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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Marīa

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Maria (biblische Personen. Fürstinnen).

Tage lang himmlische Musik und fanden, als sie den Leichnam dem Thomas zeigen wollten, der bei dem Begräbnis gefehlt, statt des Körpers nur Lilien vor. Die daraus gezogene Folgerung, daß M. zum Himmel aufgefahren, ist wesentlich unter dem Einfluß der Kunst dogmatisiert worden. Die Kirche selbst hat sich dogmatisch mit M. besonders seit dem von Nestorius angeregten Streit beschäftigt. Daraus ging als siegreich die Ansicht hervor, daß M. ohne Schmerzen und menschliche Beihilfe geboren und das Siegel der Jungfrauschaft sich erhalten habe, übrigens Gottesgebärerin (Theotokos) zu nennen sei. Insonderheit wurde die Meinung, daß M. nach Jesu noch andre Kinder geboren habe, verworfen und die Partei der Antidikomarianiten, d. h. Widersacher der M., welche dieses im Anschluß an die Schrift (Mark. 6, 3) behaupteten, heftig bekämpft. Die katholische Kirche hält an beiden Sätzen, daß M. eine reine Jungfrau geblieben und Gott geboren habe, fest; ihre irdische Erscheinung verklärt sie zu dem Ideal aller weiblichen Vollkommenheit, "in sich einend, was die Natur ewig getrennt hat". Auch die protestantische Orthodoxie hält den Vordersatz fest, daß M. den Herrn als Jungfrau geboren, und schreibt ihr damit sachlich eine durchaus singuläre Stellung innerhalb der Menschheit zu. Die Folgerungen aber hat bloß die katholische Kirche gezogen. Als die ewig reine Jungfrau nimmt hier M. unter allen Heiligen die erste Stelle ein; sie ist die Königin des Himmels und die mächtigste Fürsprecherin bei Gott, an die sich vorzüglich das Gebet der Gläubigen (Ave M., der Rosenkranz, die Tagzeiten der seligen Jungfrau M. und die Lauretanische Litanei) wendet. Sie wurde Schutzpatronin vieler Länder, Städte und Vereine; man widmete ihr eine Menge Feste (s. Marienfeste) und weihte ihr in den Klöstern ein Offizium, das aus den Lobgesängen auf M. hervorging, dann aber von Urban II. auf der Kirchenversammlung zu Clermont (1095) für die Kirche gesetzlich gemacht wurde. Seitdem nannten sich zahlreiche Mönchs- und Nonnenorden, wie die Karmeliter, Serviten, Salesianerinnen und alle Orden Unsrer Lieben Frau, nach ihr, und ihre Verehrung nahm die Gestalt eines ritterlichen Frauendienstes an. Die Kirchenlehrer stellten für sie ein Psalterium minus und majus und die Biblia Mariana auf; ja, sie meinten selbst, daß "Gott der Vater M. minnete". Um diese und andre Abenteuerlichkeiten dogmatisch zu begründen, ließ man der M. eine höhere Stufe des Dienstes (Hyperdulia) zukommen als den übrigen Heiligen, deren Dienst man Dulia nannte. Endlich fand man, daß M. nicht nur selbst sündlos, sondern auch unsündlich empfangen sei (unbefleckte Empfängnis). Daß die Bilder der M. eine wunderthätige Kraft haben, ward schon früh in der griechischen und römisch-katholischen Kirche angenommen, und noch jetzt stehen zahlreiche Marienbilder in großem Ruf. Die christliche Kunst hat das Leben, die Person und die Würde der M. als Mutter Gottes in Poesie, Malerei und Plastik vielfach zu verherrlichen gesucht. Über die künstlerischen Darstellungen s. Madonnenbilder. Vgl. Genthe, Die Jungfrau M., ihre Evangelien und ihre Wunder (Halle 1852); Frantz, Versuch einer Geschichte des Marien- und Annenkultus (Halberst. 1854); Hasenclever, M., die Mutter Jesu, in Geschichte und Kunst (Karlsr. 1876); Lehner, Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten (Stuttg. 1881); Gayer, M., ihre Stellung im Reiche Jesu Christi (Regensb. 1886).

