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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Griechenland

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Griechenland (Neu-G.: Bodenbeschaffenheit, Küstengliederung).

Makroplagi (Geraneia, 1370 m) auf dem Isthmus repräsentiert. Unter allen Gesteinen sind es die Kalkgesteine der verschiedensten, hauptsächlich aber der Kreideformation, welche über alle andern vorherrschen und durch ihre vielfach wilden, mannigfaltigen Formen G. charakterisieren. Ausgedehnt ist ferner die Verbreitung des kristallinischen Schiefergebirges, während die kristallinisch-körnigen Gesteine, wie Granit und Syenit, nur auf einigen Inseln in größerer Bedeutung auftreten. Auf dies kristallinische Gebirge folgen von wahrscheinlich paläozoischen Gesteinen: Thonschiefer, Kalkthonschiefer, grüne Grauwackesandsteine und ungemein mächtige graue, versteinerungsarme Kalksteine, die am Parnaß durch jüngere, ebenfalls mächtige Kalke überlagert werden. Nach S. zu löst sich das Pindossystem zu einem großartigen, von tiefen Felsschluchten wild zerrissenen Gebirgsland auf, das aus den alten Sedimentgesteinen zusammengesetzt ist, und zu dessen steilen Kalkstöcken die Gebirge von Agrapha, das Ötagebirge (mit dem 2152 m hohen Katavothra), der Parnaß (Liakura, 2459 m), der Helikon (Paläo-Vuno, 1749 m), wohl auch der Kithäron und Makroplagi gehören. Auch in den Gebirgen von Achaia, im Voidia (1927 m), Olonos (Erymanthos, 2224 m), im mächtigen Ziria (Kyllene, 2371 m), finden sich ähnliche dichte Kalksteine. Dieselben alten Sedimente setzen auch den Zug des Othrys und den Bergzug der Thermopylen zusammen und bilden weithin durch Böotien niedrige Bergzüge und die Unterlage der Kreidekalksteine. Kristallinisches Schiefergebirge mit ungemein entwickeltem kristallinischen Kalk, zum Teil trefflichem Statuenmarmor (Pentelikon), bildet dagegen den Kranz einzelner Bergmassen, welcher Athen umringt, den Parnes (Ozea), Pentelikon und Hymettos (1027 m), und die erzreichen Berge von Laurion. Ebenso bildet es die hohen, steilen Gebirgszüge des Südens mit fast senkrechter Schichtenstellung, das Pentedaktylongebirge (Taygetos, mit dem 2409 m hohen Hag Ilias) in der Maina und das etwas niedrigere Malevogebirge (Parnon, 1957 m). Lakonien lieferte einst nicht allein geschätzte Marmore, sondern auch rote Porphyre, vor allem aber die prachtvollen grünen Oligoklasporphyre oder Prasophyre der Franzosen (Ophit oder porfido verde antico der Italiener), so zwischen Marathonisi und Levetsova. Ganz Euböa (s. d.) ist von einer solchen Achse kristallinischen Schiefergebirges, dem auch der grün gestreifte Marmor von Karystos, der sog. Zwiebelmarmor (Cipollino), angehört, der Länge nach durchzogen; die höchste Kuppe steigt im Delphysgebirge zu 1745 m an; an sie schließen sich zu beiden Seiten die aufgerichteten paläozoischen Gesteine an.

