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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Mastkur - Masulipatam.

Mastkur, Heilverfahren, welches in einer durch überreichliche Zufuhr von Nahrungsmitteln herbeigeführten Überernährung besteht. Dujardin-Beaumetz und Debove wandten die M. zuerst gegen Schwindsucht an, indem sie den Kranken, welche wegen völliger Appetitlosigkeit jede Nahrungsaufnahme verweigerten, mittels Schlundsonde den Magen ausspülten, dann 3-4 Löffel Leberthran, 3 Löffel Pepton und nun ein Gemisch von etwa 200 g rohem Fleisch, 4-6 ganzen Eiern und 0,75 Lit. Milch beibrachten. Mosler ließ die Patienten einen Brei aus (25-300 g steigend) Fleischpulver (aus fein gehacktem und über Feuer auf einer Blechplatte getrocknetem Rindfleisch bereitet), Milch oder Bouillon und Eiern freiwillig verzehren. Es wurde eine erhebliche Besserung des örtlichen Leidens und eine Gewichtszunahme von 5-22 Pfund während mehrwöchentlicher Dauer der M. erzielt. Es bedarf aber genauer Auswahl der Fälle und ärztlicher Überwachung, wenn durch die M. Heilungen gewonnen und schwere Nachteile vermieden werden sollen. Auch die Weir Mitchell-Playfairsche Kur bezweckt eine Mästung und wird vorzugsweise gegen hohe Grade von Nervenschwäche bei körperlich erschöpften Personen, besonders Frauen, angewandt: die Kranken werden dabei von ihrer Familie getrennt, sie müssen anfangs dauernd das Bett hüten, später dürfen sie täglich zweimal 15-20 Minuten aufstehen, in der 6.-12. Woche bleiben sie 3-5 Stunden außer dem Bette. Daneben sucht man durch Kneten das Nervensystem anzuregen. Den Kernpunkt der Ernährung bildet eine Milchkur, man beginnt mit zweistündig 40 Unzen, welche die ausschließliche Nahrung bilden, steigert dann die Menge der Milch und schiebt feste Nahrung ein, so daß nach zehn Tagen neben drei vollen Mahlzeiten 3-4 Lit. Milch täglich getrunken werden. Später werden noch Malzextrakt und beef-tea hinzugefügt. Die Kur ist sehr langwierig und kostspielig, ihr Erfolg nach bisherigen Erfahrungen vortrefflich. Vgl. Playfair, Die systematische Behandlung der Nervosität und Hysterie (deutsch, Berl. 1883).

Mästlin (Moestlin), Michael, Mathematiker und Astronom, Lehrer Keplers, geb. 30. Sept. 1550 zu Göppingen, studierte in Tübingen Theologie und bei dem jüngern Apianus Mathematik, wurde, nachdem er eine Reise nach Italien gemacht, 1576 Prediger in Baknang ^[richtig: Backnang] im Württembergischen, 1580 Professor der Mathematik in Heidelberg und endlich an Apianus' Stelle Professor der Mathematik in Tübingen, wo er 20. Dez. 1630 starb. Obwohl verpflichtet, das Ptolemäische System in seinen astronomischen Vorträgen zu lehren, war er doch einer der eifrigsten Verteidiger der Kopernikanischen Lehre und hat Galilei und Kepler für dieselbe gewonnen. Er war ein guter Beobachter und schrieb über den neuen Stern von 1572, Ephemeriden, über Sonnenuhren, Kometen, Trigonometrie u. a. Sein Briefwechsel mit Kepler wurde von Frisch herausgegeben.

Mastnutzung im Wald, Nutzung von Walderzeugnissen zur Mästung von Schweinen. Man unterscheidet Baummast (Obermast) und Erdmast (Untermast). Zur Baummast gehören die vom Schwein verzehrten Waldfrüchte, namentlich Eicheln und Bucheln, sodann Wildobst, Roßkastanien etc. Die Erdmast besteht in Larven und Puppen von Insekten, in Würmern, andern in und an der Erde lebenden Tieren, in Schwämmen und Wurzeln. Vorzeiten bildete die M. die Hauptnutzung, die Holznutzung eine Nebennutzung des Waldes. Seit Einführung des Kartoffelbaues hat die M. ihre Bedeutung fast ganz eingebüßt.

