Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Sachsen Königreich'
Anmerkung: Fortsetzung von [Staatsverfassung.]
sächsischen Fürstenhauses (Albertinische Linie) nach dem Rechte der Erstgeburt und der
agnatischen Linealerbfolge; beim Erlöschen desselben succediert die Ernestinische Linie
des Hauses S. In Ermangelung eines successionsfähigen Prinzen geht die Krone auf die
weibliche Linie über. Der König wird mit zurückgelegtem 18. Lebensjahr volljährig. Er
bezieht eine Zivilliste von 2,940,000 Mk., wozu noch 392,036 Mk. Apanagen des königlichen
Hauses kommen. Das königliche Haus bekennt sich zur römisch-katholischen Kirche. Das
königliche Hausgesetz datiert vom 30. Dez. 1837. Für das ganze Königreich besteht eine
in zwei Kammern geteilte Ständeversammlung. Mitglieder
der Ersten Kammer sind: 1) die volljährigen Prinzen des
königlichen Hauses; 2) ein Deputierter des Hochstifts Meißen; 3) der Besitzer der Herrschaft
Wildenfels; 4) ein Vertreter der Besitzer der Schönburgschen Rezeßherrschaften; 5)
ein Abgeordneter der Universität Leipzig; 6) und 7) die Besitzer der Standesherrschaften
Reibersdorf und Königsbrück; 8) der evangelische Oberhofprediger; 9) der Dekan des katholischen
Domstifts zu Bautzen; 10) der Superintendent zu Leipzig; 11) ein Abgeordneter des Kollegiatstifts
zu Wurzen; 12) einer der Besitzer der Schönburgschen Lehnsherrschaften; 13) zwölf auf Lebenszeit
gewählte Abgeordnete der Besitzer von Landgütern, die wenigstens 4000 Steuereinheiten haben;
14) zehn vom König auf Lebenszeit ernannte Rittergutsbesitzer, die ebenfalls wenigstens 4000
Steuereinheiten haben; 15) die erste Magistratsperson der Städte Dresden und Leipzig; 16) die
erste Magistratsperson in sechs vom König unter möglichlichster (Anmerkung des Editors: möglichster)
Berücksichtigung aller Teile des Landes zu bestimmenden Städten; 17) fünf vom König nach
freier Wahl auf Lebenszeit ernannte Mitglieder. Die Zweite Kammer
besteht aus 80 Abgeordneten, 35 der Städte und 45 der ländlichen Wahlkreise. Zu jenen schickt
Dresden 5, Leipzig 3, Chemnitz 2, Zwickau einen Abgeordneten; die übrigen Städte sind in
24 Wahlkreise verteilt, deren jeder einen Abgeordneten wählt. Jeder Kammer steht die Wahl
ihres Präsidenten zu. Der König beruft längstens alle zwei Jahre einen ordentlichen Landtag,
außerordentliche, so oft es dringende Angelegenheiten erfordern. Die Abgeordneten werden auf
sechs Jahre gewählt; alle zwei Jahre scheidet ein Dritteil aus. Die Wahl ist direkt und geheim.
Wahlberechtigt ist jeder Staatsangehörige vom 25. Jahr an, welcher wenigstens 3 Mk. Staatssteuern
zahlt; wählbar jeder, der das 30. Lebensjahr erfüllt und wenigstens 30 Mk. Staatssteuern zu
entrichten hat. Das Petitionsrecht können beide Kammern nur gemeinschaftlich, das Beschwerderecht
kann, wenn keine Vereinigung zu stande kommt, jede allein, das Anklagerecht können sie nur
gemeinschaftlich ausüben und zwar nur gegen die Vorstände der Ministerien und bei Verletzung
der Verfassung. Über die Anklage entscheidet ein teils vom König aus den Vorständen und
Mitgliedern der höhern Gerichte ernannter, teils von den Ständen gewählter Staatsgerichtshof
nach einem durch Gesetz vom 3. Febr. 1838 geregelten Verfahren. Derselbe Staatsgerichtshof
entscheidet auch, wenn sich Regierung und Stände über Auslegung der Verfassung nicht vereinigen
können. Als Provinzialstände bestehen in den Erblanden
die vier Kreistage der Stände des Meißener, Leipziger,
Erzgebirgischen und Vogtländischen Kreises (in Gemäßheit der Kreisordnung vom 10. Aug. 1821)
und der Provinziallandtag der Oberlausitz nach Maßgabe
des provinzialständischen Statuts (vom 17. Nov. 1834). ↔
Die obersten Staatsbehörden sind das Gesamtministerium
und die einzelnen Ministerialdepartements der auswärtigen Angelegenheiten, des Innern,
des Kultus und öffentlichen Unterrichts, der Justiz, der Finanzen und des Kriegs.
