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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Siebenjähriger Krieg

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Siebenjähriger Krieg.

furt a. M. sammelte und nach Zurückweisung eines Angriffs der Verbündeten bei Bergen (13. April) durch Hessen bis zur Weser vordrang, ward es 1. Aug. 1759 von Ferdinand bei Minden geschlagen und über Rhein und Main zurückgetrieben.

So hatte sich Friedrich zwar im Besitz seiner Lande behauptet, aber durch einen entscheidenden Erfolg die feindliche Koalition zu sprengen war ihm nicht gelungen. Und schon machte sich der Mangel an Geld, dem er durch das gefährliche Mittel der Münzverschlechterung abzuhelfen suchte, und an Offizieren und geschulten Soldaten geltend; die Feinde steigerten klugerweise diesen Mangel, indem sie die Kriegsgefangenen nicht auswechselten, was für Friedrich den weitern Nachteil hatte, daß er seine Gefangenen in den Festungen durch verstärkte Garnisonen bewachen lassen und so seine Feldarmee verringern mußte. Nur 130,000 Mann hatte er daher 1759 auf dem östlichen Kriegsschauplatz verfügbar, während Österreich und Rußland mehr als 250,000 Mann ins Feld stellten und eine Vereinigung ihrer Streitkräfte planten. Diese wollte Friedrich unter allen Umständen hindern und schickte den durch Polen heranrückenden Russen erst Dohna, dann Wedell entgegen, während er selbst Schlesien deckte. Wedell wurde aber 23. Juli bei Kay geschlagen, und nun konnte sich Laudon mit den Russen vereinigen. Der König griff die Verbündeten 12. Aug. bei Kunersdorf an, erlitt aber, weil er sich mit einem halben Sieg nicht begnügen wollte, eine so furchtbare Niederlage, daß er selbst alles für verloren hielt und, um seine Streitkräfte für den letzten Verzweiflungskampf zusammenzuhaben, den Befehlshabern der Elbfestungen befahl, sie lieber zu räumen als es auf eine Einschließung ankommen zu lassen. Durch die Uneinigkeit der Russen und Österreicher gewann er jedoch Zeit, sein zerstreutes Heer wieder zu sammeln, zu ordnen und zu vermehren. Da die Russen, verdrießlich über Dauns Unthätigkeit, im Oktober nach Polen zurückkehrten, konnte sich Friedrich nach Sachsen wenden, wo infolge seines Befehls Dresden, Torgau und Wittenberg den Österreichern und Reichstruppen geräumt worden waren und Daun daher eine starke Stellung einnahm. Um diesen nicht nur zum Rückzug aus Böhmen zu nötigen, sondern ihm auf demselben noch empfindliche Verluste beizubringen, schickte der König den General v. Finck in das Erzgebirge, wo derselbe jedoch 21. Nov. bei Maxen von Daun zur Kapitulation genötigt wurde. Die Österreicher blieben nun den Winter über in Sachsen, und Friedrich mußte deshalb ein festes Lager bei Wilsdruf ^[richtig: Wilsdruff] beziehen, in dem sein Heer wegen der strengen Kälte sehr litt.

