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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Deutsch-Ostafrika (Geschichtliches).

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Deutsch-Ostafrika'

Anmerkung: Fortsetzung von [Bevölkerungsverhältnisse, Kultur.]

Melinde, Brawa, Makdischu. Nachdem die Portugiesen 1503 sich die Insel Sansibar unterworfen hatten, trugen sie ihre Herrschaft auch auf die Festlandküste hinüber, zerstörten den Handel mit Landesprodukten und bewirkten das Aufblühen des Sklavenhandels zum Ruin des Landes. Die Herrschaft der Portugiesen erwies sich aber als so drückend, daß die Eingebornen den Imam von Maskat herbeiriefen, welcher 1698 Mombas einnahm und von da aus nach und nach die ganze Küste bis Mosambik ereroberte [^richtig: eroberte]; 1728 kamen die Portugiesen wieder, als der Imam in Maskat beschäftigt war. Bald aber kehrten die Araber zurück und nahmen 1784 das letzte portugiesische Bollwerk, Sansibar, ein. Nur Mombas blieb unter einheimischen Fürsten selbständig, bis es 1828 ebenfalls unterworfen wurde. Doch war die Herrschaft des Sultans von Sansibar nur auf die Küstenplätze beschränkt, die weiter nach innen wohnenden Stämme erkannten dieselbe keineswegs an, wenngleich hier und dort sie dann und wann die Bedrückungen seiner Soldaten sich gefallen lassen mußten.

Geschichtliches. Die deutsche Kolonisation.

Die deutsche Besitzung an der ostafrikanischen Küste wurde 1884 durch den kühnen Zug von Peters, Jühlke und Graf Pfeil erworben, welche im Auftrag der in Berlin gebildeten Gesellschaft für deutsche Kolonisation mit den Herrschern von Useguha, Nguru, Usagara und Ukami Verträge abschlossen, wodurch diese ihr Land mit allen Hoheitsrechten an die genannte Gesellschaft für ewige Zeiten abtraten. Die Erwerbungen waren im November und Dezember 1884 gemacht worden, und schon im Februar 1885 wurde der Gesellschaft ein kaiserlicher Schutzbrief verliehen, durch welchen die genannten Gebiete unter die Oberhoheit des Deutschen Reichs wie unter dessen Schutz gestellt wurden. Alle Hoheitsrechte (Gerichtsbarkeit, Zoll- und Bergwerksregal u. a.) sollten aber der Gesellschaft zustehen und zwar über die Eingebornen wie über die dort wohnenden Reichsangehörigen und die Angehörigen fremder Nationen. Aus dieser Gesellschaft heraus bildete sich bald darauf eine Zweiggesellschaft, die Kommanditgesellschaft Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft Karl Peters und Genossen, an deren Spitze ein auf 15 Jahre gewähltes Direktorium von fünf Mitgliedern mit entscheidenden Vollmachten trat. Als Zweck der Gesellschaft wurden bezeichnet Erwerb, Besitz, Verwaltung und Verwertung von Ländereien, Ausbeutung von Handel und Schiffahrt durch Selbstbetrieb oder Übertragung an andre Gesellschaften sowie deutsche Kolonisation im O. Afrikas. Die ausgegebenen Anteilscheine lauteten auf 50, 500 und 1000 Mk., jede gezahlte Mark gab Anspruch auf 50 Ar Land. Schon wenige Monate später wurde Peters allein mit außerordentlicher Generalvollmacht auf zehn Jahre bekleidet und zur bessern finanziellen Begründung des Unternehmens statt der bisherigen Gesellschaftsform eine korporative Form gewählt, in welcher die Gesamtgesellschaft Trägerin der Gesellschaftsrechte wurde. Dadurch sollte an Stelle der bisherigen Kommanditgesellschaft eine mit dem Rechte der juristischen Person ausgestattete Korporation unter dem Namen Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft treten. Zugleich wurden die Anteile der Gesellschaft um ein Bedeutendes und zwar auf 10,000 Mk. erhöht, man wandte sich nunmehr ausschließlich an das große Kapital und brachte eine Summe von 4 Mill. Mk. zusammen, mit welchem die Arbeiten begonnen wurden. Zum Präsidenten auf fünf Jahre wurde abermals Peters ↔ ernannt, ihm sollten zwei Direktoren und ein Direktionsrat von 15 Mitgliedern zur Seite stehen. Die Aufsicht über die Gesellschaft wurde dem Reichskanzler übertragen. Im März 1887 begab sich Peters nach Sansibar, doch kehrte er schon Anfang 1888 wieder nach Berlin zurück, seine Stelle übernahm der ehemalige Konsul Bohsen.

