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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mexiko

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Mexiko (Bundesrepublik: Geschichte).

und Gegnern, welch letztere das Übergewicht behielten, auch als er selbst zurückgekehrt war (20. Febr. 1837); der aus Frankreich zurückgekehrte Bustamente ward zum Präsidenten erwählt (25. Febr.).

Infolge der Beeinträchtigungen und Gewaltthätigkeiten, welche französische Bürger in M. erfuhren, erklärte Frankreich 1838 an M. den Krieg, und im Oktober erschien im Mexikanischen Meerbusen ein französisches Geschwader unter Admiral Baudin, das 27. Nov. das Fort San Juan d'Ulloa beschoß und 28. Nov. durch Kapitulation nahm. Erst 9. März 1839 kam unter britischer Vermittelung ein Friede zu stande, nach welchem M. an Frankreich eine Entschädigung von 600,000 Piaster leisten mußte. Nachdem unaufhörlich die Präsidenten gewechselt hatten, obwohl 1835 ihre Amtsdauer auf acht Jahre festgesetzt worden war, machte sich im Oktober 1841 Santa Anna zum Diktator, indem er die sogen. Bases acordados en Tacubaya entwarf, welche die unumschränkte Gewalt in seine Hände legten. Doch durch neue Pronunciamientos seiner Generale ward auch Santa Anna wieder gestürzt, und man kehrte in der 12. Juni 1844 gegebenen Konstitution wieder zur alten Form der Regierung zurück, die nacheinander von Santa Anna, Canalizo und Herrera als konstitutionellen und interimistischen Präsidenten geführt ward.

Unter Herrera brach 1846 der Krieg mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika wegen Texas aus, worauf 1. Okt. Santa Anna zum Generalissimus der mexikanischen Armee ernannt wurde. Nachdem die Amerikaner die nördlichen Provinzen Mexikos, ohne großen Widerstand zu finden, erobert hatten, landete 9. März 1847 die Hauptarmee der Amerikaner unter dem Oberbefehlshaber, General Scott, bei Veracruz, besetzte nach dreitägigem Bombardement diese Stadt und das Fort Ulloa und trat 8. April, 10-12,000 Mann stark, den Marsch gegen die Hauptstadt an. Santa Anna stellte sich ihm bei Cerro Gordo entgegen, erlitt aber eine Niederlage, und Scott zog nun ungehindert in Jalapa, Perote und Puebla ein und eroberte nach den Gefechten von San Antonio, Contreras und San Mateo de Churubusco (17.-19. Aug.), nach der Erstürmung von Casa Mata und El Molino del Rey (8. Sept.) und des Forts von Chapultepec (13. Sept.) 14. Sept. in 14stündigem Kampf die von Santa Anna tapfer verteidigte Hauptstadt. Dieser zog sich nach Guadalupe Hidalgo zurück, erklärte Queretaro zum Regierungssitz, berief einen Kongreß hierher und legte die Präsidentenwürde in die Hände Peña y Peñas nieder. Noch einmal wagte er bei Puebla einen ebenfalls unglücklichen Angriff gegen die nordamerikanischen Truppen, nahm sodann 1. Febr. 1848 seine Entlassung und schiffte sich Anfang April nach Jamaica ein. Am 2. Febr. kam zu Guadalupe Hidalgo ein Friedensvertrag zu stande, welcher, von dem mexikanischen Kongreß zu Queretaro unter dem Vorsitz des wieder zum Präsidenten ernannten Generals Herrera 29. Mai 1848 ratifiziert, von der Republik M. die jenseit des Rio Grande del Norte gelegenen und nun zu Texas geschlagenen Teile der Staaten Tamaulipas, Cohahuila und Chihuahua sowie Neumexiko und Neukalifornien, im ganzen über 1½ Mill. qkm oder die Hälfte des mexikanischen Gebiets, abtrennte, wogegen die Union 15 Mill. Doll. an M. zahlte. Im Juli verließen die amerikanischen Truppen die Hauptstadt.

