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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Heinrich

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Heinrich (deutsche Kaiser: H. VI.).

H. erkannte dies Verbot nicht an und verlieh deutschen Bischöfen die Investitur. Da der Papst den Weg friedlicher Vermittelung verwarf, vielmehr auf der Lateransynode von 1110 seine prinzipiellen Erklärungen wiederholte, zog H. 1110 mit 30,000 Mann nach Italien, ließ sich auf den Ronkalischen Feldern von den oberitalienischen Städten huldigen und rückte gegen Rom vor. In Sutri wurde darauf zwischen H. und Paschalis eine Vereinbarung dahin getroffen, daß die Kirche alle vom Reich empfangenen Güter und fürstlichen Rechte zurückgeben und dafür dann der Kaiser auf die Investitur verzichten solle. Dies sogen. Konkordat von Sutri (dessen Inhalt auf eine Trennung von Kirche und Staat hinauslief) war aber unausführbar. Als es nach dem Einzug des Königs in Rom 12. Febr. 1111 in der Peterskirche beschworen werden sollte, erhob sich von seiten der Kirchenfürsten ein Sturm der Entrüstung dagegen. Als sich nun der Papst weigerte, H. zu krönen, ließ ihn dieser nebst den meisten Kardinälen gefangen nehmen. Die Römer vertrieben zwar die Deutschen aus Rom; aber der Papst gestand endlich dem Kaiser die Investitur der Bischöfe und Äbte zu, worauf er seine Freiheit wiedererhielt und 13. April 1111 H. krönte. Kaum aber war der Kaiser nach Deutschland zurückgekehrt, als die Lateransynode im März 1112 das Zugeständnis des Papstes für ungültig erklärte und im September 1112 die Synode zu Vienne den Kaiser H. mit dem Bann belegte. H. führte damals Krieg gegen die sächsischen Großen wegen Einziehung der orlamündischen Erbschaft und wurde nach mehreren Siegen in der Schlacht am Welfesholz an der Wipper 1115 geschlagen. Der päpstliche Bann wirkte auf die Stimmung der Deutschen; man verlangte allgemein nach Frieden mit Papst und Kirche, so daß H. von seinen eignen Fürsten zu einiger Nachgiebigkeit veranlaßt wurde. 1116 zog er wieder mit Heeresmacht nach Italien, bemächtigte sich der Besitzungen der verstorbenen Markgräfin Mathilde und vertrieb den Papst aus Rom. Nach Paschalis' II. Tod (1118) wurde dem vom Kaiser erhobenen Papst Gregor VIII. von der Priesterpartei Gelasius II. entgegengestellt, der den Bannfluch gegen H. erneuerte. Unterdessen hatte in Deutschland der Bürgerkrieg fortgedauert. Zwar stellte H. 1119 den Frieden her, indem er auf entgegenkommende Verhandlungen mit dem Papst einzugehen und in Deutschland den frühern Besitzstand wieder aufzurichten versprach; aber der an Gelasius' II. Stelle gewählte Papst Calixtus II. sprach nach einigen fruchtlosen Unterhandlungen ebenfalls den Bannfluch gegen H. aus. Nichtsdestoweniger brach sich die friedliche Strömung jetzt allseitig Bahn. Auf dem Reichstag in Würzburg kam 1121 endlich der Reichsfriede und eine allgemeine gegenseitige Ausgleichung zu stande. Die Fürstenpartei übernahm es darauf, den Frieden mit der Kirche zu vermitteln. Ein Kompromiß schien in der Idee möglich, die geistliche und weltliche Seite in den bischöflichen Ämtern zu unterscheiden, und auf diesem Grund errichtete man gleichzeitig auf einer Synode und einem Reichstag in Worms 23. Sept. 1122 das Konkordat, wonach die Wahl der Bischöfe den Domkapiteln anheimgestellt werden, dem Kaiser aber die weltliche Belehnung der Gewählten mittels des Zepters zustehen solle. Nach Beendigung dieses langwierigen Streits wurde des Kaisers Thätigkeit noch von einzelnen Fehden im Innern in Anspruch genommen, namentlich in Meißen, wo Konrad von Wettin dem Grafen Wiprecht v. Groitzsch die diesem vom Kaiser verliehene Markgrafschaft streitig machte, und durch die Belagerung und Eroberung der Stadt Worms, die sich gegen den Kaiser aufgelehnt hatte; doch starb er schon 23. Mai 1125 in Utrecht. Sein Leichnam ward zu Speier beigesetzt. Er war in kinderloser Ehe vermählt mit Mathilde, Tochter des Königs Heinrich I. von England, die später den Grafen von Anjou heiratete und Stammmutter der Plantagenets wurde (s. Mathilde 2). H. war ein Mann von hartem, herrschsüchtigem Geist und starkem Charakter, unerbittlich und streng, mißtrauisch und selbst unzuverlässig für andre, daher keineswegs beliebt. Mit ihm erlosch das salische oder fränkische Kaisergeschlecht. Vgl. Gervais, Geschichte Deutschlands unter H. V. und Lothar II., Bd. 1 (Leipz. 1841).

