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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Sinter - Sion.

2. Aufl. des 1. Bds. 1839), der sich die des "Corpus juris canonici" im Auszug (das. 1834-39, 2 Bde.) anschloß. Sein "Handbuch des gemeinen Pfandrechts" (Halle 1836) hatte seine Berufung als ordentlicher Professor an die Universität Gießen zur Folge, von wo er jedoch schon 1841 als Mitglied der Landesregierung und des Landeskonsistoriums nach Dessau berufen ward. 1848 wurde er Mitglied des Oberlandesgerichts zu Dessau, 1850 saß er im Staatenhaus des Erfurter Parlaments, und in demselben Jahr ward er zweiter Präsident des gemeinschaftlichen Oberlandesgerichts für Anhalt-Dessau und Köthen sowie nach der Vereinigung beider Herzogtümer 1853 alleiniger Präsident desselben. 1862 wurde er an v. Plötz' Stelle in das anhalt-dessauische Ministerium berufen und 1863 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. Als in diesem Jahr Anhalt-Bernburg an Dessau fiel, wurde S. mit der Besitzergreifung dieses Landes beauftragt und bald darauf, im November, an die Spitze des neu errichteten Staatsministeriums für ganz Anhalt gestellt. In Begleitung des Erbprinzen nahm er an dem Frankfurter Fürstenkongreß im August 1863 Anteil und war 1866 und 1867 Vertreter Anhalts im Rate des Norddeutschen Bundes. Anfang 1868 in den Ruhestand versetzt, starb er 2. Aug. 1868 in Dessau. Sein bedeutendstes Werk ist "Das praktische gemeine Zivilrecht" (Leipz. 1844-1851, 3 Bde.; 3. Aufl. 1868-69). Außerdem schrieb er eine "Anleitung zum Studium des bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Sachsen" (Leipz. 1864).

Sinter, die Absätze im Wasser aufgelöster Mineralien aus demselben, zusammenhängende Überzüge oder Tropfsteine (s. d.) bildend. Das hauptsächlichste Material der S. ist kohlensaurer Kalk, meist in der Modifikation des Kalkspats, bald faserig (Kalksinter), bald körnig (Kalkalabaster), aber auch als Aragonit (Sprudelstein), seltener Opal (Kieselsinter), am seltensten Gips. Geringe Mengen von S. bilden sich als Absatz aus Wasser, das in Hohlräume einträufelt, größere Massen von S. setzen Quellen ab, indem sich nach dem Austritt derselben die die Lösung unterstützenden Agenzien und Umstände zum Nachteil der lösenden Kraft ändern, sei es, daß Kohlensäure entweicht, sei es, daß das Wasser verdunstet oder sich abkühlt. Bei reichlichem Absatz von S. wird derselbe zum Abformen von Basreliefs, zum Übersintern von Holzschnitzereien, von Blumen etc. benutzt. Anstatt der Bezeichnung S. wird häufig auch das Wort Tuff gebraucht, welches aber besser für die Benennung des feinsten Zertrümmerungsmaterials vulkanischer Gesteine (Basalttuff etc.) reserviert bleibt. - Im Hüttenwesen bezeichnet man mit S. die Oxydschicht auf geglühtem Eisen (Hammerschlag, Glühspan), dann auch die beim Stahlfrischen sich erzeugende Schlacke (Lacht); Sinterfrischen, die Verwandlung des glühend gezähten Roheisens mit Eisenhammerschlag in Frischherden in Schmiedeeisen; Sinteröfen, niedrige Schachtöfen (auch Wolfs- oder Stücköfen genannt) zur Verarbeitung von Eisenfrischschlacken auf Eisenklumpen (Wölfe, Stücke).

Sinterkohle, s. Steinkohle.

Sinteropal, s. Kieselsinter.

