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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Weyden; Weyer; Weyermann; Weygand; Weyhers; Weyhill; Weymouth; Weymouthkiefer; Weyprecht

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Weyden - Weyprecht.

Weyden, Rogier van der, Maler der ältern flandrischen Schule, geboren um 1400 zu Tournai, lernte seit 1426 daselbst bei dem Maler Robert Campin, wurde 1432 Meister der St. Lukasgilde, zog jedoch bald darauf nach Brüssel, wo er bereits 1436 als städtischer Maler genannt wird. 1449 ging er nach Italien und befand sich 1450 zum Jubiläum in Rom. Sodann zurückgekehrt, starb er 16. Juni 1464 in Brüssel. In seinen Gemälden, die sich durch strenge Zeichnung, sorgsame Vollendung, feste Modellierung, glänzende Öltechnik, aber auch durch Herbheit und Magerkeit der Formen kennzeichnen, setzte er im wesentlichen die von den Brüdern van Eyck begonnene Richtung fort. Er war der Begründer der Brabanter Schule und hat zahlreiche Schüler (darunter Memling) herangebildet, zum Teil auch solche aus Deutschland, welche die flandrische Malweise nach auswärts verbreiteten. Seine hervorragendsten Schöpfungen sind: die Kreuzabnahme für die Frauenkirche in Löwen (jetzt in Madrid), ein Triptychon mit der Beweinung Christi in der Mitte, der Johannisaltar und ein für die Kirche von Middelburg gemalter Flügelaltar mit der Anbetung des Kindes (alle drei im Museum zu Berlin), ein Triptychon mit Christus am Kreuz in der Mitte (in der kaiserlichen Galerie zu Wien), das Jüngste Gericht (im Hospital zu Beaune, um 1450) die sieben Sakramente (in den Museen zu Madrid und Antwerpen), die Anbetung der drei Könige und der heil. Lukas, die Madonna malend (beide in der Münchener Pinakothek). Vgl. Wauters, R. v. d. W., ses œuvres, ses élèves et ses descendants (Brüss. 1856).

Weyer, 1) Sylvain van de, belg. Staatsmann, geb. 1802 zu Löwen, studierte hier die Rechte und praktizierte hierauf als Advokat, bis er zum Stadtbibliothekar von Brüssel, Konservator des burgundischen Archivs und Professor am Museum ernannt wurde; doch verlor er als einer der Führer der Opposition gegen die damalige niederländische Regierung und als Mitredakteur des »Courrier des Pays-Bas« diese Stellen wieder. Beim Ausbruch der belgischen Revolution 1830 suchte er vor allem die Nation vor Anarchie zu bewahren. Er wurde zum Mitglied der Sicherheitskommission und dann der provisorischen Regierung ernannt. Bei der Bildung eines diplomatischen Ausschusses wurde W. zu dessen Präsidenten und 26. Febr. 1831 zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. In dieser Stellung wirkte er vorzüglich gegen die französische Partei und für die Wahl des Prinzen Leopold zum König der Belgier. Nach der Thronbesteigung desselben wurde er zum außerordentlichen Gesandten am Londoner Hof und später bei der Londoner Konferenz ernannt, welche Stellung er bis 1845 bekleidete. 1845 an die Spitze des neuen Kabinetts berufen und mit dem Ministerium des Innern betraut, vermochte er die beiden sich bekämpfenden Parteien, die liberale und die katholische, nicht zu versöhnen und trat schon im nächsten Jahr zurück, worauf er den Gesandtschaftsposten zu London wieder übernahm, den er erst 1867 niederlegte. Er starb 23. Mai 1874 in London. Seine litterarischen Arbeiten veröffentlichte er unter dem Titel: »Choix d'opuscules philosophiques« (Lond. 1863-76, 4 Bde.). Vgl. Juste, Sylvain van de W. (Brüssel 1871, 2 Bde.).

2) Johann, s. Wier.

