Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

465

Orvieto - Osagen.

am Rand einer Salzebene, in der Nähe des Desaguadero, hat Gold-, Silber- und Zinngruben und 6844 Einw. O. wurde 1590 gegründet und soll im 17. Jahrh. 70,000 Einw. gehabt haben.

Orviēto (Urbs vetus, an der Stelle des alten, 280 v. Chr. zerstörten Volsinii, s. d.), Kreishauptstadt in der ital. Provinz Perugia, liegt malerisch auf der Höhe eines isolierten Tuffhügels an der Eisenbahn von Florenz nach Rom und ist besonders durch seine Kathedrale berühmt. Ihr Bau wurde 1290 (von Lorenzo Maitani aus Siena) begonnen und bis 1580 fortgesetzt. Die Fassade ist eins der herrlichen Werke gotischer Baukunst. Nach den drei Schiffen gegliedert, mit drei zart profilierten Portalen versehen (die seitlichen mit Spitzbogen, das mittlere mit Rundbogen, alles aus weißem Marmor), steigt sie, von einer horizontalen zierlichen Arkadengalerie durchzogen und mit einer prächtigen Rose im mittlern Oberbau geschmückt, in die Höhe und läuft in einen weit aufragenden Mittelgiebel, zwei kleinere Seitengiebel und in vier Strebetürme aus. An der Fassade sind berühmte Basreliefs (von Giovanni Pisano u. a.) und farbenprächtige Mosaiken angebracht. Das Innere ist eine Basilika mit reichverziertem Dachstuhl und enthält (in der Cappella San Brizio) herrliche Fresken von Fiesole und Luca Signorelli, Glasmalereien, ein schönes Taufbecken (1402), ein silbernes Tabernakel (1337) und schönes Stuhlwerk. O. hat außerdem 5 Kirchen, einen schönen bischöflichen Palast, ein hübsches Theater, eine berühmte Zisterne (von 1527), in welche zwei Spiraltreppen von je 248 Stufen hinabführen, ein Gymnasium, eine technische Schule, ein Seminar, ein etruskisches Museum, eine 1874 ausgegrabene etruskische Totenstätte und (1881) 7304 Einw., welche trefflichen Wein bauen und Getreide-, Vieh-, Seiden- und Weinhandel betreiben. Die Stadt ist Bischofsitz. - O. kommt als Urbs vetus zuerst im 7. Jahrh. vor und war im spätern Mittelalter Republik. Im 14. Jahrh. herrschten hier die Monaldeschi, von denen O. 1420 an Papst Martin V. kam. 3 km von O. wurden 1864 etruskische Gräber mit Inschriften und Malereien, die Gräberstadt des alten Volsinii, entdeckt. Vgl. Gruner, Die Basreliefs am Dom zu O. (Leipz. 1858, 83 Tafeln, mit Text von E. Braun); Fumi, Codice diplomatico della città di O., sec. XI-XV (Flor. 1885); Piccolomini, Guida storico-artistica della città di O. (Siena 1885).

Orycteropus, Erdschwein.

Oryctes, Nashornkäfer.

Oryktognosīe (griech.), s. v. w. Mineralogie (s. d.).

Oryktographīe (Oryktologie, griech.), ältere Bezeichnung desjenigen Teils der Geognosie, welcher die mineralogische Beschreibung der Fels- und Gebirgsarten enthält, also s. v. w. Petrographie.

Oryx, Steppenkuh, s. Antilopen, S. 640.

Oryza L., Pflanzengattung, s. Reis.

Orzegow, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Beuthen, hat Zinkhütten und Steinkohlengruben und (1885) 2870 meist kath. Einwohner. Dazu gehört der Bahnhof Morgenroth (s. d.).

Orzesche, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Pleß, Knotenpunkt der Linien Nendza-Kattowitz und O.-Sohrau der Preußischen Staatsbahn, hat Glashütten, Steinkohlengruben, Steinhauerei und (1885) 2196 meist kath. Einwohner.

