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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kraniolog - Krankenhäuser.

Kraniolog (griech.), Schädelkundiger; Kraniologie, Schädellehre.

Kraniometrie (griech.), Schädelmessung.

Kranioskopie (griech.), Schädelbetrachtung.

Kraniostose (griech.), vorzeitige Verknöcherung der Nähte am Schädel.

Kraniotabes (griech.), Schädelerweichung, bei Wasseransammlung in den Gehirnhöhlen, bei abnormer Vergrößerung des Gehirns und im Verlauf der Rhachitis am Schädeldach von Kindern, führt zur Bildung dünner Stellen, welche, anstatt durch Knochen, nur durch eine bindegewebige Haut geschlossen sind.

Kranioten (Craniota), s. Wirbeltiere.

Krankenbett, s. Krankenpflege.

Krankengymnastik, s. v. w. Heilgymnastik.

Krankenhäuser Hospitäler, Lazarette, hierzu der Plan "Krankenhaus zu Stettin"), Gebäude, in welchem Kranke zu ihrer Heilung untergebracht werden. Die ältesten K., von denen die Geschichte meldet, sind einige Jahrhunderte vor Christo von buddhistischen Königen in Kaschmir und Ceylon erbaut worden. Im klassischen Altertum gab es keine K.; die im Krieg verwundeten Soldaten wurden gewöhnlich in ihren Zelten verpflegt, nur selten nahm sich die Privatwohlthätigkeit ihrer an, so daß die Geschichte der geordneten Krankenbehandlung in Europa erst im 4. oder 5. Jahrh. n. Chr. ihren Anfang nimmt. Zuerst scheint zwischen den christlichen Anstalten und jenen indischen Spitälern ein reger Verkehr bestanden zu haben, da die Schule der Nestorianer manchen berühmten Arzt aus dem Inderreich als Lehrer aufzuweisen hat; bald jedoch übernahmen die christlichen Gemeinden und später die geistlichen Orden selbständig und in vollem Umfang die Sorge für die humane Kulturaufgabe der Nächstenpflege. Das berühmteste Spital oder Xenodochium (eigentlich Herberge für Pilger und Fremde) ist die um 370 vom heil. Basilius, Bischof von Kappadokien, vor den Thoren von Cäsarea errichtete Basilias, welche außer Armenhäusern, Herbergen, Asylen für gefallene Mädchen auch eigentliche K. (Nosocomia) mit zahlreichen Ärzten, Wärtern und anderm Personal enthielt. Nach dem Vorbild der Basilias gründete Kaiser Alexios I. in Konstantinopel das Orphanotropheum, welches an 10,000 Hilfsbedürftige und Kranke beherbergte. Eine besondere Aufmerksamkeit erfuhren schon in den frühsten Zeiten des Christentums die Aussätzigen. Der Aussatz, die Große Krankheit oder auch wohl die Krankheit im allgemeinen genannt, war so verbreitet, daß die Kranken schon zum Schutz für die gesunden Bewohner in eignen Anstalten, Leproserien, untergebracht werden mußten, und es scheint, als seien diese Spitäler, deren in Deutschland die meisten dem heil. Georg geweiht waren, mehr zur Isolierung und zu religiösen Übungen als zu eigentlichen Heilzwecken bestimmt gewesen. Während der Kreuzzüge entstanden auch die ritterlichen Krankenpflegeorden, besonders die Johanniter und der Deutsche Orden, welche an vielen Orten Krankenanstalten errichteten.

