regierung der nationalen Verteidigung zum Kommissar für die drei Departements Jura, Doubs und Obersaône. Bei der Wahl für die Nationalversammlung 8. Febr. 1871 ward er in Besançon gewählt und schloß sich der republikanischen Linken an, deren Präsident er wurde; er bemühte sich mit Erfolg um die Aufrechthaltung der Einigkeit der Republikaner. Seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer, beteiligte er sich eifrig an den gesetzgeberischen Arbeiten in den Kommissionen. Nach der Wahl seines Bruders zum Präsidenten wurde er 15. März 1879 zum Generalgouverneur in Algerien ernannt mit der Aufgabe, daselbst die Zivilverwaltung zu begründen. Er hatte auch das Glück, daß gleich bei Beginn seiner Verwaltung ein Kabylenaufstand in Batna unterdrückt wurde. Im übrigen war aber seine Verwaltung wenig erfolgreich, so daß ihr die Unruhen, welche 1881 ausbrachen, schuld gegeben wurden. G. nahm daher im November 1881 seine Entlassung. Seit 1880 ist er Senator.

Grew (spr. gruh), Nehemiah, Botaniker, geb. 1628 zu Coventry in England, studierte im Ausland, lebte als Arzt in seiner Vaterstadt und wurde 1677 Sekretär der Royal Society in London, wo er 25. März 1711 starb. G. beschäftigte sich sehr erfolgreich mit phytotomischen Arbeiten und zählt zu den Begründern der Pflanzenanatomie. Er erkannte den zelligen Bau der Pflanzen, unterschied das parenchymatische Gewebe und die longitudinal gestreckten Faserformen, die echten Gefäße und die saftführenden Kanäle und wies viel sorgsamer als Malpighi die Zusammenlegung dieser Gewebeformen in den verschiedenen Organen der Pflanzen nach. Auch über den Bau der Spiralgefäße hatte er klarere Vorstellungen. Seine Beobachtungen sind niedergelegt in seiner "Anatomy of plants" (Lond. 1682), welche auch in französischer Übersetzung unter dem Titel: "Anatomie des plantes" (Par. 1675) erschien.

Grey (spr. greh), Johanna, s. Gray.

Grey (spr. greh), anglonormänn. Adelsfamilie, die im 11. Jahrh. in Oxfordshire und seit dem 13. auch in Northumberland ansässig war. Besonders der letztere Zweig hat England seit dem 18. Jahrh. eine Anzahl namhafter Staatsmänner gegeben, die fast sämtlich der liberalen Partei angehörten. Es gehören dazu:

1) Sir Charles, geb. 1729, trat früh in Militärdienste, zeichnete sich als Adjutant des Prinzen Ferdinand von Braunschweig im Siebenjährigen Krieg aus, diente dann in Amerika und ward 1782 Generalleutnant. 1794 zum Oberbefehlshaber in Westindien ernannt, eroberte er mit dem Admiral Jervis einen großen Teil der französischen Besitzungen in den Antillen, konnte sich dann aber gegen die republikanischen Streitkräfte nicht behaupten und wurde zurückberufen, vor ein Kriegsgericht gestellt, aber freigesprochen. 1801 wurde er zum Lord G. von Howick, 1806 zum Viscount Howick und Grafen G. erhoben und starb 14. Nov. 1807.

2) Charles, Viscount Howick, Graf, ältester Sohn des vorigen, geb. 13. März 1764, wurde in Eton und in Cambridge gebildet, bereiste sodann Frankreich, Spanien und Italien und ward, erst 20 Jahre alt, für die Grafschaft Northumberland ins Parlament gewählt. In seiner Jungfernrede gegen Pitts Handelsvertrag mit Frankreich 1787 entwickelte er ungemeine Kenntnisse der französischen Zustände. Er war anfangs mit dem Prinzen von Wales (später Georg IV.) näher befreundet, bald aber entstand zwischen beiden eine Spannung, weil G. es mit Entrüstung ablehnte, zu gunsten des Prinzen eine Handlung von zweifelhafter Ehrenhaftigkeit zu begehen. Seitdem war sein Verhältnis zu dem Prinzen ein kaltes; trotzdem aber war er ein eifriger Verteidiger der Rechte desselben, als 1788 bei der Krankheit des Königs eine Regentschaft ernannt werden sollte. 1792 begann G. den Kampf für eine Parlamentsreform, indem er die berühmte Petition der von ihm mitgestifteten Gesellschaft der Volksfreunde überreichte, welche um die Beseitigung der Mißbräuche im englischen Repräsentationssystem sowie um Wiederherstellung dreijähriger Parlamente und um Bestimmungen zur Verminderung der Wahlkosten bat. Auf diese und andre Petitionen derselben Art baute G. 1793 einen Antrag auf Niedersetzung eines Untersuchungsausschusses, doch ward derselbe verworfen. Nachdem 1806 Greys Vater in den Grafenstand erhoben worden war, erhielt G. den Titel Lord Howick, ward nach Pitts Tod erster Lord der Admiralität und nach Fox' wenige Monate später erfolgtem Hintritt Staatssekretär des Auswärtigen. Nach Entlassung dieses Whigministeriums und der Bildung des Ministeriums Portland saß G. 23 Jahre lang in der Opposition und wirkte namentlich mit zur Unterdrückung des Sklavenhandels. Als Erbe seines Vaters war er im November 1807 ins Oberhaus eingetreten, wo er die Führung der Opposition übernahm, ohne indes seine frühere Popularität ganz behaupten zu können. Zweimal, 1809 und 1812, ward mit ihm wegen der Übernahme eines Ministerpostens unterhandelt; doch scheiterten die Verhandlungen beide Male: 1809, weil er nicht hoffen konnte, die Genehmigung des Königs zur Katholikenemanzipation zu erlangen, 1812, weil seine Forderung, die ersten Hofämter neu zu besetzen, um den Einfluß der Kamarilla zu brechen, abgeschlagen wurde. 1815, nach Napoleons Rückkehr von Elba, verteidigte G. kräftig Frankreichs Recht, seine Verfassung selbst zu ordnen, und sprach mit Beredsamkeit gegen die Einmischung in die Geschicke desselben. Während des berüchtigten Prozesses gegen die Königin Karoline, Gemahlin Georgs IV., zeichnete sich G. als Verteidiger jener unglücklichen Fürstin aus. Auch