Orzeszko, Eliza von, poln. Schriftstellerin, geb. 1842 auf einem Gut im Gouvernement Grodno, heiratete im 16. Lebensjahr den Gutsbesitzer O. und trat, als ihr Gatte infolge des Aufstandes von 1863 nach Sibirien verbannt wurde, mit einer Reihe sozialer Tendenzromane im Stil und im Geiste der George Sand hervor, ohne indessen mit den ziemlich einförmigen Variationen des alten Themas von der Unterdrückung edler Frauen durch die Männerwelt höheres Interesse zu erwecken. Erst der Roman "Eli Makower" (1874), eine in die Tiefen der polnisch-jüdischen Beziehungen dringende, auch in künstlerischer Hinsicht vortreffliche Erzählung, trug der Verfasserin allgemeine Anerkennung ein. Dieselbe steigerte sich infolge eines neuen Romans dieser Richtung: "Meir Ezofowicz" (Warsch. 1878; deutsch, 3. Aufl., Dresd. 1887), worin der alte Kampf zwischen Talmud und religiösem Freiheitsdrang in einer originellen Art und mit einem bei einer Polin ganz erstaunlichen konfessionslosen Radikalismus geschildert wird. Beifall fanden auch ihre Novellen ("Zróżnych sfer", Warsch. 1879, 2 Bde.). Ihre Romane erscheinen gegenwärtig in Warschau in einer Gesamtausgabe (bisher 36 Bde.); hervorzuheben sind darunter noch: "Herrgraba" (deutsch, Berl. 1888), "Verlorne Seelen" (deutsch, Bresl. 1887), "Cnotliwi", "Marta", "Die Familie Berliwicz" u. a. In dem Buch "Patryotysm i Kosmopolitysm" (Warsch. 1880) betrat die Dichterin, die gegenwärtig in Grodno wohnt, das Gebiet politisch-sozialer Studien.

Os, in der Chemie Zeichen für Osmium.

Os (lat.), Knochen, z. B. ossa carpi, Handwurzelknochen, os coccygis, Steißbein, ossa coxae, Hüftbeine, os cribrosum (ethmoideum), Siebbein, os frontis, Stirnbein, os hyoideum, Zungenbein, os ilium, Darmbein, os ischii, Sitzbein, ossa jugalia (malaria), Jochbeine, ossa lacrimalia, Thränenbeine, ossa metacarpi, Mittelhandknochen, ossa metatarsi, Mittelfußknochen, ossa nasi, Nasenbeine, os occipitis, Hinterhauptsbein, ossa palatina, Gaumenbeine, ossa parietalia, Scheitelbeine, os pubis, Schambein, os sacrum, Kreuzbein, os sphenoideum, Keilbein, ossa tarsi, Fußwurzelknochen, os temporium, Schläfenbein.

Os, Georg Jakob Johannes van, holländ. Maler, Sohn des Huysum nachahmenden Blumen- und Marinemalers Jan van Os (1744-1808) und Bruder des Tiermalers Pieter Gerard van Os (1776-1839), geb. 20. Nov. 1782 im Haag, bildete sich auf eigne Hand und zeichnete die meisten Pflanzen und Blumen zu der "Flora batava" von J. ^[Jan] Kops. 1809 gewann er den Preis der Gesellschaft Felix meritis in Amsterdam, ließ sich daselbst nieder und begann nun erst in Öl zu malen. Bald sah man fast auf jeder Kunstausstellung Blumen- und Fruchtstücke von ihm, die ihn gleich seinem Vater als einen würdigen Nacheiferer Jans van Huysum erkennen ließen. 1812 begab er sich nach Paris. Dort dekorierte er Gefäße der Porzellanmanufaktur in Sèvres mit Blumen und Früchten und malte daneben auch Vögel und Federwild. 1817 wurde er in Sèvres fest angestellt. Die Franzosen nannten ihn den Rubens der Blumenmalerei. Os hat sich auch mit Erfolg in der Landschaft versucht; er starb 11. Juli 1861 in Paris.

Osagedorn, s. Maclura.

Osāgen (Wawsosch), Indianerstamm in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, gehört zur Sprachfamilie der Dakota und wohnt, gegenwärtig (1883) 1764 Seelen stark, im Indianerterritorium, während er früher in Arkansas und Missouri lebte. Letztern Staat durchströmt von W. nach Osten und NO. der Osagefluß, der unterhalb Jefferson in den Missouri mündet. Die O. wurden als ein tapferes und kriegliebendes Volk immer von allen Stämmen im N. und S. ihres Gebiets gefürchtet und zeichnen sich durch hohen Wuchs und ziegelrote Haut-^[folgende Seite]