Im J. 1760 versuchte der König, Dresden wiederzuerobern, doch vergeblich. Inzwischen war Laudon in Schlesien eingefallen, hatte Fouqué 23. Juni bei Landeshut vernichtet und Glatz erobert. Die Vereinigung, welche die österreichischen Feldherren Laudon, Lacy und Daun mit den Russen unter Soltikow planten, vereitelte Friedrich durch seinen Sieg bei Liegnitz über Laudon (15. Aug.), so daß die Russen und Österreicher mit der kurzen Besetzung Berlins durch Streifkorps (9.-12. Okt.) sich begnügen mußten. Sachsen wurde, mit Ausnahme von Dresden, durch die Schlacht bei Torgau (3. Nov.) wiedergewonnen. Aber die Erschöpfung der Hilfsmittel Preußens nahm trotz des herben Druckes, mit dem er Sachsen belastete, aufs bedenklichste zu. Die Offiziere waren zum Teil halberwachsene Knaben, die meisten Soldaten ungeschulte Rekruten; nur wenige Veteranen waren noch übrig und erhielten im Heer den Fridericianischen Geist. Der Mangel an Geld stieg dadurch aufs höchste, daß 25. Okt. 1760 Georg II. von England starb und sein Nachfolger Georg III. zwar das Bündnis mit Preußen nicht aufhob, aber keine Subsidien mehr zahlte. Mit Mühe konnte der König 1761 ein Heer von 96,000 Mann den 230,000 Mann Russen und Österreichern entgegenstellen. Auf einen Angriff mußte er daher verzichten und sich, während Prinz Heinrich Sachsen deckte, in Schlesien damit begnügen, den vereinigten Österreichern (unter Laudon) und Russen (unter Buturlin) gegenüber bei Bunzelwitz (Königszelt) ein festes Lager aufzuschlagen und dasselbe so lange zu behaupten, bis Mangel an Lebensmitteln und Uneinigkeit mit Laudon 10. Sept. Buturlin zum Abmarsch nach Polen bewogen. Ein empfindlicher Verlust war aber 1. Okt. die Überrumpelung der Festung Schweidnitz durch Laudon, der am 16. Dez. die Eroberung Kolbergs durch die Russen folgte. Obwohl der Herzog von Braunschweig 15. und 16. Juli 1761 bei Villinghausen über die Franzosen gesiegt hatte, war dennoch die Lage des Königs eine verzweifelte: Schlesien, Sachsen und Pommern waren nur noch zum Teil in seiner Gewalt, der Rest seines Gebiets an Menschen und Geld völlig erschöpft und die Hoffnung auf Englands Hilfe durch den Sturz Pitts (Herbst 1761) vereitelt. Trotz seiner heldenmütigen Ausdauer und seiner unermüdlichen Thätigkeit in der Ergänzung und Verbesserung des Heers schien Friedrich nach menschlicher Voraussicht verloren.

Der Tod der russischen Kaiserin Elisabeth (5. Jan. 1762) änderte die ganze Lage der Dinge mit Einem Schlag. Der neue Zar, Peter III., ein Bewunderer Friedrichs, schloß bereits 16. März zu Stargard einen Waffenstillstand und 5. Mai zu Petersburg Frieden mit Preußen, wechselte die Gefangenen aus, räumte ohne Entschädigung die preußischen Provinzen und bewog auch Schweden zum Frieden von Hamburg (22. Mai). Ja, im Juni schloß Peter III. ein Bündnis mit Preußen und ließ 20,000 Mann unter Tschernitschew zum Heer des Königs stoßen. Dieser war vor allem darauf bedacht, Schlesien wiederzuerobern, das Daun mit 90,000 Mann besetzt hielt. Der Sturz Peters III. und die Thronbesteigung Katharinas II. (9. Juli 1762) drohten die glückliche Wendung der Dinge wieder in Frage zu stellen. Doch gelang es Friedrich noch, vor Tschernitschews Abmarsch das feste Lager Dauns bei Burkersdorf 21. Juli zu erstürmen, denselben zum zweitenmal (16. Aug.) bei Reichenbach zu schlagen und 9. Okt. Schweidnitz wiederzuerobern, womit ganz Schlesien außer Glatz wiedergewonnen war. Auch der befürchtete neue Krieg mit Rußland trat nicht ein; Katharina bestätigte den Frieden vom 5. Mai und hielt sich neutral. Sachsen befreite Prinz Heinrich durch seinen Sieg über die österreichischen und Reichstruppen bei Freiberg (29. Okt.). Im Westen endlich überfiel Herzog Ferdinand die Franzosen 24. Juni bei Wilhelmsthal und eroberte 31. Okt. Kassel wieder.

Da Frankreich auch zur See sich England nicht gewachsen gezeigt hatte, gab es den Kampf auf, und 3. Nov. 1762 wurden zu Fontainebleau die Friedenspräliminarien und 10. Febr. 1763 zu Paris der Friede zwischen Frankreich und England unterzeichnet, in welchem ersteres Kanada abtrat und sich verpflichtete, am Kampf in Deutschland nicht mehr teilzunehmen. Dies nötigte auch die deutschen Reichsstände, Frieden mit Preußen zu schließen, um so mehr, da ein preußisches Streifkorps unter General Kleist im November 1762 in Süddeutschland bis zur Donau vor-^[folgende Seite]