Mastŏdon (Zitzenzahn, Ohiotier, Mastodon Cuv.), dem Elefanten an Alter vorangehendes, der jüngern Tertiärzeit angehöriges, in Amerika aber zur Diluvialzeit noch mit jenem zugleich auftretendes Geschlecht der Rüsseltiere. Das M. ist vom Elefanten durch die höckerförmigen Backenzähne unterschieden (s. Tafel "Tertiärformation II."); die Stoßzähne sind aber ganz ähnlich, ebenso wie die Gestalt, der Knochenbau und unbedingt auch die Lebensweise. Man kennt bereits gegen zehn Arten aus Europa, Nord- und Südamerika und Indien. Namentlich in Amerika hat man viele Reste des M. gefunden, sie sind auch den Indianern bekannt, welche sie "Väter der Ochsen" nennen und annehmen, daß sie mit Menschen von entsprechender Größe zusammengelebt haben. Nächst verwandt ist noch das zu derselben Ordnung gehörige Dinotherium (s. d.).

Mastodonsaurĭer, s. Labyrinthodonten.

Mastodynīe (griech.), neuralgischer Schmerz in der Brustdrüse.

Mastricht, Stadt, s. Maastricht.

Mästung, s. Mast.

Mastupration (Masturbation, lat.), s. v. w. Onanie.

Masuccio (spr. -úttscho), Tommaso Guadato, ital. Schriftsteller, aus Salerno gebürtig, lebte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. am aragonischen Fürstenhof zu Neapel und ist berühmt als Verfasser des "Novellino" (Neap. 1476, Mail. 1483, Vened. 1484 u. 1492), einer Sammlung von 50 Novellen, die, ein Seitenstück von Boccaccios "Decamerone", lebenswahre, oft verwegene Sittengemälde aus der damaligen Gesellschaft enthalten und daher dem Forscher für italienische Kunst, Sitte und Lokalgeschichte des 14. und 15. Jahrh. eine unschätzbare Quelle darbieten. Das der schönen und gelehrten Hippolyta von Aragonien gewidmete, jetzt sehr selten gewordene Buch erschien neuerdings als 1. Band von Settembrinis "Biblioteca napolitana" (Neap. 1874).

Masûdi, Ali Abul Hassan, berühmter arab. Schriftsteller, geboren zu Bagdad gegen Ende des 9. Jahrh., erwarb sich auf Reisen in Asien und Nordafrika ausgebreitete Kenntnisse, namentlich in Bezug auf das morgen- und abendländische Altertum, und starb 956 in Ägypten. Sein Hauptwerk ist "Akhbar alzeman", aus dem er selbst einen Auszug: "Morudschalzeheb" ("Die goldenen Wiesen", engl. von Sprenger, Lond. 1841, 2 Bde.; franz. mit dem Originaltext von Barbier de Meynard und Pavet de Courteille, Par. 1861-74, 8 Bde.), veranstaltete. Dasselbe bildet eine reiche Fundgrube für die Geographie, Kultur und Geschichte des Orients.

Masulipatam, Hafenstadt der britisch-ind. Präsidentschaft Madras, an dem nördlichen Hauptarm der Kistna, mit (1881) 35,056 Einw., besteht eigentlich aus zwei Städten: Matschlipatnam, 5 km von der Reede, und Matschlibandar oder gewöhnlicher Bandar (der offizielle Name für die ganze Stadt), dem Hafen. Derselbe ist jetzt verschlammt, die Schiffer ziehen deshalb das nördlichere Kokonada vor, und der Verkehr geht immer mehr zurück. Ausgeführt werden Baumwollzeuge, die früher wegen ihrer schönen Farben berühmt waren, jetzt aber durch europäische Fabrikate verdrängt sind. M. ist Mittelpunkt der christlichen Missionen unter den Telugu. Hier errichteten die Engländer 1611 ihre erste Faktorei, 1660 und 1669 ließen sich Holländer und Franzosen nieder, seit 1765 gehört M. den Engländern. Die Stadt ist mehrmals durch Cyklone heimgesucht worden, zuletzt 1864, wo 30,000 Menschen umkamen.