Während sich so die Organisation und Finanzierung der Gesellschaft in Deutschland stufenweise vollzog, war man in Afrika rüstig mit Landerwerbungen fortgeschritten. Als 10. Dez. 1885 eine aus Vertretern des Deutschen Reichs, Frankreichs und Englands zusammengesetzte Kommission in Sansibar zusammentrat, um für die Herrschaft des Sultans genaue Grenzen zu bestimmen, hatte die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft folgende Erwerbungen gemacht: die Landschaften Usagara, Nguru, Useguha und Ukami, durch Peters und Graf Pfeil erworben laut Verträgen vom Dezember 1884, anerkannt durch kaiserlichen Schutzbrief vom 27. Febr. 1885. Landschaft Khutu, durch Graf Pfeil erworben laut Vertrag vom 10. Juni 1885. Das ganze Kilima Ndscharo-Gebiet, umfassend die Landschaften Usambara, Pare, Aruscha, Tschagga, erworben durch Jühlke und Leutnant Weiß laut Vertrag vom 19. Juni 1885. Das Somalland, 20 Tagereisen landeinwärts von der Nordküste östlich von Berbera bis Warscheich an der Ostküste durch Baumeister Hörnecke und Leutnant v. Anderten laut Verträgen vom September und November 1885. Die Landschaft Usuramo durch Leutnant Schmidt laut Vertrag vom 19. Dez. 1885. Die Landschaft Uhehe durch Graf Pfeil und Leutnant Schlüter laut Vertrag vom 29. Nov. 1885. Die Landschaften Ubena, Wamatschonde, Mahenga und Wangindo durch Graf Pfeil und Leutnant Schlüter. Die Gebiete des Herrscherhauses der Msara, deren Umfang nicht festgestellt war, durch Vertrag des Assessors Lucas, so daß das ganze Gebiet sich von 12° nördl. Br. bis 12° südl. Br., d. h. von der Nordküste des Somallandes zwischen Berbera und Halule bis Kap Delgado, erstreckte mit Ausnahme einer geringen Küstenstrecke zwischen Warscheich und Barawa. Landeinwärts erstreckte sich diese Herrschaft längs des Rovuma bis zum Ostufer des Ukerewe, weiter im N. bis nach Ugogo und bis westlich vom Kilima Ndscharo. Eingeschlossen zwischen diesen Erwerbungen lag das Witugebiet. Indessen wurde der kaiserliche Schutzbrief, welcher für Usagara, Nguru, Useguha und Ukami erteilt worden war, nicht auf die übrigen Erwerbungen ausgedehnt. Der Sultan von Sansibar, Said Bargasch, machte aber selbst Ansprüche auf die von den Deutschen erworbenen Gebiete, und sein Widerstand, der sich in mancherlei Schikanen, selbst in offener Feindseligkeit gegen den Sultan von Witu kundgab, wurde erst durch das Erscheinen einiger deutscher Kriegsschiffe vor Sansibar gebrochen. Er erkannte 13. Aug. 1885 die deutsche Schutzherrschaft an und schloß sogar einen für Deutschland sehr günstigen Handelsvertrag ab. Sehr bald machte auch England auf einen Teil der Küste Anspruch, und so wurde denn Ende 1886 ein Abkommen getroffen, welches die deutsche und die englische Interessensphäre bestimmt abgrenzte. (Vgl. oben und Britisch-Ostafrika, Bd. 17.) Deutschland verpflichtete sich, nördlich von der vereinbarten Grenze keine Gebietserwerbungen zu machen, keine Protektorate anzunehmen und der Ausbreitung englischen Einflusses im N. dieser Linie nicht entgegenzutreten, während Großbritannien gleiche Verpflichtungen für die südlich von dieser Linie gelegenen Gebiete übernahm. Die privatrechtlichen

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 246.