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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Maräne; Maranhão; Marannen; Marañon; Marans; Maránsis; Maranta; Marantaceen; Marapha; Marasch; Maraschino

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Maräne - Maraschino.

Maräne, s. Renke.

Maranhão (spr. maranjāung), eine Küstenprovinz Brasiliens, welche durch die Flüsse Gurupy und Parnahyba von Pará und Piauhy getrennt wird, im Innern an Goyaz grenzt und ein Areal von 459,884 qkm (8352 QM.) hat. Das Küstengebiet bildet eine Fortsetzung der Amazonasebene, während sich im Innern zahlreiche Hügelketten aus buntem Sandstein erheben, welche die Wasserscheiden zwischen den Flüssen bilden und kaum die Höhe von 300 m überschreiten. Die Küstenebene und die Hügel sind dicht bewaldet, aber zwischen ihnen breiten sich ausgedehnte Campos aus, welche sich vorzüglich für die Viehzucht eignen würden, wenn allzu dürre Sommer nicht häufig Quellen und Bäche versiegen machten. Abgesehen von den Grenzflüssen, zu welchen auch der Tocantins auf eine Strecke von 320 km gehört, sind die bedeutendsten Gewässer der Itapicurú und der Mearim, die sich beide in die Bai von M. ergießen. Das Klima ist heiß und feucht, regenreich von Dezember bis Juni, während im Reste des Jahrs häufig Dürren herrschen. Die Zahl der Bewohner betrug 1885: 430,059, mit Einschluß von 50,000 Sklaven (1872: 74,939 Sklaven). Landbau bildet die Haupterwerbsquelle, doch hat die Produktion von Baumwolle und auch von Reis, Zucker, Tabak, Mais und Kakao in jüngerer Zeit in bedenklicher Weise abgenommen. Die auf den Campos gehaltenen Rinder und Pferde sind unansehnlich; besser gedeihen dort Ziegen. Die Wälder liefern außer Kautschuk noch Bauholz und andre Produkte. Gold wird in geringen Mengen gewonnen, und auch Eisen wird gefunden. Handel und Industrie konzentrieren sich in der Hauptstadt San Luis de M., einer ansehnlichen, gut gebauten Stadt auf einer Insel zwischen den Mündungen der Flüsse Itapicurú und Mearim, mit steilen Straßen, 10 öffentlichen Plätzen, 13 Kirchen, bischöflichem Palast, Krankenhaus, Gewerbeschule und 30,000 Einw. Die am Hafen liegenden Docks sind für Schiffe von 4,5 m Tiefgang zugänglich. Doch versandet der Hafen immer mehr. Fünf ausländische Gesellschaften (darunter auch eine deutsche) vermitteln den Verkehr mit Nordamerika und Europa, und während die Ausfuhr meist in den Händen von Engländern und Portugiesen liegt, machen sich Franzosen und Amerikaner bei der Einfuhr den Vorrang streitig. Im J. 1885 liefen 91 Schiffe von 74,593 Ton. Gehalt ein. Die Ausfuhr, welche sich 1863-64 noch auf 7,247,000 Milreis bezifferte, war 1879-80 auf 3,515,600 Milreis gefallen. Sie besteht vornehmlich aus Baumwolle, ferner aus Kautschuk, Häuten etc. Die Stadt ist Sitz eines deutschen Konsuls.

Marannen (Marranen, span. Marrános), die getauften, aber insgeheim ihrer Religion treu gebliebenen Juden und Mauren in Spanien. Das Wort soll entstanden sein aus maran atha (1. Kor. 16, 22), was wahrscheinlich hebräisch ist und (wie Anathema) "verflucht, verwünscht" bedeutet.

Marañon (spr. -njōn), der Amazonenstrom (s. d.) oberhalb Tabatinga.

Marans (spr. -āng), Stadt im franz. Departement Nieder-Charente, Arrondissement La Rochelle, an der Sèvre Niortaise und der Eisenbahn Nantes-Bordeaux, mit einem Hafen, welcher durch einen Schiffahrtskanal mit dem Hafen von La Rochelle in Verbindung steht, hat (1881) 3423 Einw., bedeutenden Getreidehandel, Niederlagen von Schiffbauholz, Mühlen, Zement- und Korbwarenfabrikation.