Dem Gesamtministerium sind unmittelbar untergeordnet die seit 1. Jan. 1877 mit erweiterten
Befugnissen ausgestattete Oberrechnungskammer und das
Hauptstaatsarchiv. Getrennt von dem Gesamtministerium
ist das Ministerium des königlichen Hauses. Behufs der Verwaltung ist das Königreich in vier
Kreishauptmannschaften (s. oben) und 25
Amtshauptmannschaften eingeteilt. Jeder Amtshauptmannschaft
ist ein Bezirksausschuß, jeder Kreishauptmannschaft ein Kreisausschuß beigegeben. Nach dem
Gesetz vom 21. April 1873 bildet jede Amtshauptmannschaft einen Bezirksverband, welcher durch
die Bezirksversammlung vertreten wird. Für Zwecke der Selbstverwaltung sind diese Bezirksverbände
mit einem Fonds von 9 Mill. Mk. aus dem Anteil Sachsens an der französischen Kriegskostenentschädigung
versehen worden. Verwaltung und Justiz sind auch in der ersten Instanz getrennt. Für den Regal-
und Kohlenbergbau sowie für das fiskalische Hüttenwesen ist das Bergamt in Freiberg kollegiale
Mittelbehörde. Die Gemeindeordnung beruht auf der Städteordnung
vom 2. Febr. 1832 und der Landgemeindeordnung vom 7. Juli 1838, beide revidiert durch Gesetz
vom 24. April 1873. Für die Städte sind nur die allgemeinen Grundzüge festgestellt, die
Besonderheiten werden durch Ortsstatuten ergänzt. An der Spitze des Stadtrats steht der
Bürgermeister; die besoldeten Mitglieder des Stadtrats werden in der Regel auf Lebenszeit,
die unbesoldeten stets nur auf sechs Jahre gewählt; doch kann die Wahl der erstern nach
Ortsstatut anfänglich auch auf sechs, bez. zwölf Jahre erfolgen. Stadtrat u. Stadtverordnete
können zu einem Stadtgemeinderat verschmelzen. In den Landgemeinden besteht der Gemeinderat
aus dem Gemeindevorstand, einem oder mehreren Gemeindeältesten und einem Gemeindeausschuß unter
Aufsicht des Amtshauptmanns. Die Ortspolizei wird von den Gemeinden unter Aufsicht der
Regierungsbehörden, die Landespolizei von der Landesregierung gehandhabt. Die Überwachung
der Sanitätszustände liegt dem Landesmedizinalkollegium und in den elf Medizinalbezirken den
Bezirksgerichtsärzten ob.
Was die Gerichtsverfassung anlangt, so hat S. ein Oberlandesgericht,
zu Dresden, 6 Landgerichte, zu Dresden, Leipzig, Bautzen, Chemnitz, Zwickau und Freiberg, und
103 Amtsgerichte. Für das bürgerliche Recht gilt noch das 1. März 1865 in Kraft getretene
bürgerliche Gesetzbuch. Die Schönburgschen Ämter sind seit 1. Juni 1865 dem allgemeinen
sächsischen Gerichtsverfahren unterstellt.
Über die evangelische Kirche üben, solange der König sich zur katholischen Kirche bekennt, die
landesherrliche Kirchengewalt die in evangelicis beauftragten Staatsminister. Höchste
Kirchenbehörde ist das durch das Kirchengesetz vom 15. April 1873 errichtete
evangelische Landeskonsistorium zu Dresden; die
Konsistorialbehörde für die Oberlausitz bildet die Kreishauptmannschaft zu Bautzen,
für die Schönburgschen Herrschaften das Gesamtkonsistorium zu Glauchau. Gemäß der
Kirchenordnung von 1868 steht die Vertretung der lutherischen Kirche einer aus 35 Laien
und 29 Geistlichen zusammengesetzten Synode zu. Für die
reformierte Kirche, welche zwei Parochien hat, bestehen
die reformierten Konsistorien zu Dresden und Leipzig. Die
römisch-ka-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 133.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 132.