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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Waffenplatz; Waffenrecht; Waffenrock; Waffenruhe; Waffensalbe; Waffensammlungen; Waffenstillstand; Waffentanz

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Waffenplatz - Waffentanz.

Waffenplatz, Sammel- und Alarmplatz im »gedeckten Weg« (s. d.) einer Festung; allgemein eine mit großen Waffenvorräten versehene Festung.

Waffenrecht (Waffen- und Wehrhoheit, Militärgewalt, Jus armorum), das Recht, eine stehende bewaffnete Macht zu unterhalten, ist ein ausschließliches Hoheitsrecht des Staatsoberhaupts und als solches im modernen Staatsrecht allgemein anerkannt. Mit W. bezeichnet man aber auch das Recht des Kriegs und des Friedens, d. h. das staatliche Hoheitsrecht, welches zur Kriegserklärung und zum Friedensschluß ermächtigt. Im Deutschen Reich steht das W. in diesem Sinn dem Kaiser zu, doch bedarf derselbe zur Kriegserklärung der Zustimmung des Bundesrats, es sei denn, daß ein Angriff auf das Reichsgebiet oder dessen Küsten erfolgt. Das W. der deutschen Souveräne im erstern Sinn ist zu gunsten der Krone Preußen vielfach durch Militärkonventionen beschränkt. Der Kaiser hat auch den Oberbefehl über das gesamte Landheer und über die Kriegsmarine. Im Frieden hat jedoch auch der König von Bayern das uneingeschränkte W. Außerdem versteht man unter W. das Recht, Waffen zu tragen (port d'armes), welches früher jedem Freien zustand, jetzt aber polizeilichen Beschränkungen unterliegt. Namentlich gestatten die Vereinsgesetze Volksversammlungen regelmäßig nur unbewaffneten Personen.

Waffenrock, vorn geschlossener Tuchrock mit vollen Schößen und einer oder zwei Reihen Knöpfe, welcher nach 1840 in Preußen, seitdem in fast allen Armeen eingeführt wurde; bei den Kürassieren Koller genannt. Die österreichische Armee trägt im Felde die Bluse, der Landsturm in Deutschland die Litewka (s. d.). Der W. hat seinen Namen vom reich ausgestatteten Wappenrock der Ritter, welcher über der Rüstung getragen wurde; s. Rüstung.

Waffenruhe, s. Waffenstillstand.

Waffensalbe, im mittelalterlichen Aberglauben eine Salbe, welche die Hiebwaffen unüberwindlich machte, und bei deren Bereitung eine auf dem Schädel Gehängter gewachsene Flechte (Muscus crani humani) eine Hauptrolle spielte.

Waffensammlungen zu geschichtlichen wie kunst- und kulturgeschichtlichen Studien kommen zuerst gegen Ende des 15. Jahrh. vor. Um 1550 wurde das etwa 60,000 Stück zählende »Museum historischer Waffen in Dresden« errichtet; den Grund zu der berühmten Ambraser Sammlung in Wien legte 1570 Ferdinand I., welcher auf seinem Schloß Ambras (s. d.) 500 vollständige Rüstungen vereinigte; außerdem besitzt Wien berühmte W. im Arsenal und Stadtzeughaus. Die W. im Tower in London stammt aus dem Anfang des 16. Jahrh., die des Artilleriemuseums in Paris aus dem Jahr 1788, die in Berlin hat ihre Bedeutung durch die des Prinzen Karl von Preußen erhalten. Wichtige W. bestehen noch in Turin (Armeria), Madrid (Armeria), Florenz, Venedig, Mailand, auf Schloß Erbach, in Braunfels, Sigmaringen, Darmstadt, München, Nürnberg (Germanisches Museum), Graz, Bern, Zürich, Genf, Luzern etc.; vgl. Demmin, Die Kriegswaffen in ihrer historischen Entwickelung (2. Aufl., Leipz. 1886).

