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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kapland

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Kapland (Geschichte).

antwortlichen Ministerium aus sechs Mitgliedern. Die von den beiden Häusern beschlossenen Gesetze bedürfen der Genehmigung des Gouverneurs, eventuell der Königin, bevor sie in Wirksamkeit treten. Die Staatseinnahmen betrugen 1885: 3,327,578, die Ausgaben 4,108,019, die Staatsschulden 21,672,162 Pfd. Sterl. Vorherrschende Religion ist die holländisch-reformierte Kirche; doch gibt es auch viele Anglikaner, Lutheraner, Presbyterianer, Wesleyaner, Independenten, Katholiken. Auch zahlreiche Juden haben sich angesiedelt. In der Kapstadt und Port Elizabeth ist die große Zahl der Malaien fast durchweg mohammedanisch, und es befindet sich bereits eine Moschee in der Kapstadt. Die Kaffern und Hottentoten sind meist Heiden, doch sind unter ihnen zahlreiche Missionsstationen angelegt; die Bastardrassen der Hottentoten sind meist im Christentum unterwiesen. In der eigentlichen Kapkolonie zählte man 1876: 365,089 Protestanten, 9667 Katholiken, 538 Juden, 11,214 Mohammedaner und 334,047 Heiden. Bis 1873 war das K. in zwei Provinzen: eine westliche und eine östliche, geteilt, seitdem aber zerfällt die Kolonie in sieben Provinzen: eine westliche, nordwestliche, südwestliche, mittlere, südöstliche, nordöstliche und östliche Provinz, wozu noch Basutoland, Nomansland, das St. John's- und das Transkaiterritorium nebst Westgriqualand kommen, im ganzen 52 Divisionen und 7 Native Districts. Hauptstadt der Kolonie ist Kapstadt (Capetown).

Geschichte.

Das K. ward zuerst, nachdem eine Umseglung durch die beiden Genuesen Vivaldi 1291 in Vergessenheit geraten war, 1487 von dem Portugiesen Bartholomeu Dias (s. d.) erreicht und 1497 von Vasco da Gama umschifft. Da es jedoch den Portugiesen nur um den Weg nach Indien zu thun war, so legten sie keine Kolonie im K. an. Erst 1601 ließ es die Holländisch-Ostindische Kompanie mit einer Kolonie besetzen. 1652 gründeten die Holländer an der Stelle der jetzigen Kapstadt das erste Fort. Die Kolonisten (boeren, Buren) hatten anfangs mit den Hottentoten blutige Kämpfe zu bestehen, bis sich diese unterwarfen oder in entferntere Gegenden zurückzogen. Bald drangen die Buren bis an die Grenzen des Kaffernlandes vor, und die Kolonie gedieh zu solcher Blüte, daß, als den Generalstaaten von seiten Ludwigs XIV. ernste Gefahr drohte, die reichsten Holländer nach dem K. und nach Batavia überzusiedeln beabsichtigten. Nachdem 1782 im nordamerikanischen Krieg ein Angriff der Engländer auf das K. mißlungen war, nahmen es diese 16. Sept. 1795 in Besitz. Zwar ward das Land nach dem Frieden von Amiens 1803 den Holländern zurückgegeben, doch schon 1806 eroberten es die Engländer von neuem und begannen es als ihr Eigentum staatlich zu organisieren. Im ersten Pariser Frieden 1814 erhielten sie es definitiv abgetreten. Seitdem nahm das K., namentlich durch den Verkehr mit England und Ostindien, einen raschen Aufschwung. 1820 erhielt die Kolonie 4000 neue Ansiedler aus England. Dagegen erweckte die englische Regierung bei den holländischen Kolonisten große Unzufriedenheit dadurch, daß sie die Missionen in großer Menge zuließ, welche die Hottentoten gegen ihre holländischen Herren aufhetzten, und daß sie 1. Dez. 1834 die Sklaverei aufhob, ohne genügende Entschädigung zu zahlen. Sehr nachteilig waren die Einfälle der Kaffern in die nördlichen Gegenden der Kolonie, indem die nun beginnenden langwierigen Kämpfe mit diesen ganz den Charakter eines Vertilgungskriegs annahmen. Um 1835 wurde ein großer Strich Landes an der nordwestlichen Grenze des Kaplandes jenseit des Oranjeflusses erobert, Adelaide genannt und durch eine Reihe von Forts und Blockhäusern gegen feindliche Einfälle gesichert. Einzelne Kaffernstämme unterwarfen sich nach und nach und erhielten Wohnsitze innerhalb des britischen Gebiets angewiesen.