Sintflut (lat. Diluvium), die nach mosaischem Bericht (1. Mos. 6) zur Zeit Noahs von Gott zur Vernichtung der sündigen Menschen verhängte Überschwemmung der ganzen Erde, daher gewöhnlich Sündflut genannt. Die Benennung ist aber nicht von dem Wort Sünde, sondern von dem altdeutschen sinfluot ("große Flut") abzuleiten, wie denn noch Luther stets Sindflut schrieb. Auffallend ist die große Verbreitung der freilich sehr weit voneinander abweichenden Sintflutmythen. Die alten Bücher der Chinesen und der Inder bringen verschiedene Formen derselben; dem hebräischen Bericht (1. Mos. 6-9) nahe kommt eigentlich nur die assyrisch-babylonische Erzählung von Xisuthrus und dem an ihn ergangenen Befehl, eine Arche zu bauen, von deren Ausrüstung, der großen Wasserflut, dem Landen in Armenien, dem Aussenden eines Vogels etc. Ähnliche Sagen entstanden sogar in Nord- und Südamerika. Die Indianer am Orinoko erzählten A. v. Humboldt, daß "zur Zeit des großen Wassers" ihre Vorfahren in Kanoes bis zu den höchsten Felsenspitzen gelangt seien. Der Entstehung solcher Sagen an verschiedenen Punkten der Erde liegt die Thatsache zu Grunde, daß fast überall auf hohen Bergen fossile Muscheln und Tierknochen gefunden werden, woraus indessen die Geologie nur den Schluß zieht, daß große Landstrecken, die jetzt gehoben sind, einst vom Meer überflutet waren. Vgl. Diestel, Die S. und die Flutsagen des Altertums (2. Aufl., Berl. 1876); Süß, Die S., geologische Studie (Prag 1883).

Sintflutmensch, s. Andrias Scheuchzeri.

Sintoismus (Schintoismus), Religion der Japaner, s. Japan, S. 160.

Sinus (lat.), Busen, Höhlung, z. B. s. transversi, Querblutleiter, weite Venen der harten Hirnhaut. - S. eines Kreisbogens oder des zugehörigen Zentriwinkels, geschrieben sin., in der Trigonometrie die halbe Sehne des doppelten Bogens, dividiert durch den Halbmesser (s. Trigonometrie). Statt dieses jetzt üblichen numerischen S., welcher ein echter Bruch ist, wandte man früher den linearen S., d. h. die absolute Länge der halben Sehne selbst, an; den Radius bezeichnete man mit dem Namen S. totus. Sinusversus, Quersinus, gekürzt sin. vers., ist die Einheit, vermindert um den Kosinus. Die Geometer und Astronomen des griechischen Altertums bedienten sich nicht des S., sondern rechneten mit den Sehnen der Bogen selbst; dagegen war der S. unter dem Namen dschiva oder dschya (s. v. w. Sehne, auch bei einem zum Schießen dienenden Bogen) frühzeitig bei den Indern im Gebrauch, von denen ihn um 900 n. Chr. die Araber entlehnten. Der Name S. ist die lateinische Übersetzung des arabischen Wortes dschaib (s. v. w. Busen), mit welchem die Araber den S. bezeichneten; wahrscheinlich ist aber dieses Wort nur eine arabisierte Lesart des Sanskritausdrucks dschiva, da dschaib und dschiba in arabischer Schrift nicht unterschieden sind. Vgl. Hankel, Zur Geschichte der Mathematik (Leipz. 1874). Im christlichen Abendland wurden die S. anstatt der Sehnen von Regiomontanus (s. d.) eingeführt.

Sinusbussole, s. Tangentenbussole.

Sinzheim, Dorf im bad. Kreis und Amt Baden, an der Linie Mannheim-Konstanz der Badischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, Porphyrbrüche, Bierbrauerei und (1885) 3611 Einw. Dabei Villa Fremersberg (ehemaliges Franziskanerkloster).

Sinzig, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Ahrweiler, an der Ahr und der Linie Kalscheuren-Bingerbrück der Preußischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, eine große Fabrik für Mosaikplatten und Thonwaren, Weinbau und (1885) 2581 Einw.

Sion, s. v. w. Zion.

Sion (spr. ssióng, deutsch Sitten, das Sedunum der Römer), Hauptstadt des schweizer. Kantons Wallis, an der reißenden Sionne im schönsten Teil des Rhône-^[folgende Seite]