Eins der ältesten Spitäler ist das Hôtel-Dieu in Paris, welches schon 829 erwähnt wird, dann das St. Bartholomew's Hospital in London (1102), ferner zahlreiche Heilige-Geist-K., welche vom Papst Innocenz III. ins Leben gerufen wurden, unter denen als Musteranstalt mit 1300 Betten das Hospital San Spirito in Rom zu nennen ist. Im spätern Mittelalter erlahmte dann der Eifer für die Krankenpflege, es wurden wenig neue K. gebaut, bis am Ende des 15. Jahrh. das Auftreten der Lustseuche dazu zwang, besondere Franzosenhäuser, auch Hiobshäuser oder Blatternhäuser genannt, zu errichten. Im allgemeinen zog sich aber das priesterliche Element von der Krankenpflege zurück und überließ diese der Wohlthätigkeit reicher Privaten, welche durch freiwillige Beiträge die Unkosten bestritten, wie es noch heutzutage in England vielfach üblich ist. Einen neuen Aufschwung nahm die Sorge für gute K. im vorigen Jahrhundert, als 1710 von Friedrich I. in Berlin die Charitee gegründet wurde, welcher das Friedrichsspital in Kopenhagen, dann 1784 das allgemeine Krankenhaus in Wien, die K. in Heidelberg, Mainz, Bamberg, Kassel, Dresden, Altona, Stralsund u. a. folgten. Gegenwärtig besitzt jede mittlere und große Stadt Deutschlands mindestens ein Krankenhaus, vielfach bestehen neben den allgemeinen Anstalten noch Speziallazarette für ansteckende Krankheiten, Kinder, Sieche, Entbindungsanstalten, Lazarette für eine Garnison, und je nach der Bevorzugung einzelner Konfessionen hat die Wohlthätigkeit hier und da noch ein jüdisches oder katholisches oder protestantisches Krankenhaus ins Leben gerufen.

K. sollen eine freie Lage haben, womöglich in einiger Entfernung von größern Städten, auf einer Anhöhe, nicht von Wald umgeben und so gelegen, daß die herrschenden Winde nicht von der Stadt herkommen. Der Untergrund muß trocken sein, der Grundwasserspiegel möglichst tief liegen, und gutes, reines Wasser in großer Menge muß leicht zu beschaffen sein. Ein großer Garten muß ausreichende Spaziergänge bieten und wird gegen die Außenwelt am besten durch eine Mauer abgeschlossen. Hinsichtlich der Bauart lassen sich im wesentlichen zwei Hauptbausysteme unterscheiden, deren erstes nach dem Prinzip der Zentralisation, deren zweites nach dem der Dezentralisation verfährt. 1) Alle K. der ältern Periode gehören dem Einheitssystem an. Sie enthalten einen großen, massiven Hauptbau, welcher die Verwaltungs- und Wohnräume, Küche und Waschanstalt im Souterrain, resp. Erdgeschoß beherbergt, während die Krankensäle im ersten und zweiten und eventuell auch im dritten Stockwerk belegen sind. An diesen Haupttrakt schließen sich bei größern Spitälern Flügel an, welche entweder in der Form eines an einer Seite offenen Vierecks ^[img] oder nicht selten in der Form eines ^[img] angelegt sind, wo dann der Mittelbau die Verwaltungsräume und kleinere Krankenzimmer enthält, während die langen Seitentrakte ausschließlich zu Krankensälen verbleiben. Diese bis in die Mitte unsers Jahrhunderts allein bekannten Einrichtungen gehören dem Korridorsystem an, d. h. es verläuft sowohl längs des Hauptgebäudes als auch längs der Flügel in jedem Stockwerk ein Korridor, von dem aus man in die einzelnen Gemächer gelangt, und zwar so, daß bei den ältesten Anstalten der Korridor in der Mitte, die Säle zu beiden Seiten liegen, während in den mehr modernen der Korridor längs der einen Fensterreihe sich hinzieht und die Eingänge dieser Seite gegenüberliegen. Für die Verwaltung bietet dieses System unstreitige Vorteile, ebenso gestattet es jede beliebige Größeneinteilung für die Krankenräume, eine zweckmäßige Verteilung der Wärterzimmer zwischen den Krankensälen u. dgl. m. Dagegen bringt die Anhäufung so vieler Menschen in einem Gebäude notwendig eine starke Luftverderbnis hervor, welche um so ungünstigere Grade annehmen muß, wenn der Dampf der Küche und des Waschraums ebenfalls aus dem Souterrain aufsteigt und sich in den Korridoren der überliegenden Stockwerke verbreitet. (In Amerika legt man deshalb Küche und Waschanstalt in das fünfte oder