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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Raubvögel

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Raubtiere - Raubvögel.

zu den heutigen Familien, z. B. Amphicyon, eine Gattung zwischen Bären und Hunden, Palaeonictis, zwischen Viverren und Bären, Cynodon, zwischen Hunden und Viverren, etc. Im Diluvium endlich treten neben vielen auch noch heute lebenden Gattungen riesige Katzengeschlechter auf, die zum Teil sogar mit dem Menschen zusammengelebt zu haben scheinen, aber dann völlig ausgestorben sind.

Die lebenden R., etwa 40 Gattungen mit über 300 Arten, teilen einige Forscher in 6, andre mit Hinzuziehung der Robben als "Seeraubtiere" in 13 Familien ein und ordnen diesen auch die fossilen unter.

1. Familie: Bären (Ursidae). Sohlengänger mit plumpem Körper; vermögen eine kurze Zeit hindurch auf den Hinterbeinen zu gehen und die Vorderbeine zum Angriff oder zur Verteidigung sowie zur Gewinnung der Nahrung zu benutzen, klettern geschickt und fressen sowohl Fleisch als auch Honig und Früchte. Ihr Gebiß hat daher nicht die charakteristischen Züge der Fleischfresser, namentlich ist der Reißzahn von einem echten Backenzahn kaum zu unterscheiden. Die Krallen sind nicht zurückziehbar. Die Zunge ist nackt, der Schwanz kurz. Die lebenden Arten der einzigen Gattung Ursus (Bär), die auch wohl in mehrere Untergattungen zerlegt wird, fehlen in Australien und Afrika völlig, in Süd- und Mittelamerika nahezu. Fossil sind echte Bären, z. B. der Höhlenbär (Ursus spelaeus, s. Tafel "Diluvium"), in Amerika, Asien und Europa gefunden worden; eine Zwischenform zwischen Bären und Hunden ist Amphicyon (s. unten), zwischen ihnen und Hyänen Hyaenarctos, zwischen ihnen und Viverren Palaeonictis.

2. Familie: Waschbären (Procyonidae). Im allgemeinen den Bären ähnlich, doch mit langem Schwanz, mehr oder weniger zurückziehbaren Krallen, 6 Gattungen mit 8 Arten, hauptsächlich in Amerika zu Hause. Hierher unter andern: Procyon (Waschbär), Nasua (Nasenbär), Bassaris, das gewöhnlich zu den Viverren oder den Mardern gerechnet wird, Ailurus, aus Osttibet, klein und katzenartig.

3. Familie: Marder (Mustelidae). Teils Sohlen-, teils Halbsohlengänger mit niedrigen Beinen und langgestrecktem Leib; Krallen zurückziehbar oder unbeweglich, Reißzahn klein, höckerig. Sie sind zum Teil sehr gewandte Räuber und auf der ganzen Erde, mit Ausnahme von Australien, Polynesien, den Antillen und Madagaskar, verbreitet; die lebenden 20 Gattungen mit etwa 80 Arten stellt man in 3 Unterfamilien: a) Krallen stumpf, nicht zurückziehbar; Dachse (Melinina). Hierher unter andern: Meles (Dachs), Mellivora (Honigdachs) und Mephitis (Stinktier). b) Krallen scharf, zurückziehbar, Schwanz rund; Marder (Martina). Hierher unter andern: Mustela (Marder und Zobel), Putorius (Iltis, Wiesel und Nörz) und Gulo (Vielfraß). c) Krallen scharf, zurückziehbar, Schwanz glatt; Fischottern (Lutrina). Hierher unter andern: Lutra (Fischotter) und Enhydris (Seeotter); letztere Gattung wird von manchen als Übergangsform zu den Robben betrachtet. Fossil kommen Dachse, Wiesel, Vielfraße, Stinktiere und Fischottern in den jüngsten Ablagerungen häufig vor; im Miocän finden sich neben Fischottern und Honigdachsen die ausgestorbenen Enhydrion und Ursitaxus.

4. Familie: Hunde (Canidae). Zehengänger mit langen Beinen, meist an den Vorderfüßen 5, an den Hinterfüßen 4 Zehen mit nicht zurückziehbaren Krallen, Schwanz meist lang und dicht, Kiefer langgestreckt, oberer Reißzahn mit 2, unterer mit 3 Spitzen, an der Schwanzwurzel häufig eine Drüse (Violdrüse). Sie leben meist gesellig und fehlen nur auf einigen Inselgruppen (Madagaskar, Antillen, Polynesien); in Australien sind sie übrigens vielleicht nur verwildert. Die zahlreichen (über 50) lebenden Arten stellt man in 3 Gattungen mit 17 Untergattungen oder erhebt auch wohl letztere zu Gattungen. Hierher unter andern: Canis (Hund, Wolf, Hyänenhund, Schakal, Fuchs und Fenek). Fossil kommen Arten der Gattung Canis, zum Teil noch die heute existierenden, in den Tertiärschichten von Europa, Ostindien und Südamerika vor; gänzlich ausgestorben sind viele Übergangsformen zu andern Familien, namentlich zu Viverren und Bären, z. B. Amphicyon, der die Größe eines Tigers erreichte, Cynotherium, Pseudocyon u. a. m.

5. Familie: Hyänen (Hyaenidae). Zehengänger mit langen Beinen und von vorn nach hinten abfallendem Rücken, Füße mit 4 Zehen, Krallen nicht zurückziehbar; oberer Reißzahn wie bei den Katzen mit 3, unterer mit 2 Spitzen; im übrigen den Hunden nahestehend. Nur die Gattung Hyaena (Hyäne) mit 3 Arten, in Afrika, Kleinasien, Persien bis nach Ostindien; fossil auch in Europa, z. B. die Höhlenhyäne (Hyaena spelaea, s. Tafel "Diluvium").

