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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Oströmisches Reich

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Oströmisches Reich (787-1180).

derverehrung wiederherstellte, von da bis 797, wo er auf Befehl seiner Mutter geblendet wurde, selbständig. Als Wiederherstellerin des Bilderdienstes von den kirchlichen Schriftstellern gepriesen, regierte Irene noch fünf Jahre lang (797-802), bis sie durch den Großschatzmeister Nikephoros gestürzt wurde, der neun Jahre lang den Thron behauptete (802-811) und, nachdem er mehrere unglückliche Feldzüge gegen die Araber unternommen hatte (802-807), 811 in einem Kriege gegen die Bulgaren getötet wurde.

Nach der Regierung des schwachen Michael I. Rhangabe (811-813) folgte Leo V., der Armenier (813-820), ein tapferer Kriegsmann. Nachdem er die Bulgaren, welche unter ihrem König Krum schon bis Konstantinopel vorgedrungen waren und die Vorstädte geplündert und zerstört hatten, durch eine Niederlage im April 814 zum Abschluß eines 30jährigen Friedens gezwungen hatte, hob er die Beschlüsse der zweiten Synode von Nikäa auf (815), wurde aber schon 820 durch die erbitterte Priesterschaft aus dem Wege geräumt. An der Spitze der Verschwörung hatte einer seiner Feldherren gestanden, Michael II., der Stammler, der nun sein Nachfolger wurde. Er unterdrückte in dreijährigem wechselvollen Krieg (821-823) einen Aufstand eines frühern Feldherrn des Nikephoros, Thomas aus Kappadokien, konnte aber nicht verhindern, daß die Sarazenen auf der Insel Kreta einen Piratenstaat errichteten (826) und sich in Sizilien festsetzten (827). Als Michael nach fast neunjähriger Regierung im Oktober 829 starb, folgte sein Sohn Theophilos (829-842); nach außen hin erlitt dieser zwar trotz seiner Tapferkeit verschiedene Unfälle durch die Araber, dagegen blühten im Innern Handel, Gewerbsamkeit, Künste und Wissenschaften, letztere besonders durch den Lehrer des Kaisers, Johannes Grammatikos, ausgezeichnet als Staatsmann und Gelehrter, und den Mathematiker, Architekten und Astronomen Leo gefördert. Nach Theophilos' Tod führte seine Gemahlin Theodora über 13 Jahre lang (842-856) unter dem Beistand ihres tapfern Oheims Manuel und ihres Kanzlers Theoktistos mit Geschick die Herrschaft über das Reich und ihren unmündigen Sohn Michael; 856 wurde sie von ihrem Bruder Bardas gestürzt, und dieser führte nun die Regierung für Michael III., welcher sich ganz dem Sinnengenuß überließ. Die Araber bedrohten das Reich von neuem und drangen tief in Kleinasien vor, und ein neuer Feind entstand dem Reich in den Russen, deren Flotte 865 im Hafen der Hauptstadt ankerte, die nur durch einen Sturm gerettet wurde, der die feindlichen Schiffe zerstreute oder versenkte. Michael wurde 24. Sept. 867 von Basilius dem Makedonier, seinem Günstling seit dem Sturz des Bardas (866), ermordet, und Basilius bestieg nun den Thron als der Stifter der makedonischen Dynastie, die mit geringen Unterbrechung gegen zwei Jahrhunderte regierte (bis 1056).

