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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sizilien, Königreich beider

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Sizilien, Königreich beider (Geschichte bis 1600).

griffe, bis Peter von Aragonien, Manfreds Schwiegersohn, ihnen zu Hilfe kam und die Krone von Sizilien annahm. Hierdurch wurde die Insel bis 1442 vom Festland getrennt.

Karl von Anjou sah sich bald auch auf dem Festland durch Erhebungen der Ghibellinen und durch Angriffe seitens der Sizilianer bedroht, die während seiner Abwesenheit in Frankreich über seinen Sohn Karl von Salerno auf der hohen See vor Neapel 23. Juni 1283 einen glänzenden Sieg davontrugen, der letztern selbst in die Hände der Sieger lieferte. Nicht lange darauf, 7. Jan. 1284, starb Karl auf einem Feldzug gegen die empörte Insel. Ihm folgte sein Sohn Karl II. (1284-1309), dessen Versuche, Sizilien wiederzugewinnen, alle vergeblich waren, und dessen Sohn Philipp in der unglücklichen Schlacht bei Falconera (unweit Trapani) 1299 in Gefangenschaft fiel. Unwillig über die Ohnmacht Karls II. rief der Papst den Bruder des Königs von Frankreich, Karl von Valois, zu Hilfe. Aber auch dieser konnte nichts ausrichten und schloß 19. Aug. 1302 mit Peters von Aragonien Sohn Friedrich einen Vertrag, nach welchem dieser mit Karls Schwester vermählt und auf Lebenszeit als König von Sizilien anerkannt wurde. Karls II. Nachfolger war sein zweiter Sohn, Robert (1309-43), "der Gütige", ein kluger, geistvoller Fürst; des ältern Bruders, Karl Martell, Sohn Karl Robert erhielt die Krone von Ungarn. Nach Roberts segensreicher Regierung ward das Königreich Neapel fast 100 Jahre lang von Ränken, Verbrechen und innern Kriegen zerrüttet. Robert hinterließ den Thron seiner Enkelin Johanna I. (1343-1382), welche mit Andreas von Ungarn, dem Sohn Karl Roberts, vermählt war. Der Krönung dieses unbedeutenden, ungebildeten Fürsten zum König widersetzte sich eine Partei am Hof, an deren Spitze zwei Brudersöhne des Königs Robert, Karl von Durazzo und Ludwig von Tarent, standen, und diese veranlaßten, vielleicht im Einverständnis mit Johanna, die ihren Gemahl geringschätzte, die Ermordung von Andreas (21. Aug. 1345), worauf Johanna 20. Aug. 1346 Ludwig von Tarent ihre Hand reichte. Als König Ludwig von Ungarn 1348 mit einem Heer gegen Neapel zog, um den Tod seines Bruders zu rächen, flüchtete Johanna, und Ludwig zog in Neapel ein, wo er über die Mörder seines Bruders ein blutiges Strafgericht verhängte, dem auch Karl von Durazzo zum Opfer fiel; doch schloß er im Oktober 1350, weil ihn der polnisch-litauische Krieg nach dem Norden zurückrief, mit Johanna unter Vermittelung des Papstes einen Waffenstillstand, und Johanna ward nebst ihrem Gemahl im Mai 1352 vom päpstlichen Legaten in Neapel feierlich gekrönt. Zur Thronerbin ward die Gemahlin Karls des Kleinen von Durazzo, Margarete, die Tochter von Johannas Schwester Maria, welche Johanna an Kindes Statt annahm, erklärt. Nach dem Tod Ludwigs von Tarent (1362) vermählte sich Johanna mit Jakob von Mallorca und, als auch dieser 1375 starb, 1376 mit Otto von Braunschweig, einem streitlustigen Bandenführer. Aber Ludwig von Ungarn erneuerte seine Ansprüche auf den Thron von Neapel, gewann auch Karl von Durazzo für sich und rüstete ein Heer aus, an dessen Spitze Karl von Durazzo Otto von Braunschweig 26. Juni 1381 bei San Germano besiegte. Hierauf besetzte Karl Neapel, nahm Johanna gefangen und ließ sie 22. Mai 1382 ermorden. Zwar suchte ihm Ludwig von Anjou, Sohn König Johanns von Frankreich, den Johanna an Sohnes Statt angenommen und zum Erben der Krone ernannt hatte, die Herrschaft streitig zu machen, indem er mit einem Heer in Neapel einfiel. Doch starb er schon 21. Sept. 1384 und nun ward Karl III. (1382-86) allgemein als König anerkannt. Aber schon 1386 fand er in Ungarn, wo eine Partei ihn als König aufgestellt hatte, einen gewaltsamen Tod, worauf ein Teil des Adels seinen Sohn Wladislaw, ein andrer Ludwig II. von Anjou zum König ausrief. Nach mannigfachen Wechselfällen entschied das Glück für Wladislaw, der 1390 als König anerkannt wurde und bis 1414 regierte. Ihm folgte seine Schwester Johanna II. (1414-35), welche 1421 Alfons V. von Aragonien, 1423 aber Ludwig III. von Anjou adoptierte, welcher seine Ansprüche auf den Thron seinem Bruder René hinterließ; allein dieser wurde von Alfons vertrieben, welcher 1442 Neapel einnahm und dies Königreich wieder mit Sizilien vereinigte.