Maránsis (griech.), das Welkwerden, Welkmachen; marantisch, welk, welk machend.

Maranta L. (Pfeilwurz), Gattung aus der Familie der Marantaceen, perennierende Kräuter mit meist ästigen, knotig gegliederten Stengeln, oblongen oder eiförmigen Blättern, rispigen, flatterig ausgebreiteten bis ährig zusammengezogenen Blütenständen und häutiger, einsamiger Kapsel. Etwa 40 Arten, fast ausschließlich im warmen Amerika. M. arundinacea L. (M. indica Tussac, s. Tafel "Nahrungspflanzen I"), mit langem, fingerdickem, fast walzigem, gegliedertem, weißem Wurzelstock, aufrechtem, 1,5 m hohem, meist vom Grund an gabelästigem, schwach flaumigem Stengel, spitz elliptischen, beiderseits zart flaumigen Blättern und weißen Blüten, stammt aus Westindien und dem nördlichen Südamerika und wird dort, in West- und Südafrika, auf Ceylon, in Ostindien, auf Java, den Philippinen, am meisten auf den Bermudasinseln kultiviert. Der frische Wurzelstock ist sehr scharf und dient als Heilmittel bei Verwundungen mit vergifteten Pfeilen, besonders aber zur Gewinnung von Stärkemehl, welches als Arrowroot (s. d.) in den Handel kommt. Ähnlich wird M. nobilis Moore in Neusüdwales kultiviert. Auch andre Arten liefern Stärkemehl, und viele werden bei uns als Warmhauspflanzen kultiviert; manche, wie M. zebrina Sims., mit großen, dunkelgrün gestreiften, auf der Unterseite violetten Blättern, halten sich auch im Zimmer. Alle verlangen ein feuchtheißes Klima und kommen auf Madeira nicht mehr zur Blüte.

Marantaceen (Kannaceen), monokotyle Familie aus der Ordnung der Scitamineen, Stauden mit großen, scheidigen, fiedernervigen Blättern und asymmetrischen, oft lebhaft gefärbten Blüten von merkwürdigem Bau. Letztere besitzen einen dreigliederigen Kelch, drei mehr oder weniger verwachsene Blumenblätter, welche eine wechselnde Zahl von korollinisch gefärbten, unter sich und mit der Kronenröhre teilweise verwachsenen Blättchen einschließen; eins derselben trägt an seinem Rand eine einfächerige, gleichsam halbierte Anthere, ein andres, dem ersten schräg gegenüberstehendes, das sogen. Labellum, rollt sich in der offenen Blüte rückwärts ein oder hat eine kapuzenförmige Gestalt; der Griffel ist blattartig verbreitert oder cylindrisch, der unterständige Fruchtknoten hat drei Fächer und entwickelt sich zu einer Kapsel oder Beere, die Samen enthalten Perisperm und einen geraden oder gekrümmten Keimling. Vgl. Körnicke, Monographiae Marantacearum prodromus (Mosk. 1859-62); Eichler, Über den Blütenbau von Canna ("Botanische Zeitung" 1873). - Die ca. 180 Arten der Familie sind vorzugsweise im tropischen und subtropischen Amerika einheimisch. Maranta arundinacea L. enthält in ihren Rhizomen Stärkemehl (Arrowroot). Viele Arten werden als Zierpflanzen kultiviert. Fossil sind wenige Arten von Cannophyllites Bgt. in der Kreide und in Tertiärschichten sowie von Scitaminophyton Mass. nur im Tertiär gefunden worden.

Marapha, ägypt. Wegmaß, s. Malackah.

Marasch, Stadt, s. Merasch.

Maraschino (spr. -skīno), alkoholisches Getränk, welches man aus einer besondern Art saurer Kirschen (Marasche), die vorzugsweise in Dalmatien kultiviert werden, gewinnt. Die besten Kirschen gedeihen bei Spalato. Halbreif werden sie von dort nach Zara gebracht und zunächst entkernt (Kirschen mit Kernen liefern den Rosoglio di ossa di Marasche); das Kirschfleisch wird dann in Bottichen einer mehrtägigen Gärung unterworfen, worauf man dem so erhaltenen Vino di Marasche etwas gestampfte stiellose Blätter des Maraschenbaums und 10 Proz. Traubenwein zu-^[folgende Seite]