6) H. VI., ältester Sohn Kaiser Friedrichs I. von dessen zweiter Gemahlin, Beatrix von Burgund, geb. 1165, wurde 15. Aug. 1169 zum König erwählt. Von zartem, nicht großem Körperbau und ernsten Gesichtszügen, dabei mit klarem Verstand und großer Willensstärke ausgestattet, besaß er eine bedeutende Geistesbildung. In allen ritterlichen Künsten geübt, hat er sich auch als Minnesänger versucht. In frühster Jugend nahm er an den italienischen Kriegsfahrten des Vaters Anteil, und 1186 wurde er durch seine Vermählung mit Konstanze von Sizilien, der Tochter des Königs Roger, in entscheidender Weise an die Schicksale und die politischen Verhältnisse Italiens gefesselt. Durch die Erwerbung von Sizilien sollte den Staufern der in Oberitalien verloren gegangene Einfluß auf die Halbinsel und vor allem auf Rom gesichert werden. Als Friedrich 1189 nach Palästina zog, übertrug er H. die Verwaltung des Reichs, dessen Frieden dieser sofort gegen Heinrich den Löwen zu verteidigen hatte. Durch seines Vaters Tod (10. Juni 1190) wurde er wirklicher Beherrscher Deutschlands und zog sofort nach Italien, wo er 15. April 1191 zu Rom von Cölestin III. zum Kaiser gekrönt ward. Nun wollte er nach dem Tode des Königs Wilhelm II. von Sizilien (16. Nov. 1189), des letzten männlichen Sprosses des normännischen Königshauses, 1191 die Regierung des Königreichs antreten; allein es erstand ihm in Tancred von Lecce, dem illegitimen Sohn Wilhelms, ein von den Normannen unterstützter Gegner. Neapel konnte trotz mehrmonatlicher Belagerung nicht erobert werden; eine furchtbare Seuche vernichtete einen großen Teil des deutschen Heers, und Konstanze geriet in die Gefangenschaft des Feindes. Inzwischen hatte in Deutschland Heinrich der Löwe die Gegner der Staufer gesammelt, während Richard Löwenherz sich auf der Heimreise von seinem Kreuzzug befand, auf dem er deutsche Fürsten und vornehmlich den Herzog von Österreich schwer beleidigt hatte. Da geschah es, daß König Richard dem mit H. eng verbündeten Herzog Leopold bei Wien in die Hände fiel und von diesem dem Kaiser ausgeliefert wurde. So große Verwickelungen durch die Gefangenschaft und harte Behandlung Richards auch entstanden, und so sehr sich die päpstliche Politik der englischen und welfischen Gegner des Kaisers annahm, so wurde doch durch einen glücklichen Umstand die Sache gelöst, indem eine Wechselheirat zwischen Heinrichs des Löwen Sohn und des Kaisers Base Agnes den Gegensatz der feindlichen Häuser in Deutschland ausglich und der englische König 1194 gegen hohes Lösegeld aus der Gefangenschaft entlassen wurde. H. kehrte darauf nach Italien zurück, wo Tancred und sein ältester Sohn, Roger, gestorben waren, und nahm mit Waffengewalt von seinem sizilischen Erbreich Besitz; jeder Widerstand wurde mit unbarmherziger Strenge niedergeschlagen, zahlreiche normännische