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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Senegal

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Senegal (Fluß und Kolonie).

Guier (links) als Reservoirs, welche zur Zeit der Flut die überschüssigen Wassermassen aufnehmen, um dieselben bei Niedrigwasser wieder abzugeben. Als Verkehrsstraße hat der S. keine große Bedeutung, schon die Einfahrt ist infolge der fürchterlichen Brandung und einer Barre so schwierig, daß Schiffe oft monatelang zu warten haben. Aufwärts kann der Fluß bis Mafu, etwas oberhalb Podor, etwa 350 km von der Mündung, wo sich bei Niedrigwasser die Wirkung der Flut so bemerkbar macht, daß das Flußwasser ganz salzig wird, von Dampfern befahren werden. Zur Zeit der Hochwasser können größere Dampfer selbst bis zu den Fällen von Felu, oberhalb Medine, gelangen; bei Niedrigwasser können die Eingebornen mittels eines über den Strom geworfenen Baumstammes stellenweise die Schiffahrt sperren. In der Regenzeit steigt der S. bei Bakel über 15 m, bei Matam 9-10, bei Podor 6, bei Dagana 4 m, dann wird selbst bei St.-Louis das Wasser süß. Ein Plan, den S. durch eine Eisenbahn mit dem Niger bei Bammaku zu verbinden, ist nur auf der kleinen, 63 km langen Strecke von Kayes unterhalb Medine bis Diamou ausgeführt worden. Eine Telegraphenlinie begleitet, von St.-Louis ausgehend, den S. an seinem Südufer, alle militärischen Posten miteinander verbindend. Der S. bildet die Grenze zwischen zwei Völkerrassen: im N. bleiben die Berbern und Araber stehen, im Süden die Nigritier; er ist der Ausgang der Afrika durchschneidenden Querlinie, welche die Länder der Schwarzen von denen der Braunen trennt. Vielleicht ist der S. der Stachyris der Alten; im Mittelalter wird seine Mündung als Sinus Aethiopicus dargestellt. 1447 besuchte ihn der Portugiese Lancerote und benannte ihn nach den Senegaberbern an seiner Mündung; später verschafften ihm die Nachrichten von Gold an seinen und des Faleme Ufern den Namen Fleuve d'or. Doch vernachlässigten die Portugiesen den Fluß; 1626 legten die Franzosen hier Faktoreien an und begannen den sich bald schnell entwickelnden Handel mit Gummi, Gold, Sklaven, Elfenbein, Fellen (s. Karte bei Art. "Guinea"). Vgl. Braouézec, L'hydrographie du Sénégal (Par. 1861); Mavidal, Le Sénégal (das. 1863); Ricard, Le Sénégal (das. 1866); Haurigot, Le Sénégal (Poitiers 1887); Ancelle, Les explorations au Sénégal (Par. 1887).

