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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Russisches Reich

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Russisches Reich (Viehzucht, Fischerei).

bessere Sorte Rauchtabak gleichgeblieben, für die niedern Sorten Rauchtabak dagegen eine Erhöhung ist.

Die Weinkultur wird im europäischen Rußland in den Gouvernements Bessarabien, Taurien, Astrachan und im Gebiet der Donischen Kosaken, namentlich aber im Kaukasus betrieben. 1870 (neuere Daten liegen nicht vor) wurde das Quantum des gewonnenen Rebensafts auf 1,8 Mill. hl geschätzt. Der Export von Wein ist gering (1887: 85,000 Rub.), während der Import die Höhe von 6,5 Mill. Rub. erreicht. Andre stark verbreitete Produkte des Pflanzenreichs sind: Kohl, Knoblauch, Gurken, Melonen, Arbusen, Erbsen, Bohnen, Linsen, Spargel, Artischocken, Senf (Sarepta), Waid, Dill, Anis, Kümmel, Mohn, Kürbisse, Rettiche, Rüben etc. Vorzügliche Wiesen und Heuschläge sind im äußersten Süden, in Kleinrußland und in den Ostseeprovinzen, wo der Anbau der Futterkräuter große Verbreitung hat. Vgl. Jermolow, Mémoire sur la production agricole (Petersb. 1878); Wilson, Agriculture et économie rurale en Russie (das. 1878).

Viehzucht.

Sehr groß ist Rußlands Reichtum an Haustieren, zu denen nicht nur Pferd, Rind, Schaf etc., sondern auch Renntiere und Kamele gehören. Nach dem "Statistischen Jahrbuch" belief sich 1883 die Zahl der Pferde auf 17,880,792, der Rinder auf 23,628,031, der gemeinen Schafe auf 37,349,857, der feinwolligen auf 9,374,879, der Schweine auf 9,361,980, der Ziegen auf 1 Mill. Stück. Die Zahlen beziehen sich auf das europäische Rußland ohne Polen und Finnland. Renntiere gibt es namentlich in den Kreisen Mesen und Kem des Gouvernements Archangel, wo 1878: 228,000 Stück gezählt wurden. Kamele werden im europäischen Rußland in geringer Zahl von den krimschen Tataren und Nogaiern des Taurischen und Stawropolschen Gouvernements gehalten. Die Pferde konzentrieren sich hauptsächlich in den mittlern Nichtschwarzerde-, in den mittlern Schwarzerde- und den östlichen Wolgagouvernements, wo ihre Zahl 20-25 Proz. der Gesamtzahl aller Pferde des europäischen Rußland ausmacht. Im Verhältnis zur Bevölkerung haben die östlichen Wolgagouvernements die meisten, nämlich 33,3 Pferde auf 100 Einw. Sehr viel geschieht für die Verbesserung der Pferdezucht in den Gestüten, die sowohl von der Regierung als auch von Privaten gehalten werden. 1888 gab es 6 Krongestüte mit 2443 Pferden, unter welchen 81 Hengste. Der Pferdehandel innerhalb des Reichs geht namentlich auf den Pferdejahrmärkten vor sich, deren in 471 Ortschaften 1090 jährlich abgehalten werden sollen. Die Gesamtsumme, für welche auf ihnen Pferde zum Verkauf gelangen, wird auf 10 Mill. Rub. geschätzt. Der Export bezifferte sich 1887 auf 20,600 Stück im Wert von 2,570,000 Rub. Das Rindvieh konzentriert sich ebenfalls in den mittlern Nichtschwarzerde-Gouvernements, welche 22 Proz. der Gesamtzahl beanspruchen. Im Verhältnis zur Bevölkerung nehmen die südlichen Steppengouvernements mit 61,2 Stück auf 100 Einw. die erste Stelle ein. Der Export an lebendem Vieh betrug 1887: Ochsen und Kühe 43,700 Stück im Wert von 3,071,000 Rub., Kälber 1900 Stück im Wert von 11,000 Rub. Schafzucht wird namentlich in den Schwarzerde-Gouvernements betrieben, wo 70,6 Proz. aller Schafe nachgewiesen sind. Im Verhältnis zur Bevölkerung findet man die meisten (206 Stück auf 100 Einw.) in den südlichen Steppengouvernements. Der Export von Schafen war 1887: 252,600 Stück für 1,266,000 Rub. Die größte Zahl von Schweinen ist in den mittlern Schwarzerde-Gouvernements vorhanden, welche 29,4 Proz. der Gesamtzahl beanspruchen. Im Verhältnis zur Bevölkerung stehen jedoch die westlichen Gouvernements in ihrer Schweinezahl mit 22,5 Stück auf 100 Einw. obenan. Die Ausfuhr belief sich 1887 auf 62,800 Stück für 1,619,000 Rub. Die Geflügelzucht ist am meisten entwickelt in den polnischen und westlichen Gouvernements. In Pskow, Nowgorod, Olonez, Wologda und Archangel züchtet man vornehmlich Wasservögel. Die Bienenzucht, die früher stark entwickelt war, ist in manchen Gegenden sehr zurückgegangen, so namentlich in Kleinrußland, Podolien und in den nördlichen Teilen Neurußlands. Die Gartenbienenzucht ist in den mittlern und schwarzerdigen Gouvernements, besonders in Kleinrußland und Litauen, zu Hause. In den Gouvernements Poltawa und Jekaterinoslaw zählt man 4-500,000 Bienenstöcke, in Bessarabien etwa 900,000, in Wolhynien 226,000, im Gebiet des Donischen Heers ca. 40,000. Die Waldbienenzucht herrscht noch in den weiten Waldungen an den Abhängen des Urals, in den nordöstlichen Gouvernements, in Kostroma, Kasan, Simbirsk, Nishnij Nowgorod, Samara und Ufa. In Sibirien ist die Bienenzucht auf dem Altai, im Kaukasus in Imerethi und Grusien am meisten verbreitet. Der jährliche Ertrag an Honig im ganzen Reich wird auf 16 1/3 Mill. kg geschätzt im Wert von 7-10 Mill. Rub., an Wachs auf 3-5 Mill. kg im Wert von 4-6 Mill. Rub. Der auswärtige Handel mit Produkten der Bienenzucht ist höchst unbedeutend, es werden jährlich für etwa 200,000 Rub. Wachs und Honig exportiert. Die Seidenraupenzucht gerät von Jahr zu Jahr mehr in Verfall, und die gesamte Produktion von Seide beträgt nicht mehr als 164 kg jährlich. Von weit größerer Bedeutung ist sie in Transkaukasien und Turkistan, wo der Ertrag (mit Einschluß von Chiwa und Bochara) jährlich auf 2/3 Mill. kg Seide geschätzt wird. Trotzdem beträgt die Einfuhr von Seide (aus Italien, Frankreich etc.) 1887: 7,7 Mill. Rub. Gegenstand der Viehzucht ist auch im N. Rußlands noch das Renntier, im S. der Büffel und im Astrachanschen das Kamel.