Die englische Regierung stellte aber bald alle weitern Eroberungskriege ein und unterließ sogar den Schutz der Grenzen, so daß die Buren durch die Einfälle der Kaffern große Verluste erlitten. Daher beschlossen die holländischen Kolonisten 1836, auszuwandern. Wirklich zogen 5000 Mann unter Pieter Retief fort und siedelten sich im Gebiet des Zulufürsten Dingaan und bei Port Natal, einem Hafen südlich vom portugiesischen Gebiet, an, und trotzdem, daß Pieter Retief im Januar 1838 mit 70 der vornehmsten und angesehensten Auswanderer von den Kaffern verräterisch überfallen und erschlagen ward, kehrten die Übriggebliebenen nicht zurück, sondern zogen neue Auswanderer an sich und erklärten sich 11. Nov. 1839, indem sie die Republik Port Natal gründeten, für unabhängig von England, wurden aber 1842 von den Engländern mit Gewalt gezwungen, Natal zu räumen, das 1856 zu einer besondern, vom K. unabhängigen Kolonie erhoben wurde. 1846 brach wieder ein blutiger Krieg mit den Kaffern aus, der endlich Anfang 1848 mit der Unterwerfung derselben und der Besitznahme von Britisch-Kaffraria endete. Nun nahm der Gouverneur auch die von ausgewanderten Buren zwischen dem obern Oranje und Vaal besetzten Gebiete für England in Anspruch. Zwar erhoben sich die Buren unter Anführung ihres freiheitsliebenden und tapfern Generalkommandanten Pretorius, von mehreren Kaffernhäuptlingen unterstützt, zu bewaffnetem Widerstand; sie wurden aber bei Boom Plaats 29. Aug. 1848 geschlagen. Die Mehrzahl wanderte nun über den Vaal und gründete die Transvaalsche Republik (s. d.). 12,000 Buren blieben im englischen Gebiet zurück.

Neue Unruhen begannen, als die englische Regierung trotz Protestes der Bevölkerung Sträflinge im K. ansiedeln wollte. Als 19. Sept. 1849 ein Schiff mit 280 Sträflingen an Bord in der Bucht St. Simon anlangte, stieg die Aufregung fast zur Empörung, und die Regierung hielt es für rätlich, nachzugeben. Am 8. Febr. 1850 erklärte Lord John Russell im Unterhaus, daß den Kolonisten die Sträflinge nicht aufgenötigt und die nach dem K. Deportierten nach Vandiemensland weiter dirigiert werden sollten. Damit waren aber die Kolonisten noch nicht zufrieden; sie verlangten außerdem Entschädigung der Grenzbewohner für die Verluste infolge des Kriegs, Teilung des Landes in eine östliche und westliche Hälfte, Verlegung des Regierungssitzes ins Zentrum des Landes, Eröffnung großer Verkehrslinien, vornehmlich aber eine volkstümliche, nicht bloß der Krone verantwortliche Verwaltung und Rechtspflege. 1850 brach ein neuer Kaffernkrieg aus, der infolge unglücklicher Kämpfe der englischen Truppen sehr gefährlich wurde und auch einen Aufstand der bisher friedlichen Hottentoten zur Folge hatte. Die weiße Bevölkerung, durch Verweigerung der wiederholt erbetenen Verfassung gereizt, beteiligte sich sehr lau an der Verteidigung der Kolonie. Nur die energische Kriegführung des Generals Cathcart, der mit einem ansehnlichen Truppenkorps aus England herbeikam, brachte es dahin, daß mehrere Häuptlinge um Frieden baten, der 9. März 1853 mit ihnen abgeschlossen ward. Nach demselben sollte der Fluß Kai die Grenze zwi-^[folgende Seite]