6. Familie: Erdwölfe (Protelidae). Von den Hyänen, mit denen sie oft in dieselbe Familie gestellt werden, hauptsächlich verschieden durch den Mangel der Reißzähne sowie durch die fünfzehigen Vorderfüße. Nur die Gattung Proteles mit 3 Arten, in Südafrika.

7. Familie: Schleich- oder Zibetkatzen (Viverridae). Teils Sohlen-, teils Zehengänger mit fünf- oder vierzehigen Füßen und zurückziehbaren oder unbeweglichen Krallen; Leib langgestreckt, Schnauze spitz, Schwanz lang, Reißzähne stark, in der After- und Genitalgegend meist besondere Drüsen. Sie sind in ihrer Verbreitung fast ganz auf die Alte Welt beschränkt und fehlen in Amerika völlig. Die zahlreichen (gegen 100) lebenden Arten werden in 9 (oder auch über 30) Gattungen untergebracht und diese wieder nach der Beschaffenheit der Zehen in die 2 Gruppen der Ailuropoda ("Katzenfüßler", Krallen zurückziehbar) und Cynopoda ("Hundfüßler", Krallen nicht zurückziehbar) gestellt. Hierher unter andern: Viverra (Zibetkatze) und Herpestes (Ichneumon). Fossil kommen Schleichkatzen in Europa vor; die miocäne Gattung Thalassictis erreichte die Größe eines Panthers.

8. Familie: Katzen (Felidae). Zehengänger mit schlankem Körper; Vorderfüße mit 5, Hinterfüße mit 4 Zehen; Krallen scharf, zurückziehbar; Kopf rundlich, Kiefer kurz, die Reißzähne sehr stark (oberer mit 3, unterer mit 2 Spitzen); Zunge mit rückwärts gerichteten Hornpapillen besetzt, daher rauh; Afterdrüsen vorhanden. Die Katzen sind äußerst behende Räuber; sie ergreifen ihre Beute (ausschließlich Warmblüter) im Sprung; ihre Sinne sind hoch entwickelt. Sie sind auf allen Kontinenten, mit Ausnahme Australiens, heimisch und finden sich auch auf manchen Inseln vor, fehlen jedoch auf den Antillen, Madagaskar und in Polynesien. Die zahlreichen (über 60) Arten werden in 1 oder 3 Gattungen (mit 3 oder 15 Untergattungen) gestellt, so daß man entweder nur Felis oder auch Cynailurus (Gepard) und Lynx (Luchs) unterscheidet. Zur Gattung Felis gehören unter andern: Löwe, Tiger, Jaguar etc., Serval, Katze und Puma. Fossil kommen echte Katzen von der Zeit des prähistorischen Menschen bis rückwärts zur Eocänperiode vor; es sind meist größere Arten, wie Löwe, Tiger etc. Ausgestorben ist die Gattung Machairodus (mit 5 Arten), aus Europa, Ostindien und Amerika, welche ebenfalls noch mit dem Menschen zusammen gelebt hat und sich durch die kolossalen, bei geschlossenem Mund bis zum Kinn reichenden obern Eckzähne auszeichnet.

Der Kampf gegen die R. hat besonders in den Tropen große Bedeutung, wo, wie selbst in Ostindien, jährlich viele Menschen denselben zum Opfer fallen. Bei uns vertilgt man die R. hauptsächlich im Interesse der Landwirtschaft und der Jagd und bekämpft sie mit dem Gewehr, mit Fallen (Schwanenhals, Tellereisen, Gruben etc.) und Gift. Vgl. v. d. Bosch, Fang des einheimischen Raubzeugs (Berl. 1879); Pieper, Fang des Raubzeugs (Mörs 1888).

Raubvögel (Rapaces, hierzu Tafel "Deutsche Raubvögel"), Ordnung der Vögel, große, kräftig gebaute Tiere mit rundlichem, großem Kopf, starkem, gekrümmtem Schnabel, stark bekrallten Sitzfüßen und langen, spitzen Flügeln. Der Schnabel ist an seiner Wurzel mit einer weichen, die Nasenöffnungen umschließenden Wachshaut bekleidet, während die schneidenden Ränder und die hakig herabgebogene Spitze des Oberschnabels überaus hart und hornig sind. Die langen, starken Zehen, von denen die äußere bei den Eulen und beim Flußadler (Pandion) eine Wendezehe ist, sind mit sehr großen, kräftigen, spitzen, gekrümmten und zurückziehbaren Krallen bewaffnet. Die Konturfedern sind groß, meist wenig zahlreich; zuweilen bleiben nackte Stellen am Hals und Kopf, während anderseits dichtere Anhäufungen von Federn bei den Eulen den sogen. Schleier und bei den Adlern die sogen. Hosen bilden. An den Flügeln sind die Armschwingen besonders lang; die Zahl der Handschwingen beträgt stets 10. Der Schwanz ist breit und mitunter gabelartig ausgeschnitten. Der Kamm des Brustbeins ist sehr hoch, das Becken groß und breit. Das Gehirn ist verhältnismäßig gut entwickelt; von den Sinnen ist besonders das Gesicht, ebenso wahrscheinlich der Geruchsinn außerordentlich scharf. Die R. ernähren sich von Tieren, vorherrschend von Warm-^[folgende Seite]