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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Reichsämter - Reichsbehörden.

lichen Geschäfte; die allgemeinen Angelegenheiten der Reichsbehörden und der Reichsbeamten einschließlich der Aufsicht über den Disziplinarhof und die Disziplinarkammern; die Indigenats-, Heimats-, Niederlassungs-, Freizügigkeits- u. Auswanderungssachen; die Handels- und Gewerbeangelegenheiten, die das Bankwesen, die Versicherungen, die Maße und Gewichte betreffenden Geschäfte; die Angelegenheiten des geistigen Eigentums einschließlich der Patente; die See- und Flußschiffahrt sowie die Flößerei; die Medizinal- und Veterinärpolizei; die Angelegenheiten der Presse und der Vereine; die Militär- und Marineangelegenheiten, soweit dieselben die Mitwirkung der Zivilverwaltung erfordern, insbesondere Ersatzwesen, Mobilisierung, Naturalleistungen, Transport- und Etappenangelegenheiten, Familienunterstützung, Zivilversorgung, Landesvermessung, Anerkennung und Klassifizierung der höhern Lehranstalten mit Bezug auf die Wirksamkeit ihrer Zeugnisse für die Zulassung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst, und die Reichsstatistik sowie diejenigen Reichsangelegenheiten, deren Bearbeitung nicht andern Behörden durch die bezüglich ihres Ressorts getroffenen Bestimmungen übertragen ist. Das R. zerfällt in eine Zentralabteilung und die Abteilung für wirtschaftliche Angelegenheiten, welch letzterer insbesondere die gesetzgeberischen Vorarbeiten auf dem wirtschaftlichen Gebiet obliegen. Das R. gibt das "Reichsgesetzblatt", das "Zentralblatt für das Deutsche Reich" und das "Deutsche Handelsarchiv" heraus. Über die von dem R. ressortierenden Behörden s. die Textbeilage Reichsbehörden II.

Reichsämter, s. Erzämter und Reichsbehörden.

Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen, eine dem Reichskanzler unmittelbar unterstellte Zentralbehörde des Deutschen Reichs in Berlin für die Verwaltung der im Besitz des Reichs befindlichen Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen sowie für die Ausführung der Bauten derjenigen Bahnstrecken, welche in den Reichslanden auf Kosten des Reichs ausgeführt werden. Dem R. ist die Generaldirektion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen zu Straßburg unterstellt, welche auch die von dem Deutschen Reich im Großherzogtum Luxemburg und in der Schweiz gepachteten Eisenbahnstrecken verwaltet. Die Generaldirektion besteht aus einem Präsidenten, drei Abteilungsvorstehern sowie administrativen, juristischen und technischen Mitgliedern (Regierungsräten) und Hilfsarbeitern.

Reichsangehörigkeit (Bundesindigenat, Reichsbürgerrecht, Reichsindigenat), die Zugehörigkeit zu dem Gesamtunterthanenverband des Deutschen Reichs, setzt die Staatsangehörigkeit (s. d.) in einem einzelnen deutschen Bundesstaat voraus; sie wird erworben und erlischt mit der Staatsangehörigkeit. Vgl. Bundesindigenat.

Reichsankläger, s. Reichsfiskal.

Reichsanwalt, s. Reichsgericht.

Reichsapfel, Kugel mit Kreuz, welche sich auf Abbildungen, Münzen, Siegeln in der Hand der Kaiser findet und ursprünglich das Symbol christlicher Herrschaft über die Welt sein sollte. Schon auf einer Münze des Kaisers Augustus finden sich drei Kugeln vor, wovon die eine die Buchstaben EVR. (Europa), die andre ASI. (Asien) und die dritte AFR. (Afrika) enthält, also die Namen der damals bekannten Erdteile. Man findet die Kugel auch auf einer Menge von Münzen späterer Kaiser, meist mit einer Siegesgöttin geschmückt. Mit Ersetzung der letztern durch ein christliches Kreuz ging sie später auf die byzantinischen und die deutschen Kaiser über, ward auch in königlichen Häusern geführt und bei besondern Feierlichkeiten unter den Kroninsignien mit benutzt. Dem Kaiser wurde der R. von einem besondern Beamten, dem Truchseß, vorgetragen. Der R. von Preußen ist blau mit einem Goldreif und einem goldenen Kreuz, die beide mit Edelsteinen geziert sind.