2) M. Magdalena ("M. aus Magdala") schloß sich Jesu an, als dieser sieben Dämonen von ihr ausgetrieben (Luk. 8, 2). Die spätere Sage läßt sie nach Rom reisen, in Gallien das Evangelium verkündigen und in Ephesos den Märtyrertod erleiden. Die katholische Kirche identifiziert sie mit der Büßerin, welche nach Luk. 7, 36 Jesu in Simons Haus die Füße salbte, und feiert ihr Gedächtnis 22. Juli. Die bildende Kunst stellt sie gewöhnlich mit dem Salbgefäß dar, bei der Kreuzigung Christi den Stamm des Kreuzes umfassend, bei der Grablegung wehklagend, unter den drei Marien am Grab Christi, mit Christus, der ihr als Gärtner erscheint, und als Büßerin in der Wüste. Letztere Darstellungen waren bei den Malern besonders beliebt (Correggio, Tizian, Rubens, van Dyck, Batoni). Auch in den geistlichen Schauspielen des Mittelalters spielte sie eine nicht geringere Rolle als das "Magdalenentum" in der modernsten Litteratur. Wohlthätig wirkt dagegen ihr Andenken noch in dem der Rettung gefallener Frauen gewidmeten "Magdalenenwerk" der innern Mission.

Marīa, Name zahlreicher fürstlicher Personen:

Übersicht nach den Ländern:

Römisch deutsche Kaiserin 1.

Bayern 2.

Burgund 3.

England 4, 5.

Etrurien 6.

Frankreich 7-11.

Neapel 12, 13.

Portugal 14.

Schottland 15, 16.

Spanien 17-19.

Ungarn 20, 21.

Württemberg 22.

1) M. Theresia, röm.-deutsche Kaiserin, Königin von Ungarn und Böhmen und Erzherzogin von Österreich, geb. 13. Mai 1717 zu Wien als die älteste Tochter Kaiser Karls VI., war von Natur körperlich und geistig reich ausgestattet, erhielt zwar eine ziemlich oberflächliche Erziehung, bewahrte sich jedoch einen frommen weiblichen Sinn. 1736 vermählte sie sich mit dem Großherzog von Toscana, Franz Stephan von Lothringen, der am kaiserlichen Hof erzogen worden war. Kaum hatte sie zufolge der von ihrem Vater aufgestellten und anfangs von allen europäischen Höfen anerkannten Pragmatischen Sanktion nach dem am 20. Okt. 1740 erfolgten Ableben ihres Vaters den Thron von Ungarn, Böhmen und Österreich bestiegen, ihren Gemahl zum Mitregenten ernennend, so erhob der von der ältesten Tochter Kaiser Ferdinands I. abstammende Karl Albert, Kurfürst von Bayern, Ansprüche auf die österreichischen Erbstaaten und fand bei Frankreich, Spanien und andern Mächten Unterstützung. Friedrich II. von Preußen wollte gleichfalls die günstige Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, die Erbansprüche seines Hauses auf die schlesischen Fürstentümer geltend zu machen, fiel, als M. Theresia die freiwillige Abtretung eines Teils von Schlesien gegen das Versprechen seines Beistandes wider ihre übrigen Feinde mit Entrüstung ablehnte, 16. Dez. 1740 in Schlesien ein und bemächtigte sich in kurzer Zeit des wehrlosen Landes, während 1741 ein französisch-bayrisches Heer in Österreich und Böhmen einrückte und die Spanier sich der österreichischen Besitzungen in Italien bemächtigten (s. Österreichischer Erbfolgekrieg). Dazu kam noch, daß die Finanzen Österreichs zerrüttet, das Volk mißvergnügt, das Heer schwach und auf die verschiedensten Kriegsschauplätze verteilt war; auch fehlte es der jungen unerfahrenen Königin an erfahrenen und tüchtigen Staatsmännern und Feldherren. In ihrer Not wandte sich M. Theresia an die Ungarn. Mit ihrem jungen Sohn Joseph auf dem Arm erschien sie in der Versammlung der ungarischen Magnaten und erregte eine solche Begeisterung, daß dieselben bald ein bedeutendes Heer aufbrachten, welches, mit den Tirolern vereint, ganz