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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Römisches Reich

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Römisches Reich (Geschichte bis 325 n. Chr.).

nachdem dieser in einer großen Schlacht gegen die Goten gefallen, folgte Gallus (251-254), erst zusammen mit dem vom Senat ernannten Hostilianus, dann nach dessen Tod (252) allein, hierauf Ämilianus (254), endlich Valerianus (254-260) und sein von ihm zum Mitkaiser ernannter Sohn Gallienus (254-268). Neben diesen beiden letztgenannten Kaisern erhoben sich aber überall in den Provinzen, oft durch ihre Truppen gezwungen, Gegenkaiser, so daß man deren, allerdings nicht ohne Übertreibung, 30 zählt, die sogen. 30 Tyrannen, die das Reich durch die Kriege untereinander zerrütteten; dazu kamen die feindlichen Einfälle der Franken, Alemannen, Goten und Perser, welche die Provinzen ausplünderten und verwüsteten, endlich eine furchtbare Pest, welche 15 Jahre lang (251-265) wütete und die Hälfte der Bevölkerung des Reichs hinwegraffte, so daß diese Zeit zu den unglückseligsten gehört, von welchen die Weltgeschichte zu berichten weiß.

Valerian wurde 260 von den Persern geschlagen und gefangen genommen; Gallienus bekümmerte sich weder um diese Schmach noch um das Elend des Reichs, sondern lebte nur den Genüssen einer schwelgerischen, üppigen Muße, bis er 268 durch eine Verschwörung in seinem eignen Heer den Tod fand. Die nächstfolgenden Kaiser, Claudius (268-270), Aurelianus (270-275), Tacitus (275-276) und Probus (276-282), machten zwar der Vielherrschaft ein Ende und kämpften auch gegen die äußern Feinde mit Tapferkeit und nicht ohne glückliche Erfolge; aber einen dauernden bessern Zustand vermochten sie nicht herzustellen, um so weniger, als ihrer Herrschaft meist durch Meutereien in ihren Heeren und ihre Ermordung ein kurzes Ziel gesetzt wurde. Aurelianus verzichtete zwar auf das jenseit der Donau gelegene Dacien, wußte aber an der Donau die Goten kräftig abzuwehren, brachte den Alemannen, die sogar nach Italien vorgedrungen waren, mehrere Niederlagen bei und machte 271 (in welchem Jahr auch Rom mit der nach Aurelian benannten Mauer umgeben wurde) dem von Odänathos gegründeten, von Zenobia längere Zeit kräftig verteidigten palmyrenischen Reich ein Ende. Probus vertrieb die Germanen aus Gallien und verfolgte sie bis tief ins Innere ihres Landes, verstärkte die von Hadrian vollendete Befestigungslinie vom Rhein zur Donau durch eine Mauer und schlug mehrere Aufstände in den Provinzen nieder. Gleichwohl fand auch er durch einen Soldatenaufstand den Tod. Sein Nachfolger Carus (282-283) ward auf einem Feldzug gegen die Perser, auf dem er siegreich bis Ktesiphon vordrang, vom Blitz erschlagen oder nach einer andern Nachricht durch Verschworne getötet; von seinen Söhnen starb Numerianus (283-284) auf der Rückreise aus diesem Feldzug, worauf Gajus Aurelius Valerius Diocletianus vom Heer als Kaiser ausgerufen wurde; der andre Sohn des Carus, Carinus (283-285), lieferte 285 Diokletian eine Schlacht in Mösien, ward aber während derselben von seinen eignen Truppen erschlagen, so daß Diokletian nunmehr der alleinige Kaiser war.

Neuorganisation des Reichs.