Reichsarchiv, s. Archiv.

Reichsarmee, die Truppenmacht des ehemaligen Deutschen Reichs in den letzten Jahrhunderten desselben. Nachdem die Reichsfürsten und Reichsstädte die Landeshoheit erlangt hatten, ward der Kriegsdienst nicht mehr als unmittelbare Pflicht gegen das Reich angesehen, sondern es mußte jeder einzelne Reichsstand seine Truppen bei einem Reichskrieg stellen. 1521 ward die so gebildete R. auf 4000 Reiter und 20,000 Fußgänger festgestellt, jeder Reichsstand hatte ein bestimmtes Kontingent zu stellen oder die Unterhaltungskosten dafür (monatlich für einen Reiter 12 Gulden, für einen Fußgänger 4 Guld.; vgl. Römermonat) aufzubringen. Als 1681 die R. auf 40,000 Mann (12,000 zu Pferd und 28,000 zu Fuß) erhöht ward, blieb der Maßstab der Reichsmatrikel von 1521 in Geltung. Die R. als solche hat nie etwas Tüchtiges geleistet. Vgl. Kontingent.

Reichsbank, s. Banken, S. 331, und Textbeilage Reichsbehörden XI.

Reichsbankthaler, frühere Bezeichnung für den dänischen Reichsthaler oder Rigsdaler (s. d.).

Reichsbanner, deutsches, s. Banner.

Reichsbaron, s. Baron.

Reichsbeamte, s. Reichsbehörden.

Reichsbehörden (Reichsämter, hierzu Textbeilage: "Übersicht der deutschen Reichsbehörden"), im Deutschen Reich diejenigen Behörden, welche Geschäfte des Reichs führen und ihre Autorität unmittelbar von der Reichsgewalt ableiten. Nach ausdrücklicher Bestimmung der Reichsverfassung vom 16. April 1871 (Art. 18) werden alle bei den einzelnen R. angestellten Beamten (Reichsbeamte) der Regel nach, und wofern nicht anderweite gesetzliche Bestimmungen vorliegen, von dem Kaiser ernannt, als dessen Gehilfen bei der Reichsverwaltung sie erscheinen. Es erhalten jedoch nur die Mitglieder der höhern R. ihre Bestallung unmittelbar von dem Kaiser, ebenso diejenigen Reichsbeamten, welche nach ihrer dienstlichen Stellung denselben vorgehen oder gleichstehen, wie die Botschafter, Gesandten, Ministerresidenten und Geschäftsträger, ebenso auch die Reichskonsuln. Die Anstellungsurkunden der übrigen Reichsbeamten werden im Namen des Kaisers vom Reichskanzler oder von den durch denselben dazu ermächtigten R. erteilt. Der Reichskanzler (s. d.) ist der alleinige verantwortliche Minister des Reichs. Er ist für jeden Zweig der Reichsverwaltung der oberste Chef. Nach sachlichen Rücksichten sind nämlich die einzelnen Reichsgeschäfte verschiedenen Reichsämtern überwiesen, an deren Spitze wiederum besondere Vorstände (Staatssekretäre, Chefs, Vorsitzende, Präsidenten, Direktoren) stehen (s. die beifolgende Übersicht); aber diese sind sämtlich dem Reichskanzler untergeordnet, welcher der alleinige Reichsbeamte mit politischer Verantwortlichkeit ist. Doch kann für denselben ein Stellvertreter ernannt, und es können auch die Vorstände der dem Reichskanzler untergeordneten obersten R. mit der Stellvertretung desselben in ihrem Geschäftskreis ganz oder teilweise beauftragt werden.

Einer Zentralstelle des Reichs nicht unterstellt ist die Reichsmilitärverwaltung. Hier besorgen noch die Kriegsministerien der Staaten Preußen, Bayern,