Weyermann, Jakob Campo, niederländ. Maler und Kunstschriftsteller, geb. 1679 (nach andern 1689) zu Breda, bildete sich anfangs in der Landschaftsmalerei aus und ging nach Antwerpen, blieb aber nicht lange bei der Kunst und führte ein abenteuerliches Leben, das ihn nach Paris, Lyon, Rom, nach Deutschland und dem Haag führte, wo er 1729 die ersten drei Bände seines Werkes »De levensbeschrijfvingen der nederlandsche konstschilders« herausgab, das seinen Namen in Erinnerung erhalten hat, aber sehr leichtfertig zusammengestellt ist. Der vierte Band erschien 1769 in Dordrecht. Er gründete später eine Zeitung, wurde aber wegen Angriffe auf die Ostindische Kompanie zu lebenslänglichem Kerker verurteilt und starb 1747.

Weygand, Hermann, Militärschriftsteller, geb. 4. Mai 1830 zu Darmstadt, trat 1847 in das großherzoglich hessische Artilleriekorps, wurde 1870 als Batteriechef bei Gravelotte schwer verwundet, 1871 als Major verabschiedet, war 1872-86 Landwehrbezirkskommandeur in Erbach im Odenwald und lebt seitdem in Darmstadt. Er schrieb: »Die deutsche Gewehrfrage« (mit Plönnies, Darmst. 1871); »Die technische Entwickelung der modernen Präzisionswaffen der Infanterie« (Berl. 1872, 2. Aufl. 1878), mit den Fortsetzungen: »Die modernen Ordonnanzpräzisionswaffen der Infanterie« (das. 1875) und »Das Schießen aus Handfeuerwaffen« (das. 1876); »Das französische Infanteriegewehr M/74« (das. 1876); »Das französische Marinegewehr M/78« (das. 1879); »Taschenballistik« (das. 1881). Aus dem Niederländischen des Hauptmanns van Dam van Isselt übersetzte er »Die Ballistik der gezogenen Feuerwaffen« (Berl. 1882) und »Das Infanteriefeuer« (das. 1885).

Weyhers, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Gersfeld, hat eine kath. Kirche, ein Amtsgericht und (1885) 585 Einw.

Weyhill (spr. uéh-hill), Dorf, s. Andover 1).

Weymouth (spr. uéhmöth), 1) Stadt in Dorsetshire (England), an der großen, von der Isle of Portland (s. d.) westlich begrenzten Bai gelegen, hat mit ihrer fashionablen Schwesterstadt Melcombe-Regis (1881) 13,715 Einw. W. ist ein beliebtes Seebad, hat hübsche Bäder und einigen Handel, namentlich mit den Kanalinseln. Zum Hafen gehörten 1888: 29 Seeschiffe von 2264 Ton. Wert der Einfuhr 1888: 228,273 Pfd. Sterl., der Ausfuhr 111,053 Pfd. Sterl. W. ist Sitz eines deutschen Konsuls. -

2) Gemeinde im nordamerikan. Staat Massachusetts, an der Massachusettsbai, hat Nagelschmieden, Stiefelfabrikation, Fischerei und (1885) 10,740 Einw.

Weymouthkiefer, s. Kiefer, S. 714.

Weyprecht, Karl, berühmter Nordpolfahrer, geb. 8. Sept. 1838 zu Konig im Odenwald, besuchte das Gymnasium und die Gewerbeschule in Darmstadt, trat 1856 als Seekadett in die österreichische Marine und wurde 1861 Offizier. Nach verschiedenen Reisen nach dem Orient, Westindien, Mexiko, Nordamerika und nach einer zweijährigen Küstenaufnahme von Dalmatien machte er 1871 mit Payer eine Vorexpedition nach Spitzbergen und Nowaja Semlja. Seine Hauptexpedition, ebenfalls mit Payer unternommen (österreichisch-ungarische arktische Expedition), dauerte von Juni 1872-74 (s. Payer), Weyprechts Berichte darüber sind im 35. Bande der Druckschriften der kaiserlichen Akademie enthalten. Eine populäre Bearbeitung bietet sein Werk »Die Metamorphosen des Polareises« (Wien 1878). Danach entwickelte W. eine große Thätigkeit für die Errichtung von Stationen für die wissenschaftliche, meteorologisch-magnetische Erforschung der Zirkumpolarregion, doch starb er 29. März 1881 in Michelstadt vor endlicher Errichtung der von ihm geplanten Stationen. Er schrieb zu diesem Zweck: »Praktische Anleitung zur Beobachtung der Polar-^[folgende Seite]