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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Salz

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Salz (Salzsolen, Gradierwerke).

Räume zu verhüten, richtet man in etwa 20-25 m Entfernung vom untern Stollen in der Hauptstrecke bei A (s. Tafel, Fig. 1) einen sogen. Wöhrbau her, indem man zunächst im Gebirge an den Seiten, der Decke und der Sohle der Strecke A eine Aushöhlung (Wöhrschram) a b c d macht und am Anfang derselben nach A zu aus starkem Holz den Wöhrbund e f g h errichtet. Der Wöhrschramraum hinter dem Wöhrbund wird mit Letten B ausgefüllt und hinter demselben am Anfang des Kanals C (Lettengerüst) abermals eine Holzwand k angebracht. Durch beide Holzwände und die Lettenmasse B ist das vorn mit einem Hahn n und hinten mit einem Seiheblech versehene Ablaßrohr gelegt. Der Kanal C ist mit Holz ausgekleidet und dieses von allen Seiten mit Letten umgeben, auch bei m noch ein mit Letten ausgefüllter Schram angebracht, um größere Sicherheit gegen Solendurchbrüche zu erlangen. i durchlöcherte Wand, E mit starkem Holz ausgekleideter Verbindungskanal nach dem Sumpf D zu, einem aus übereinander gelegten Holzgevieren hergestellten und mit Bohlen bedeckten Schacht, welcher in einen der mit Wasser gefüllten kommunizierenden Räume G hineinragt, durch seine Zwischenräume zwischen den Holzgevieren die immer nach unten sinkende gesättigte Sole aufnimmt und in die Räume E und C entläßt. Zeigt sich das in schwachem Strahl zwischen die Gebirgspfeiler zugeführte Wasser in C mit S. gesättigt, so öffnet man den Hahn n und läßt die Sole ab. Hierauf entfernt man einen Teil des von der Decke auf die Erde gefallenen ausgelaugten Gebirges (Laist) F, erhöht den Sumpf D, läßt abermals Wasser in die ausgehöhlten Räume, zapft demnächst die gesättigte Sole ab und wiederholt diese Operationen, bis die Decke ("Himmel") der entstandenen Höhlungen bis an den obern Stollen rückt, worauf man das Sinkwerk verläßt.

Gegenwärtig treibt man mit den neuern Hilfsmitteln ein weites Bohrloch bis zu dem Steinsalz nieder, füttert es mit Röhren aus, hängt eine engere kupferne Röhre hinein und erhält den Raum zwischen beiden Röhren stets mit Wasser gefüllt. Unter diesen Umständen bildet sich in dem Steinsalzlager eine starke Sole, die durch hydrostatischen Druck in dem engern Rohr in die Höhe getrieben wird. Da die Sole aber spezifisch schwerer ist als das reine Wasser, so erreicht sie auch nicht die Höhe desselben und muß daher durch Pumpwerke gehoben werden. In der Natur entstehen auf ganz ähnliche Weise die Salzsolen oder Salzquellen, welche entweder an der Oberfläche der Erde hervorkommen, oder sich in im Steinsalzgebirge niedergebrachten Schächten (Solschächten, Solbrunnen) sammeln, die man zu diesem Zweck abgeteuft hat. Selten sind solche natürliche Salzquellen aber gesättigt; ja, sie sind meist durch das von allen Seiten ihnen zufließende süße Wasser so verdünnt, daß man in neuerer Zeit vielfach vorgezogen hat, das Steinsalzlager, dem die Quellen ihren Ursprung verdanken, zu erbohren und das Bohrloch mit Röhren auszufüttern, welche die fremden Wasser abhalten (Bohrlochsbetrieb). Die Sole wird alsdann mittels einer kombinierten Saug- und Hebepumpe zu Tage geschafft. Bisweilen erfordern es die Umstände, daß man das Salzgebirge durch Bergbau zu Tage fördert und dann auslaugt. Dies geschieht namentlich in England und z. B. auch bei Bex in der Schweiz, wo der Anhydrit, aus welchem das dortige Salzgebirge besteht, so fest und zusammenhängend ist, daß er im Wasser nicht zerfällt.