Um die allgemein für notwendig erachteten Reformen durchzuführen, ward Santa Anna 17. März 1853 zum Präsidenten mit diktatorischer Gewalt erwählt. Er entwickelte sogleich eine gewaltige Thätigkeit und schonungslose Energie. Am 22. April 1853 veröffentlichte er seine "Grundzüge für die Verwaltung der Republik bis zur öffentlichen Bekanntmachung der Verfassung". Er stellte sich einen Staatsrat von 20 Mitgliedern zur Seite, richtete statt des Bundessystems wieder eine zentralisierte Regierung ein, ergriff strenge Maßregeln gegen die Presse, führte eine regelmäßige Rekrutierung ein, erließ ein lästiges Zollgesetz und dekretierte die Zulassung des Jesuitenordens. Äußerlich wenigstens blieb die Ruhe gewahrt; ja, Santa Anna ward vom Senat 16. Dez. mit lebenslänglicher Diktatur bekleidet und ihm zugleich der Titel Altezza serenissima beigelegt. Durch einen Vertrag mit der nordamerikanischen Union (den sogen. Gadsden-Vertrag), kraft dessen M. das streitige Mecillathal im mexikanischen Staat Chihuahua den Vereinigten Staaten überließ, erwarb Santa Anna für den Staatsschatz 10 Mill. Doll. Indes riefen seine harten Maßregeln im Land eine dumpfe Gärung hervor. Die Regierung versuchte zwar durch Verbannung oder Verhaftung einflußreicher Persönlichkeiten den nahenden Sturm zu beschwichtigen; doch kam es schon in mehreren Gegenden zu offenen Aufständen, deren bedeutsamster der des Mulattengenerals Alvarez, des "Panthers des Südens", war, der 22. Jan. 1855 in Acapulco ein Pronunciamiento erhob. Wiederholt von den Aufständischen geschlagen, verließ Santa Anna 9. Aug. die Hauptstadt, legte dann in einer Proklamation vom 12. Aug. die Regierung nieder und schiffte sich 19. Aug. nach Havana ein. Eine Versammlung in Cuernavaca wählte Alvarez zum Präsidenten. Da dieser aber die "Fueros" (Vorrechte) der Geistlichkeit und der Armee aufhob, entstand wieder eine Verschwörung, und infolge derselben trat er die Regierung 10. Dez. an den General Comonfort ab, den 36. Präsidenten innerhalb 40 Jahren, den fünften innerhalb vier Monaten.

Comonfort, gemäßigten Grundsätzen huldigend, hatte sowohl mit Aufständen der Klerikalen wie der Radikalen (Puros) zu kämpfen. Trotzdem gelang es ihm, sich zu behaupten und liberale Reformen zu beginnen. Von besonderer Wichtigkeit war das 28. Juni 1856 publizierte Gesetz, wonach der Klerus fortan kein Grundeigentum besitzen sollte; der Kaufpreis für dasselbe sollte entweder bar oder in 6proz. Renten der Kirche übergeben werden, und die Regierung beanspruchte davon bloß 5 Proz., wobei sie 15 Mill. Doll. für ihren Schatz zu erhalten hoffte. Zugleich ward im ganzen Staat Gewissensfreiheit gewährleistet, die Jesuiten wurden aus dem Land gewiesen und die Häfen Einwanderern geöffnet. Die Regierung ermangelte jedoch der hinreichenden Kraft zur Durchführung dieser Beschlüsse. Als 11. März 1857 die neue, durchaus radikale Verfassung beschworen werden sollte, verweigerte die Geistlichkeit die üblichen Zeremonien, und der Erzbischof von Mexiko versagte allen, welche den Eid auf die Verfassung leisten würden, die Absolution, daher die meisten Beamten und mehrere Generale ihn verweigerten. General Zuloaga erklärte sich gegen Comonfort und ward 11. Jan. 1858 in der Stadt M. vom Heer zum obersten Befehlshaber erhoben; es kam zu einem siebentägigen Kampf, infolge dessen Comonfort Mexiko nach tapferer Verteidigung verlassen mußte. Am 22. Jan. ward hierauf General Zuloaga zum interimistischen Präsidenten ernannt. Hiermit war der Sieg der Konservativen zwar in der Hauptstadt entschieden, allein in den Provinzen erhob sich die radikale Partei. Der Vizepräsident Juarez stellte sich an die Spitze derselben und richtete eine Regie-^[folgende Seite]