Die Inseln der Kykladen, über deren geologische Zusammensetzung die die einzelnen Inseln betreffenden Artikel zu vergleichen sind, folgen der Richtung Euböas und Attikas und setzen weit ins Meer hinaus fort, wie die Spitzen eines untergegangenen Festlandes. Die Kaimenigruppe, Santorin und Therasia, zusammen einen Krater bildend, durch die jüngsten Ausbrüche (1866 ff.) berühmt geworden, zeigt mächtige vulkanische Massen (s. Santorin). Die jungvulkanischen und trachytischen Gebilde setzen von da über die Milosgruppe fort und erreichen ihr Ende erst im Golf von Ägina (Poros, Halbinsel Methana und Ägina). Fast überall finden sich daselbst ältere Grundgebirge als Basis der Trachyte, Obsidiane und Bimssteine und der mancherlei Tuffe und Schlackenbildungen; Basalt ist nur auf Milos beobachtet. Die (nördlichen) Sporaden zeigen ähnliche Zusammensetzung, nur nehmen daran ältere und jüngere sedimentäre Gesteine wesentlichern Anteil. Von Sedimenten einer spätern als der paläozoischen Zeit kennt man nur solche der Kreidegebirge und der eocänen Formation mit nummulitenführenden Gesteinen und ausgedehnte jüngere Tertiärablagerungen. Aus der Kreidezeit ist wichtig die sehr mächtige Ablagerung von Hippuritenkalken, die man auf dem Festland in Attika und Böotien sowie auf dem Schlachtfeld von Chäroneia und am Fuß des Parnaß, auf den Ionischen Inseln, in großer Ausdehnung aber besonders in Morea kennt. Darüber folgen (nach Virlet) in Morea und auch auf den letztgenannten Inseln weitverbreitete, mit Grünsand verbundene Ablagerungen roter, grüner und brauner Jaspis und feuersteinführender, lithographischer Kalkschiefer. Ungemein mächtige Konglomerate und (oft pisolithische) Nummulitenkalke bilden den Schluß. Diese Sedimente erheben sich im Innern Moreas bis zu bedeutenden Höhen (am Ziria bis zu 1460 m), sind aber auch durch Argolis, Achaia, Attika und Böotien, auf Euböa und besonders auf den Ionischen Inseln, wo sie wieder zu bedeutenden Höhen ansteigen, weit verbreitet. Alle diese Schichten sind hoch gehoben und mehrfach in ihrer Lagerung gestört. In der mittlern Tertiärzeit lagerten sich die an Pflanzen- und Fischabdrücken reichen Braunkohlengebirge ab in den zum Teil hoch gelegenen Mulden Euböas, so zu Kumi, wo Bergbau auf Kohlen getrieben wird, auf dem Festland zu Atalanti in Lokris und auf Chelidromia, einer der Sporaden, die pflanzenführenden Mergel auf Ägina; ebenso gehören in diese Zeit Ablagerungen der Ionischen Inseln, so zu Lixuri auf Kephalonia. Ausgedehnter sind die blauen Subapenninenthone mit Lignitflözen und die sandigen Meereskalke. Sie bilden das weite, vom Alpheios im S. durchschnittene Plateau von Elis bis Patras im N., ebenso das Plateau zwischen Navarino und Koron; überhaupt ist ganz Morea von neuen marinen Ablagerungen umgürtet, und die Ablagerungen auf dem Isthmus bei Korinth beweisen, daß in nicht ferner Zeit die gegenwärtige Halbinsel rings vom Meer umflossen war, aus dem sie sich allmählich erhob. Zahlreich sind die Thermen auf dem Festland wie auf den Inseln, meist Kohlensäuerlinge und Schwefelwässer. Auf Thermia, zu Lipso (bis 87° C. Wärme) auf Euböa, an den Thermopylen, bei Patradschik, bei Korinth, hoch oben am Olonos und an andern Orten sind solche warme Quellen. G. ist ein höhlenreiches Land; in den Kalken aller Formationen kommen solche vor, so die berühmte Höhle von Antiparos mit ihren Aragonitstalaktiten im kristallinisch-körnigen Kalk, die am Parnaß und in Böotien im paläozoischen Kalk, die von Syllaka auf Thermia im eisenschüssigen kristallinischen Schiefergebirge, andre auf dem Peloponnes im Kreidekalk; das Höhlenkloster Megaspileion ist in das Konglomerat hineingebaut. Wichtig werden viele dieser Höhlen als natürliche Abzugskanäle (Katabothren) für die Wasser der vielen geschlossenen Beckenthäler, in Böotien sowohl als in Morea, von denen das von Tripolitsa das größte ist. Zu den merkwürdigsten Katabothren gehören aber die Höhlen an der Küste von Kephalonia, in welche sich landeinwärts laufende, Mühlen treibende Meeresströme verlieren (s. Argostoli).

Kein Land der Erde hat im Verhältnis zu seinem Flächeninhalt eine so reiche Gliederung und Einbuchtung wie G. Die Küstenausdehnung beträgt mit Ausschluß der Inseln über 2000 km. Dieser maritime Charakter prägt sich immer entschiedener aus,