Basilius I. (867-886) regierte mit Kraft und Weisheit; kämpfte glücklich gegen die Araber und die Paulicianer, eine religiöse, mit jenen im Bund stehende Sekte in Armenien (873), und vererbte den Thron auf seinen Sohn Leo VI. (886-911), der die von seinem Vater begonnenen Basiliken, eine Umarbeitung des Codex Justinianeus, vollendete. Er erwarb sich durch seine Liebe zu den Wissenschaften den Beinamen des Philosophen, konnte aber, in Unthätigkeit und Weichlichkeit versunken, die Angriffe der Bulgaren unter ihrem König Simeon und der Araber nicht abwehren, welch letztere 904 Thessalonich, die zweite Stadt des Reichs, eroberten und plünderten. Sein Sohn Konstantin VII. Porphyrogennetos stand anfangs unter der Vormundschaft seines Oheims Alexander, dann seiner Mutter Zoe, darauf des Romanos Lakapenos (919-944), welcher ihm nur den kaiserlichen Namen ließ, stürzte 945 die Söhne des Romanos, welche ihren Vater entthront hatten, und regierte darauf selbständig bis 959. Ihm folgte sein Sohn Romanos II. (959-963). Nach dessen Tod vermählte sich seine herrschsüchtige Witwe Theophano mit dem vom Heer zum Kaiser ausgerufenen tapfern Nikephoros II. (963-969), der bisher in Gemeinschaft mit seinem Bruder Leo Phokas über die Hamadaniden in Syrien und Mesopotamien eine Reihe glänzender Siege erfochten, Kreta 961 erobert, Aleppo sowie zahlreiche andre Städte und Burgen eingenommen hatte, auch als Kaiser nach außen und innen große Energie bewies. Verhaßt durch Strenge und Abgabendruck, fiel er durch eine von seiner Gemahlin veranlaßte Verschwörung (11. Dez. 969), deren Haupt, der tapfere Johannes Tzimisces, nun den Thron bestieg, aber schon nach siebenjähriger, von glücklichen Kämpfen gegen Araber, Bulgaren und Russen erfüllter Regierung 10. Jan. 976 mit starken Zeichen der Vergiftung starb. Ihm folgte des Kaisers Romanos II. Sohn Basilius II. (bis 1025), welcher mit seinem Bruder Konstantin VIII. (gest. 1028) den Kaisertitel teilte, bis 988 unter Leitung des Oberkammerherrn Basilius, dann selbständig. Unter seine Regierung fällt die Unterwerfung Bulgariens (1018), die dem Kaiser wegen der dabei verübten Grausamkeiten den Namen des "Bulgarentöters" verschaffte. Konstantins Tochter Zoe erhob durch Vermählung und Adoption vier Kaiser auf den Thron: Romanos III. (1025-34), Michael IV. (1034-41), Michael V. Kalaphates (1041-42), Konstantin IX. Monomachos (1042-54), unter denen das Reich von den Petschenegen, Seldschukken und Normannen hart bedrängt wurde.

Ihre Schwester Theodora (1054-56), mit der das makedonische Kaiserhaus erlosch, ernannte einen bejahrten Feldherrn, Michael VI. Stratiotikos (1056-57), zum Nachfolger; allein an dessen Stelle erhob das östliche Heer einen ausgezeichneten Feldherrn aus der angesehenen Familie der Komnenen, Isaak I., auf den Thron, welcher des Reiches Wohlfahrt und Sicherheit kräftig förderte, aber wegen Kränklichkeit schon 1059 abdankte. Unter seinen Nachfolgern Konstantin X. Dukas (1059-1067), Romanos IV. Diogenes (1067-71), Michael VII. Dukas (Parapinakes, 1071-78), Nikephoros III. Botoniates (1078-81) gingen fast alle asiatischen Besitzungen an die Seldschukken verloren, und auch im Innern verfiel das Reich; erst der von dem Heer ausgerufene Neffe Isaaks, Alexios I. Komnenos (1081-1118), stellte Kriegszucht und Ordnung in der Verwaltung wieder her, besiegte Petschenegen (1091) und Kumanen und entfaltete den Kreuzfahrern gegenüber eine kluge, überlegene Politik. Sein Sohn Johannes (Kalojohannes, 1118-43), ein Herrscher von fleckenlosem Charakter, eroberte den größten Teil von Kleinasien und beteiligte sich an den Kämpfen der Lateiner in Syrien gegen Sultan Zenki.

Zu noch größerer Macht stieg das Reich unter seinem Sohn Manuel I. (1143-80), dessen Person wegen seiner ritterlichen Tapferkeit mit ähnlichem Glanz der Romantik umgossen ist wie die seines Zeitgenossen Richard Löwenherz. Doch schon in seinen letzten Jahren verließ ihn das Glück, und mit seinem Tod (24. Sept. 1180) begann für das Reich eine Periode von Verwirrung und Greueln, wie die Welt-^[folgende Seite]