Waffenstillstand (Armisticium, franz. Armistice Trève), Vertrag zwischen kriegführenden Teilen wegen Unterbrechung der Feindseligkeiten auf bestimmte Zeit oder bis zu erfolgender Aufkündigung. Ist der W. ein allgemeiner, welcher für alle Arten von Feindseligkeiten auf dem ganzen Kriegsschauplatz gelten soll, so kann er nur von den Kriegsherren der feindlichen Armeen selbst geschlossen werden; hat er dagegen nur für gewisse Truppenteile, Gegenden und Linien Geltung, so wird er von den obersten Befehlshabern abgeschlossen. Die von beiden Teilen während des Waffenstillstandes oder einer teilweisen kurzen Waffenruhe (Cessation, Suspension d'hostilités) einzunehmenden Stellungen werden gewöhnlich durch eine Demarkationslinie getrennt. Häufig wird auch nur auf wenige Stunden ein W. geschlossen, und zwar behufs der Beerdigung der Toten, Fortschaffung der Verwundeten, Auswechselung der Gefangenen sowie während des Parlamentierens. Der W. ist für die kontrahierenden Teile mit dem verabredeten Anfangspunkt verbindlich, für einzelne dagegen nur erst von dem Zeitpunkt erhaltener Kenntnis an. Ein Bruch des Waffenstillstandes gilt als Verletzung des Völkerrechts. Ein allgemeiner W. ist gewöhnlich Vorläufer des Friedens. Früher sind Waffenstillstände selbst auf eine Reihe von Jahren geschlossen worden; namentlich die Türken schlossen aus religiösen Gründen mit den Christen nur Waffenstillstände auf 20-30 Jahre, aber keinen Frieden.

Waffentanz, ein im Altertum namentlich bei den Griechen und Römern beliebter und an den großen öffentlichen Festen, bei Siegesfeiern etc. von bewaffneten Männern, im Mars-, Minerva- und Dianenkult auch von Priestern und Priesterinnen aufgeführter Tanz, meist ein mimisch-kriegerisches, in rhythmischen Bewegungen vor sich gehendes Kampfspiel darstellend, wobei altertümliche Ideen von der Abwehr des durch Dämonen über das Land gebrachten Unheils vorwalteten. Am berühmtesten war die Pyrrhiche, als deren Erfinder die Kureten galten. Bei den Römern finden wir die Waffentänze der Salier, die bei den circensischen Spielen zur Aufführung kamen. Bei den Germanen wurden zu Ehren des Schlachtengottes Tyr (s. d.) und auch sonst in Verbindung mit Opferfesten und Aufzügen Schwerttänze aufgeführt, die Tacitus beschrieben hat. Im Mittelalter besaßen an vielen Orten die Messer- und Waffenschmiede das Vorrecht, in der Karnevalszeit einen öffentlichen Schwertertanz veranstalten zu dürfen. Im Departement Niederalpen wird noch heute ein altertümlicher W. am Rochusfest, Bachuber genannt (also wohl zur Vertreibung der Pestdämonen), aufgeführt, wobei die Weiber in der Mitte stehen und einen alten Gesang anstimmen, während die jungen Leute ihre altertümlichen, in der Kirche bewahrten Schwerter bald schirmend gegen die Mitte ihres Kreises halten, bald laut aneinander schlagen. Auch in Deutschland ist hier und da der Schwertertanz (Eifelgebirge) um Weihnachten und Ostern im Schwange (vgl. Müllenhoff, Über den Schwerttanz, Berl. 1871), und im Norden Englands herrscht zur Weihnachtszeit der Gebrauch, daß Gesellschaften von 15 Personen, mit Schwertern in den Händen, eine Art Spiel und Tanz mit Gesang und Musikbegleitung aufführen. Vgl. Dixon, Ancient poems, ballads and songs of the peasantry of England (2. Aufl., Lond. 1861). Bei einer großen Zahl von Naturvölkern findet man ähnliche Tänze: bei den Australiern zünden die Weiber dazu nachts ein Feuer an, setzen sich in einiger Entfernung auf den Boden, trommeln auf ein über das Knie gelegtes Opossumfell und singen dazu eintönige Weisen; dann erscheinen die Tänzer mit Speeren und Feuerbränden in den Händen, und unter wildem Geheul, wobei die Speere gewaltig aneinander geschlagen und die Fackeln hin- und hergeschwungen werden, geht allmählich der Tanz in ein tolles Rennen und Jagen im Kreis über. Auf Neuseeland führten die Maori, bevor es zur Schlacht