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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Österreich

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Österreich (Kaisertum: Bergbau, Industrie).

^[Liste]

für Flußregulierungen 7020125 Gulden

für Wildbachverbauungen 1010095 "

für Bewässerungen 956000 "

für Entwässerungen 254840 "

Zusammen: 9241060 Gulden.

Für die österreichische Agrarpolitik der neuesten Zeit ist das Höfegesetz vom 1. April 1889 von besonderer Bedeutung. Die Bestimmungen desselben lassen sich kurz dahin zusammenfassen, daß im Falle eines Intestaterbfalls das Bauerngut ungeteilt auf einen der Erben (den Anerben) übergehen soll. Vom 15. Mai bis 31. Okt. 1890 fand in Wien eine allgemeine land- und forstwirtschaftliche Ausstellung statt, welche zum Teil einen internationalen Charakter trug. In Verbindung mit derselben wurde im September 1890 ein land- und forstwirtschaftlicher Kongreß abgehalten. Die Seefischerei in den österreichischen Küstengebieten hat in dem zwölfmonatlichen Zeitraum April 1888/89 eine Ausbeute von 5,9 Mill. Stück oder 84,618 metr. Ztr. im Werte von 2,3 Mill. Guld. geliefert, wovon 3,6 Mill. Stück oder 57,684 metr. Ztr. auf den örtlichen Verbrauch entfielen, während der Rest exportiert wurde. Die Gesamtzahl der bei dieser Fischerei beschäftigten Fischer betrug im Sommerhalbjahr 11,311, darunter 666 Italiener, im Winterhalbjahr 10,082, darunter 863 Italiener. Von denselben wurden im Sommerhalbjahr 3036 Boote, im Winterhalbjahr 2682 Boote benutzt. Unter den Fischgattungen der Adria nimmt die Sardelle den ersten Platz ein, indem über 30 Proz. der gesamten Fischausbeute und mehr als 70 Proz. der ganzen Fischausfuhr Österreich-Ungarns auf dieselbe entfallen. Es ist deshalb von großer Bedeutung, daß nach dem Muster der französischen Sardinenfabrikation diese bis auf die neueste Zeit an der Adria unbekannte Industrie eingeführt worden ist. Heute bestehen schon mehrere derartige Fabriken in den österreichischen Küstenländern, insbesondere zu Isola und Grado, welche zusammen etwa 250 Männer und gegen 700 Frauen und Kinder beschäftigen und im Durchschnitt der letzten Jahre 1,820,000 Büchsen Sardinen erzeugen, wovon ungefähr die Hälfte im Inland verbleibt, die andre Hälfte exportiert wird.

[Bergbau.] Der Gesamtwert der Bergwerksproduktion Österreichs, welcher im J. 1887 (nach Abzug des Wertes der verhütteten Erze) 66,07 und im J. 1888 72,26 Mill. Guld. betragen hatte, hat sich im J. 1889 wieder erheblich (um 6,54 Mill. Guld. oder 9,06 Proz.) gesteigert und betrug 78,806,679 Guld. Die Produktionsmenge belief sich in den Hauptartikel:

^[Liste]

Gold 13 Kilogr.

Silber 35435 Kilogr.

Quecksilber 5666 metr. Ztr.

Kupfer 8629 metr. Ztr.

Frischroheisen 5550080 metr. Ztr.

Gußroheisen 615038 metr. Ztr.

Blei 82178 metr. Ztr.

Glätte 23019 metr. Ztr.

Zink 48402 metr. Ztr.

Graphit 223361 metr. Ztr.

Braunkohle 138458629 metr. Ztr.

Steinkohle 85928760 metr. Ztr.

Die Steigerung der Produktion ist abermals auf die erhöhte Eisen- und Kohlenproduktion zurückzuführen. Dieselbe betrug bei Roheisen 308,904 metr. Ztr., bei Braunkohlen 9,856,076, bei Steinkohlen 3,184,151 metr. Ztr. Die Zahl der beim Bergbau und Hüttenbetrieb beschäftigten Arbeiter bezifferte sich 1889 auf 113,958 (1888: 108,703). Der Salinenbetrieb, dessen Ergebnisse in den obigen Ziffern nicht mit enthalten sind, weist eine Produktion von 2,829,625 metr. Ztr. (gegen das Vorjahr um 29,902 metr. Ztr. mehr) im Werte von 21,6 Mill. Guld. auf. Hierbei waren 10,005 Arbeiter beschäftigt.

