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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ventilation

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Ventilation (Pulsions- und Aspirationsmethode).

verlassen. In welcher Weise Zentralluftheizung sowie auch Kamin- und Ofenheizung für die V. nutzbar gemacht werden können, s. Heizung. Für den Abfluß der verbrauchten Luft bringt man auch hier Kanäle an, wie sie eben beschrieben wurden.

Wo die durch Temperaturdifferenz herbeizuführende V. nicht ausreicht, preßt man mit Hilfe eines durch einen Motor bewegten Ventilators Luft in einen Kanal, aus welchem sie durch mehrere kleine Öffnungen in Mantelöfen tritt, um genügend erwärmt in das Zimmer zu strömen. Bei sehr großer Kälte passiert die Luft noch vor dem Eintritt in den Ventilator einen Heizapparat. Die verdorbene Luft läßt man entweder ohne weiteres Zuthun durch die Poren des Mauerwerkes, durch Fugen und Ritzen an Fenstern und Thüren entweichen, oder man leitet sie durch Kanäle, welche in den Wänden liegen, in einen gemeinsamen Schornstein. Die Pulsionsmethode kann sich nur in Verbindung mit einer kräftigen Aspiration wirksam erweisen und ist besonders anwendbar, wo es sich nur um Zuführung frischer, aber nicht vorher erwärmter Luft handelt. Die Erwärmung der Luft ist immer mißlich, weil man im stande sein muß, die Temperatur nach den Jahreszeiten beliebig zu verändern. Man hat zur Konstruktion einer Mischkammer seine Zuflucht genommen und in dieser die heiße Luft aus der Heizkammer der Zentralluftheizung mit frischer kalter Luft gemischt. Aus der Mischkammer muß die Luft mit einer Temperatur von wenigstens 25-30° abströmen, weil sie auf ihrem Weg zum Zimmer noch viel Wärme verliert; ihre Eintrittsgeschwindigkeit soll nur zwischen 0,5-1 m pro Sekunde schwanken, weil dann am wenigsten Belästigung entsteht. Die Pulsionsmethode ist fast nur in großen Versammlungslokalen und in Theatern zur Anwendung gekommen, um die frische Luft den einzelnen Sitzen zuzuführen. Von andrer Seite ist sie zwar auch für Hospitäler empfohlen worden, doch hat die Erfahrung hierüber noch nicht entschieden.

Bei der Aspirationsmethode sucht man die verunreinigte Luft fortzuschaffen und überläßt es der natürlichen V., das erforderliche Quantum frischer Luft eintreten zu lassen, oder man bringt besondere Kanäle an, durch welche dieser Zutritt leichter stattfinden kann. Für die Aspiration kann man wieder Temperaturdifferenzen verwerten und zwar am einfachsten mit Hilfe eines Mantelofens, welcher in dem Raum zwischen Heizkörper und Mantel die aufsteigende Luft erwärmt und dabei eine solche Zugkraft entwickelt, daß in einem mit diesem Raum in Verbindung gesetzten Kanal eine sehr lebhafte Luftströmung entsteht. Die Figur zeigt eine solche Einrichtung in einem Schulhaus. Durch einen von außen her nach dem Ofen ziehenden Ventilationskanal c wird frische Luft unter den Ofen in den Raum zwischen Heizkörper a und Mantel b geführt, welche erwärmt den Ofen verläßt und den durch Pfeile angedeuteten Weg im Zimmer verfolgt. Abgekühlt und auf den Fußboden herabgesunken, dringt die Luft durch zahlreiche kleine Öffnungen und namentlich durch ein unter dem Podium des Lehrers befindliches, 1000 qcm großes Loch unter den Fußboden des Zimmers und wird durch das ebenfalls bis unter den Fußboden geführte Rohr e, welches reichlich vom Ofen angewärmt wird, angesogen und abgeführt. Das Maß der Abführung ist durch den im Abzugsrohr angebrachten Ventilationsstutzen zu regulieren. Stets bedarf man zur V. durch Aspiration eines mit dem Evakuationskanal in Verbindung stehenden Schornsteins, in welchem die Lufttemperatur um 20-30° höher ist als in dem zu ventilierenden Raum. Diese Erwärmung der Schlote (Lockkamine) erreicht man dadurch, daß man durch dieselben, wenn sie genügende Weite besitzen, ein eisernes Rohr leitet, welches die Feuergase der Heizung abführt. Der Raum zwischen Rohr und Mauer wird dann genügend erhitzt, um absaugend zu wirken.

In einem Evakuationspavillon des Krankenhauses Bethanien in Berlin ventiliert man im Sommer durch die geöffneten Fenster und den offenen Dachfirst, der mit doppelten Klappen versehen ist. In den Badekabinetten, den Theeküchen und Klosetten, welche sämtlich von den Krankensälen durch eine bis zur Decke reichende feste Mauer, unter sich aber durch niedrige, 5 cm starke, in Zement gemauerte Wände getrennt sind, geschieht die V. im Sommer und Winter mittels eines in der Mitte des Gebäudes stehenden Saugschornsteins (Lockkamins), der durch die Feuerung des Badeofens erwärmt wird. Auf diese Weise kann die Luft aus den genannten Räumen nicht in den Saal zurücktreten. Im Winter wird die V. bei geschlossenem Dachfirst in den größern Sälen durch die Heizapparate vermittelt. Zu diesem Zweck sind in jedem Saal zwei Koksfüllöfen aufgestellt, von denen jeder mit zwei Blechmänteln so umgeben ist, daß die Zwischenräume je 5 cm betragen. Diese Blechmäntel nehmen die strahlende Wärme der äußern, mit Schamotte gefütterten Öfen zunächst auf und geben sie teils nach außen an die Luft des Saals, teils an die von unten nach oben zwischen den Blechmänteln durchströmende Luft ab. Der eine der beiden Öfen saugt nämlich durch einen unter dem Fußboden hinlaufenden Kanal von außen her frische kalte Luft an, während der andre Ofen, dessen Blechmäntel nicht bis zum Boden herabreichen, die Luft des Saals durch Zirkulation derselben zwischen den Blechcylindern erwärmt. Beide Öfen geben ihre Verbrennungsgase in ein zwischen ihnen stehendes Rauchrohr ab, welches mit einem Mantel von Eisenblech umgeben ist, der oben weit über das Dach hinausragt, und zwischen dessen unterer Kante und dem Fußboden sich eine Lücke von 30 cm Höhe befindet. Es entsteht auf diese Weise ein stark erwärmter Evakuationsschlot, der die Luft des Saals am Fußboden durch jene Lücke aufnimmt und durch seine obere Öffnung aus dem Saal fortführt. Bei geringer Kälte reicht die Heizung mit dem Ventilationsofen vollständig aus.

Vielfach verbreitet sind Vorrichtungen, welche die Lufterneuerung mittels Temperaturdifferenzen auf

^[Abb.: Ventilationseinrichtung mit Aspiration.]