Senegal, franz. Kolonie in Nordwestafrika, welche sich vom Cabo blanco im N. bis zur Nordgrenze der englischen Kolonie Sierra Leone im Süden hinzieht, dabei aber von den englischen Besitzungen am Gambia und später von Portugiesisch-Guinea unterbrochen wird. Administrativ gehören ferner die französischen Besitzungen an der Elfenbeinküste (Grand Bassam u. a.) und der Sklavenküste hierher. Eine wirkliche Souveränität übt Frankreich aber nur über den mit zahlreichen Militärposten besetzten Senegal, ein Stück des linken Nigerufers gegenüber dem Reich Segu und den Küstenstrich zwischen Senegal und Salum, die Uferlandschaften des Casamanze und das von Portugiesisch-Guinea und Sierra Leone begrenzte Küstenland, den Distrikt der Rivières du Sud. Über die großen Gebiete weiter im Innern (Kaarta, Segu, Samorys Reich, Futa Dschallon) hat Frankreich nur durch Verträge sich einen Einfluß gesichert, die Ansprüche auf das Küstenland zwischen Senegal u. Cabo blanco stehen vorläufig auf dem Papier. Offiziell wird das Areal der Kolonie angegeben auf 382,500 qkm (6941 QM.) mit (1886) 1,850,000 Einw. Auf die eigentliche Kolonie S. entfallen 358,500 qkm, auf die Etablissements an der Goldküste 24,000 qkm. Zur französischen Interessensphäre gehören weit über 2 Mill. Menschen. Unter jener Bevölkerung zählte man nur 2971 Franzosen, zumeist Beamte und Militärs. Administrativ zerfällt die eigentliche Kolonie S. in zwei Arrondissements: St.-Louis u. Gorée, mit den Städten und Militärposten St.-Louis, Richard Toll, Dagana, Podor, Saldé, Bakel, Medine, Gorée, Dakar, Rufisque, Thiès, Pont, Portudal, Joal, Kaolack. Am Niger sind die Militärstationen Bammaku, Baguinta u. Kulikoro. Hauptstadt und Sitz der Regierung ist St.-Louis. Die Rivières du Sud zerfallen in die Distrikte Casamanze, Rio Nuñez, Rio Pongo und Mellacorée. Hauptort ist Sedhiu. An der Elfenbeinküste sind Grand Bassam und Assini, an der Sklavenküste Grand Povo und Porto Seguro die Hauptplätze. Was insbesondere die französischen Besitzungen in Senegambien betrifft, so wird Ackerbau, obschon die Fruchtbarkeit namentlich des Südens dazu einladet, wenig betrieben; nennenswert ist der Anbau von Hirse, Mais, Sesam und die Kultur der Erdnuß (Arachis hypogaea), welche durch die europäische Nachfrage sehr gefördert wird. Baumwolle wird nur wenig gebaut, Indigo und Reis wachsen wild. Palmkerne werden aus den südlichen Küstenplätzen exportiert, ebenso Kopalharz. Kolanüsse bilden einen wichtigen Handelsartikel im Land selber. Für Viehzucht eignet sich das Land an der Küste schlecht, doch gedeihen im Innern Rinder, Schafe, Pferde, Kamele etc. Die Gebirge sind reich an Gold, Quecksilber, Kupfer und Eisen, doch wird sehr wenig und zwar nur von den Eingebornen in primitivster Weise gewonnen. Von einheimischen Industrien ist die Verfertigung baumwollener Zeuge, von Matten, Körben, Leder und hübschen Goldsachen zu nennen. Ausgeführt werden Erdnüsse und Gummi, dann Häute, Felle, Elfenbein, Kautschuk, Straußfedern (1885 für 17,242,476 Frank vom Senegal); die Rivières du Sud exportierten Kautschuk, Palmöl und Palmkerne, Rinderhäute, Kolanüsse (1885 für 1,770,757 Fr.). Eingeführt werden Baumwollzeuge (Guinées), Flinten und Pulver, Spirituosen, Kleineisenwaren, Tabak, Provisionen, Eisenbahn- und Telegraphenmaterial (1885 für 24,973,409 Fr.). Die Einfuhr der Rivières du Sud soll 4-5 Mill. Fr. betragen. Die Hauptverkehrsplätze sind St.-Louis, wohin aber keine Postdampfer gehen, Gorée, Rufisque, Rio Nuñez, Rio Pongo, Konakri, Tannah, wo die von Bordeaux kommenden Dampfer anlegen; in Gorée verkehren auch regelmäßig die englischen und deutschen Dampfer. Für den Verkehr mit dem Innern dienen in unvollkommener Weise die Flüsse (Senegal mit Faleme, Salum, Casamanze, Compony, Nuñez, Pongo, Mellacorée) und mangelhafte Straßen. Von Eisenbahnen stehen die Linien St.-Louis-Dakar und Khayes- (bei Medine) Diamou, zusammen 396 km, im Betrieb, von Telegraphenlinien 2457 km mit 24 Büreaus, in denen 1885: 10,700 Telegramme befördert wurden; die Post besorgte in 39 Ämtern 867,537 Sendungen. Die Ausgaben Frankreichs für S. beziffern sich (1886) auf 10,719,000 Fr., dazu kommt noch ein Kolonialbudget von 2,831,000 Fr.; die Kolonialschuld beträgt 719,000 Fr. - Kaufleute von Dieppe und Rouen legten bereits 1637 Faktoreien am Senegal an, und bis 1758 errichteten die Franzosen nicht weniger als acht verschiedene Handelskompanien an jenem Strom, die aber sämtlich zu Grunde gingen, weil Monopolwesen und Ausschließlichkeit ihre Richtschnur bildeten. Im Siebenjährigen Kriege gerieten die französischen Faktoreien in den Besitz der Engländer, doch erhielten die Franzosen 1763 St.-Louis und 1779 Gorée wieder zurück. 1791 wurden alle Privilegien abgeschafft und die Besitzungen vom Staat übernommen; doch