Mit Diokletians Regierung (284-305) beginnt eine neue Epoche der Kaisergeschichte durch die Einrichtungen, die er zu dem Zweck traf, um das wankende Reich auf neuer Grundlage zu befestigen. Er teilte, um die Verteidigung der Grenzen zu erleichtern, das Reich in vier Teile, indem er sich Maximianus als Augustus und Galerius und Constantius Chlorus als Cäsaren an die Seite setzte und dem Erstern Italien und Afrika, Galerius die illyrischen Provinzen, Constantius Gallien, Spanien und Britannien zur speziellen Verwaltung und Verteidigung übergab, während er sich Asien, Ägypten und Thrakien und die Oberleitung des Ganzen vorbehielt; er befreite die kaiserliche Herrschaft von dem noch übrigen Einfluß des Senats und der Prätorianer, indem er Nikomedeia in Bithynien zu seiner Residenz und somit zum Mittelpunkt des Reichs machte und auch seinen Mitaugustus Maximianus veranlaßte, die seinige in Mediolanum aufzuschlagen, und um das Kaisertum mit einem größern Glanz zu umgeben, nahm er das Diadem an, ließ sich Dominus (Herr) nennen, zog sich von dem Verkehr mit andern zurück und führte ein weitläufiges Zeremoniell ein. Alles dies entsprach seinem Zweck, solange Diokletian durch seine persönliche Überlegenheit die Einheit unter den verschiedenen Herrschern erhielt. Als aber Diokletian 305 die Regierung niedergelegt hatte, um sich in den Privatstand zurückzuziehen, und auch Maximianus bestimmt hatte, ein Gleiches zu thun, brach das von ihm aufgerichtete Gebäude bald wieder zusammen. Nach der von ihm getroffenen Bestimmung traten die Cäsaren Constantius Chlorus und Galerius in die Stellung als Augusti ein, und zu Cäsaren wurden Severus und Maximinus ernannt. Allein als Constantius 306 gestorben war, warf sich dessen Sohn Constantinus wider den Willen des Galerius zum Cäsar auf; in Rom wurde der Sohn des Maximian, Maxentius, als Cäsar ausgerufen, und auch Maximian selbst kehrte 307 nach Rom zurück, um an der Herrschaft teilzunehmen; Galerius schickte zwar 307 Severus mit einem Heer gegen Maxentius und Maximian nach Italien, allein derselbe wurde geschlagen und getötet, und so gab es jetzt, nachdem Licinius an der Stelle des Severus von Galerius zum Augustus ernannt worden war, da auch die übrigen Herrscher den Titel Augustus annahmen, sechs Augusti: Galerius, Maximinus, Constantinus, Licinius, Maximianus und Maxentius. Von diesen wurde Maximianus, der in Rom seinen Sohn zu stürzen suchte, aber geschlagen wurde, 310 von Konstantin getötet. Maxentius ward 312 von Konstantin an der Milvischen Brücke geschlagen und ertrank im Tiber; Maximinus ward 313 von Licinius bei Adrianopel geschlagen und starb auf der Flucht; Galerius war schon 311 gestorben; es blieben also nur Konstantin und Licinius zurück. Zwischen diesen kam es zuerst 314 zum Krieg, der aber, nachdem Licinius wiederholt geschlagen worden, durch einen Vergleich beendet ward. Aber 323 brach der Krieg von neuem aus; Licinius ward zweimal, bei Adrianopel und Chalkedon, geschlagen, fiel selbst in die Hände Konstantins und ward von diesem gegen das gegebene Wort 324 in Thessalonika getötet.

So war Konstantin, gewöhnlich der Große genannt, jetzt Alleinherrscher (324-337). Dessen Regierung ist besonders dadurch merkwürdig, daß er Byzanz, das nunmehr nach ihm Konstantinopel genannt ward, zu seiner bedeutend von ihm erweiterten und verschönerten Residenz machte, daß er das Reich in 4 Präfekturen, 13 Diözesen und 116 Provinzen teilte, daß er überall die Militär- und Zivilverwaltung trennte, daß er eine streng gegliederte Beamtenhierarchie mit einer bestimmten Rangordnung einführte (s. oben [Verfassung], S. 935 f.), endlich aber und hauptsächlich dadurch, daß er das Christentum zur Staatsreligion erhob. Schon in dem Mailänder Edikt von 313 hatte er den Christen Religionsfreiheit verkündigt und benahm sich seitdem selbst immer als Christ, so daß er z. B. 325 in dem ökumenischen Kon-^[folgende Seite]