Die spanische Herrschaft.

Alfons ernannte bei seinem Tod (1458) seinen natürlichen, aber legitimierten Sohn Ferdinand I. (1458-94) zum König von Neapel, während Sizilien mit Aragonien unter seinem Bruder Johann II. vereinigt bleiben sollte. Ferdinand, eigenwillig und rücksichtslos, war vor allem darauf bedacht, den unbotmäßigen Adel zu bändigen und die großen Lehnsgüter in zuverlässige Hände zu bringen; auch beförderte er Handel und Fabrikthätigkeit und wandte besonders der Seidenkultur seine Aufmerksamkeit zu. Als aber unter seinem Sohn Alfons II. (1494-95) Karl VIII. von Frankreich, die Ansprüche der Anjous auf den neapolitanischen Thron erneuernd, einen Kriegszug gegen Neapel unternahm, empörte sich ein Teil des Adels, und Alfons mußte nach Messina flüchten, wo er 19. Nov. 1495 starb. Karl VIII. hielt 22. Febr. 1495 seinen Einzug in Neapel und empfing 12. Mai die Krone, kehrte aber noch in demselben Jahr nach Frankreich zurück. Sofort landete Alfons' Sohn Ferdinand II. mit sizilischen Schiffen, zwang, von einer spanischen Flotte und einem spanischen Landheer unterstützt, die französischen Besatzungen zur Kapitulation und zog im Januar 1496 wieder in Neapel ein; doch starb er schon 7. Sept. und hinterließ den Thron seinem Oheim Friedrich (1496-1501). Gegen diesen vereinigten sich König Ludwig XII. von Frankreich und Ferdinand der Katholische von Spanien 11. Nov. 1500 im Vertrag zu Granada zur Eroberung Neapels, von dem Kalabrien und Apulien an Ferdinand, das übrige Gebiet an Frankreich fallen sollte. Die vereinigten Spanier und Franzosen eroberten das Königreich rasch und ohne viel Widerstand zu finden; Friedrich wurde als Gefangener nach Frankreich abgeführt, wo er 1504 starb, und bei der Eroberung Tarents (1502) fiel auch sein Sohn Ferdinand in die Gewalt seiner Feinde. Die Verteilung der Beute führte unter diesen zu Streitigkeiten und endlich zum Krieg, in welchem die Franzosen nach verschiedenen Niederlagen, bei Seminara (21. April 1503), Cerignola (28. April) und am Garigliano (28. und 29. Dez.), das Land dem siegreichen Gonsalvo räumten, der 1504 dasselbe für die spanische Krone in Besitz nahm.

Nachdem die Versuche des Königs Franz I., in seinen beiden ersten Kriegen mit Karl V. Neapel zu erobern, gescheitert waren, blieben Neapel und Sizilien bis 1713 in spanischem Besitz und wurden von spanischen Vizekönigen regiert, deren erster Gonsalvo war. Die spanische Herrschaft hatte für das Königreich die verderblichsten Folgen: die alte ständische Verfassung wurde allmählich beseitigt, jede freie geistige Bewegung unterdrückt; die unwissende, träge