Fischerei.

Rußlands Fischereien haben einen großen Aufschwung genommen, seit 1855 mit der Einführung der künstlichen Fischzucht begonnen wurde. Die Hauptanstalt ist die nach dem Muster der in Hüningen (Elsaß) bestehenden eingerichtete in Nikolskoje, einem Gut W. P. Wraßkys im Kreis Demjansk des Gouvernements Nowgorod. Von hier aus beziehen die seit 1871 besonders von Privaten zahlreich angelegten Piscinen befruchteten Rogen und junge Fischchen. Die Meere bieten den Russen verhältnismäßig wenig wichtige Fische, wohl aber sind die Binnengewässer und Flüsse sehr reich. Nur in den obern und stellenweise in den mittlern Läufen der Flüsse ist eine Abnahme dieses Fischreichtums bemerkbar; in den untern Läufen trifft man noch teilweise den ursprünglichen Reichtum, wie im Wolgadelta, dem Kur, den sibirischen Flüssen. Das ganze Bassin des Kaspischen Meers mit allen seinen Zuflüssen gibt gegenwärtig nach Professor O. Grimm weit über 4 Mill. Doppelzentner Fischware jährlich. Den Gesamtertrag der Fischerei in den Gewässern des europäischen Rußland schätzt derselbe Gelehrte auf ca. 6½ Mill. Doppelzentner jährlich. Einer der hauptsächlichsten Märkte ist Zarizyn (s. d.). Unter den exportierten Fischereiprodukten steht der Kaviar obenan; 1887 gelangte Kaviar im Gesamtwert von 2 Mill. Rub. zur Ausfuhr. Der ganze Fischexport zeigt in den letzten zehn