Die Solen enthalten neben Kochsalz viele fremde Salze, und diese scheiden sich bei der Konzentration zum Teil vor, zum Teil nach dem Kochsalz aus. Namentlich finden sich Chloride, Bromide (seltener Jodide), Sulfate, Carbonate, Silikate von Natrium, Kalium (auch Rubidium, Cäsium, Thallium), Magnesium, Calcium und Eisen sowie organische Substanzen. Starke Solen werden sofort verdampft, schwache konzentriert man durch Kälte (Ochotsk, Irkutsk) oder dadurch, daß man sie bei gewöhnlicher Temperatur einem Verdunstungsprozeß unterwirft. Welche Konzentration die Solen haben müssen, um siedewürdig zu sein, hängt von dem Preis des Brennmaterials ab. Gewöhnlich werden schwache Solen zunächst gradiert, indem man sie über die Dornenwände der Dorngradierhäuser leitet. Hierbei erfahren sie eine Reinigung, indem gewissen Salzen das zu ihrer Lösung erforderliche Wasser durch Verdunstung entzogen wird (Gips) oder durch die stete Bewegung der tröpfelnden Sole Kohlensäure aus doppeltkohlensauren Salzen (von Eisen, Calcium etc.) entweicht. Die ausgeschiedenen Salze setzen sich dann auf den Dornen als Dornstein (s. d.) fest. Man belegt im Gradierhaus entweder nur die dem Wind entgegenstehende äußere Fläche der Dornenwand mit Sole und überläßt es dem Winde, die Sole nach dem Innern der Wand zu verbreiten (Flächengradierung), oder man läßt auch das Innere der Wand betröpfeln (kubische Gradierung). Ist bloß eine Dornenwand vorhanden, so wird hierbei nur die dem Wind entgegenstehende Hälfte benetzt, während in der andern Hälfte die verspritzte und verwehte Sole aufgefangen wird. Sind dagegen zwei Dornenwände vorhanden, so wird die ganze dem Wind entgegenstehende Wand betröpfelt, und die zweite Wand dient zum Auffangen. Bei solchen zweibändigen Gradierhäusern wendet man endlich auch die kombinierte kubische und Dreiflächengradierung an, indem man die ganze dem Wind zugekehrte Wand und außerdem noch die dem Wind zugekehrte Hälfte der andern Wand betröpfelt. Dies letztere Verfahren gibt bei Gradieranstalten mit zwei Dornenwänden den größten Effekt; zwei parallele, in einem Gebäude vereinigte Gradierwerke leisten aber immer ansehnlich weniger, als dieselben Wände voneinander getrennt leisten würden. Fig. 2 läßt die Einrichtung eines zweiwandigen Gradierwerks erkennen. a Hauptsäule; b äußere Dornensäulen; c innere Dornensäulen; d Hauptsturmstreben; e Streben; f Oberhalter; g Träger für den Gerinnkasten; h Dornenwände aus Bündeln von Schwarz- oder Schlehendorn; i Solkasten, mit Thonlage k umstampft und mit einem schrägen Dach l versehen, zur Aufnahme der gradierten Sole, demselben durch die Rinne m zufließend; n Hauptsolenleitung, aus welcher durch Röhren p sowohl die innern als äußern Dornenwände, letztere aus den Röhren o, mit Sole versehen werden; q Spunde, um die nach den Röhren o gelangende Sole abzustellen; r Geländer um die Solenleitung herum. Die Sole muß stets mehreremal über die Wände laufen; bei billigem Brennmaterial konzentriert man sie nur bis zu 15 Proz., auf den meisten Salinen bis 20 Proz. und auf einigen sogar bis zu 26 Proz. Salzgehalt, also fast bis zur Sättigung. Der Betrieb der Gradierung ist mit Vorteil nur in der wärmern Jahreszeit möglich und muß selbst in dieser bei ungünstiger Witterung eingestellt werden. In Deutschland sind 200-260 Tage jährlich für den Betrieb geeignet. Auf einigen Salinen, deren Sole ohne Gradierung siedewürdig ist, läßt man dieselbe dennoch einmal durch die Dornenwand fallen, um sie von kohlensauren Salzen, namentlich kohlensaurem Eisenoxydul, welches