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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mühlenbecher

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Mühlen (Geschichtliches) - Mühlenbecher.

Die M. der Neuzeit zeichnen sich besonders noch dadurch aus, daß der Transport des Getreides zu den Reinigungsmaschinen, den Schälmaschinen und Spitzgängen, von diesen zu den Mahlgängen, Sortiermaschinen etc. durch mechanische Vorrichtungen, die sogen. Elevatoren oder Eimerwerke, in vertikaler und Transportschrauben in horizontaler Richtung verrichtet wird, so daß nach Ingangsetzung der Mühle mit den entsprechenden Geschwindigkeiten an den einzelnen Maschinen die sämtlichen Arbeiten automatisch vor sich gehen. Die umstehende Durchschnittsskizze einer solchen sogen. Kunstmühle zum Vermahlen von Dinkel zeigt den zum automatischen Betrieb erforderlichen Zusammenhang. Auch zum Einstampfen des Mehls in die Säcke und Fässer benutzt man dann Mehlpackmaschinen.

Häufig kommen in M. Brände ohne direkt wahrnehmbare Veranlassung vor. Eine Erklärung gibt die Untersuchung von Weber, nach welcher in der Luft suspendierter Mehlstaub unter gewissen Umständen durch eine Flamme oder glühende Körper explosionsartig zur Entzündung gebracht werden kann.

Geschichtliches.

Die Erfindung der Mehlbereitung und der M. wird von Plinius nach der attischen und sizilischen Sage der Demeter (Ceres), nach der dorischen dem Leleger Myles in Alesiä (Mahlstadt) zugeschrieben. Nach andern Sagen war ein Telchine, Mylas, der Erfinder, der in Kamiros ein Heiligtum der Mahlgötter errichtete und selbst als Erfinder des Mühlsteins verehrt wurde. Von dem hohen Alter der Erfindung zeugt der Umstand, daß Zeus auch den Beinamen der "Müller" (myleus) hatte. Alte ägyptische Wandgemälde zeigen Mörser und Siebe und die Bereitung des Mehls mit Hilfe derselben. Die Indianer zu Monterey und die Nubier zerreiben die Getreidekörner zwischen zwei kleinen, mit der Hand geführten Steinen, und auf ähnliche Weise dürfte man zur Anwendung der Mühlsteine geführt worden sein. Im Norden sind die ältesten, der Steinzeit angehörigen Handmühlen größere, trogförmig ausgehöhlte Granitblöcke, sogen. Riesenhacken, in denen die Körner mit einem kleinern kugeligen Stein zerrieben oder zerquetscht wurden. Alsdann finden sich, in Ungarn z. B., auch in der Steinzeit flache Steine, zwischen denen die Körner zerrieben wurden. Solche wurden in der frühern Metallzeit auch im Norden gefunden, in der Mark Brandenburg und Sachsen z. B., mit einem der Form nach an einen Kommißbrotlaib erinnernden Oberstein. Mahlmühlen mit zwei Steinen erwähnen Moses und Homer, doch sind die Steine solcher alter M. sehr klein gewesen; bei Abbeville ausgegrabene hatten nur einen Durchmesser von 30 cm. Derartige M. haben sich im Orient und in China bis heute erhalten. In Pompeji hat man anders gestaltete M. ausgegraben (s. Abbildung). Der untere Stein von 1,5 m Durchmesser trägt auf einem emporragenden Kegel, dessen Spitze mit einem eisernen Zapfen gekrönt ist, den obern Stein, welcher einer Sanduhr gleicht, indem er zwei glockenförmige Höhlungen besitzt, welche mit ihren Spitzen in der Mitte des Steins zusammenstoßen. An der offenen Verbindungsstelle der Glockenscheitel ist ein stegartiges Eisen befestigt mit einer Öffnung in der Mitte zur Aufnahme des Zapfens des Untersteins. Das Getreide wurde in die obere Glocke geschüttet und der Oberstein durch Hebel gedreht. Bei Anwendung schwererer Mühlsteine benutzte man zum Betrieb Pferde, Esel oder Rinder. Vitruv beschreibt zuerst durch unterschlächtige Wasserräder betriebene M., die unsern altdeutschen ähnlich gewesen zu sein scheinen. Diese M. haben sich jedenfalls bald über ganz Europa verbreitet. In Holland erbaute man die erste Windmühle 1439. Jahrhundertelang ist dann das Mühlwesen auf der alten Stufe stehen geblieben, bis von Amerika her ein mächtiger Anstoß erfolgte. Dort bestanden bereits im Anfang dieses Jahrhunderts in Pennsylvanien und am Mississippi Hunderte von M., die alles weit übertrafen, was bis dahin die deutsche Müllerei geleistet hatte. In England wurde 1784 die erste mit entschiedenem Erfolg arbeitende Dampfmahlmühle in London errichtet. 1826 kam die erste verbesserte Dampfmühle nach Frankreich, und 1825 arbeiteten bereits in Magdeburg, Eupen und Berlin nach amerikanischem Prinzip gebaute M. mit Dampfbetrieb. Mit dem Ende der 40er Jahre waren die verbesserten amerikanisch-englischen M. vollständig über Deutschland verbreitet. 1834 wandte Sulzberger nach dem versuchsweisen Vorgang andrer eiserne Walzen statt der Mühlsteine an. Vgl. Wiebe, Die Mahlmühlen, eine Darstellung des Baues und Betriebs der gebräuchlichsten M. (Stuttg. 1861); Benoît, Guide du meunier et du constructeur de moulins (Par. 1863); Fairbairn, Treatise on mills and mill-work (4. Aufl., Lond. 1878); Haase, Die praktische Müllerei (5. Aufl., Bresl. 1885); Neumann, Der Mahlmühlenbetrieb (2. Aufl., Weim. 1885); Derselbe, Die Windmühlen (das. 1863); Lohmann-Krüdener, Wassermahlmühlenbau (3. Aufl., das. 1883); Meißner, Die Walzenmüllerei (Jena 1881); Kunis, Die Praxis des Mühlenbetriebs (Lpz. 1884-85, 2 Bde.); Rühlmann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. 2, 1. Hälfte (2. Aufl., Braunschw. 1876); Anton, Illustrierte Encyklopädie für Müller, Mühlen- und Maschinenbauer (2. Aufl., Leipz. 1871); Kick, Mehlfabrikation (2. Aufl., das. 1878); Derselbe, Neueste Fortschritte in der Mehlfabrikation (das. 1883). Zeitschrift: "Die Mühle" (redigiert von Kunis, Leipz., seit 1864).

^[Abb.: Mahlmühle aus Pompeji (a Durchschnitt).]

Mühlenbecher (holländ. Molenbeker), eine seit dem 16. Jahrh. in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden vorkommende Spielerei in Form eines

^[Abb.: Mühlenbecher.]