[Industrie.] Im J. 1889 hat sich die Großindustrie in Ö. günstig entwickelt und in ihren hervorragendsten Zweigen, wie in der Eisen- und Maschinenfabrikation, der chemischen Industrie, der Spinnerei, Weberei und Appretur, teils unter gedeihlichen Verhältnissen fortgearbeitet, teils, wie in der Zuckerindustrie, sich zu erholen und aufzuschwingen vermocht. Nähere statistische Daten liegen nur über einzelne staatlich kontrollierte Industriezweige vor. So zeigt die Nachweisung der im J. 1889 bei den Punzierungsämtern behandelten Gold- und Silberwaren, daß die schon im J. 1888 wahrgenommene Besserung der Industrie auch im J. 1889 angehalten hat. Es wurden nämlich 3039,6 kg Gold- und 35,704,4 kg Silberwaren nebst 2625,4 kg vergoldetem und versilbertem Draht, d. h. um 309,4 kg Gold- und um 3653,7 kg Silberwaren, dann um 109,6 kg Gold- und Silberdraht mehr als im Vorjahr zur Punzierung gebracht. Dabei ist auch die Einfuhr von ausländischen Gold- und Silberwaren, insbesondere von Uhren, gestiegen; es wurden nämlich 63,303 Stück goldene und 230,967 silberne Uhren, gegen das Vorjahr um 4739 Stück goldene und 40,161 Stück silberne Uhren mehr, nach Ö. eingeführt.

Von den niederösterreichischen und Wiener Industriellen, welche mehrfach mit verschlechterten Absatzverhältnissen bei verteuerter Erzeugung zu kämpfen haben, wird über die Geschäftslage auch in dem günstigen Wirtsschaftsjahr 1889 Klage erhoben. In manchen Fällen ist dies darauf zurückzuführen, daß Wien als Erzeugungsstätte wegen der hohen Produktionskosten ungeeignet ist. Im übrigen hängt die Stagnation in einigen Zweigen der Wiener Industrie mit den handelspolitischen Verhältnissen, welche gerade den Wiener Exportindustrien wertvolle Absatzgebiete ganz oder teilweise entzogen haben, und mit der in den letzten Jahren eingetretenen Stockung der baulichen und materiellen Entwickelung Wiens zusammen. Zu den Industrien, welche durch die handelspolitischen Verhältnisse beeinträchtigt erscheinen, gehört unter andern die Perlmutterknopfindustrie, welche in Wien und den Vororten 566 Meister mit 5000 Gehilfen beschäftigt und Produkte im Werte von über 4½ Mill. Guld. hauptsächlich nach Nordamerika exportiert, ein Absatzgebiet, welches durch die Mac Kinley-Bill nunmehr ernstlich gefährdet ist. Was die Stagnation der Wiener Erwerbsverhältnisse betrifft, so dürften sich allerdings durch die Vereinigung der Hauptstadt mit den Vororten für die Wiener Industrie in Zukunft wieder günstigere Aussichten eröffnen. In Böhmen trat Ende Januar 1890 bei der Gablonzer Glaskurzwarenindustrie eine Notlage ein, welche namentlich durch die Einführung des Maschinenbetriebes in der Glasperlenerzeugung verschärft wurde und zu Tumulten führte, welche durch militärisches Aufgebot niedergedrückt werden mußten. Das Kartellwesen hat auch in Ö. Fortschritte gemacht. Insbesondere auf dem Gebiete des Kohlenbergbaues, der Metallindustrie, der Spinnerei und Weberei, der keramischen Produktion, der Zucker-, Spiritus-, Papierindustrie etc. sind die bereits bestehenden Kartelle erneuert, bez. neue abgeschlossen worden. Von viel weittragenderer Bedeutung als die Koalition des Kapitals ist der von seiten der Arbeiter mittels Massenstreiks geführte, bisher ziemlich erfolglose Kampf um die Lohnhöhe und die Arbeitsbedingungen. Von einzelnen, das Gebiet der Industrie berührenden