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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Handel Deutschlands (überseeischer)
Unruhen, die nach Argentinien durch den finanziellen Ruin dieses Landes beträchtlich gesunken. Brasilien endlich liefert zwar nach wie vor reiche Kaffee-Ernten, doch haben die dortigen politischen Vorgänge sowie der selbst für junge Kolonialstaaten außergewöhnliche Gründungsschwindel die mit Suropa unterhaltenen Handelsbeziehungen arg geschädigt und deren gedeihliche Entwickelung gehemmt. Für mehrere der südamerikanischen Staaten hat die infolge der politischen Wirren sich schlechter gestaltende wirtschaftliche Lage sich bereits deutlich bemerkbar gemacht, denn es betrug die Ausfuhr Hamburgs dorthin:
1889 1890 65012440 Mk. 66029040 Mk.
15486100
193980
61641000
35 332340 8242120
2 933 730
707070
6678110
418210
17410040
10344400
77820
29336 740
37 793340 9422060
2369330
1259390
7 787560
324480
16881600
Brasilien.
Uruguay . Paraguay
Argentinien
Chile .. . Peru .. . Ecuador . Bolwia .
zlolumbien
Guayana.
Venezuela
Die Ausfuhrzissern zeigen demnach für Brasilien, Chile u.a.noch eine aufsteigende Tendenz, allein dies gilt in den meisten Fällen nur für die erste Hälfte des Jahres 1890, in der zweiten Hälfte war die Ausfuhr unter dem Einfluß ungünstiger Verhältnisse thatsächlich eine sehr geringe. Für 1891 wird die Einwirkung der politischen und wirtschaftlichen Krise und der durch dieselbe bedingten niedrigen Kurse sich sicherlich in durchgreifender Weise bemerkbar machen.
Ein ganz ähnliches Ergebnis Zeigt die Ausfuhr Bremens in denselben Jahren. Es ist wenig tröstlich, daß andre Länder ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
So hat die Abnahme der Ausfuhr nach Argentinien aus England 48, aus Frankreich 65, aus Belgien 56, aus Deutschland 60 Proz. betragen, und diese rückläufige Bewegung dürfte vorerst nicht zum Stillstand kommen. Die Hauptartikel der Einfuhr aus Mexiko sind Silbererze, Blauholz und Spinnstoffe; Zentral-amerika liefert hauptsächlich Kaffee und Farbhölzer, Westindien Tabak und Kaffee, Brasilien vornehmlich Rindshäute und Kaffee, sodann Wolle, Kakao und wertvolle Hölzer, ähnlich sind die Exportartikel von Venezuela, Ecuador und Kolumbien, während aus dem Süden besonders Wolle, Salpeter, Silbererz und Mais bezogen werden. Nnter den Artikeln der Ausfuhr nach Mittel- und Südamerika nehmen Baumwollwaren, Wollstoffe, Strumpfwaren, Leinengewebe, fertige Damenkleider, Posamentierwaren u. dgl. den ersten Platz ein.
In Afrika haben sich besonders die Handelsbeziehungen Deutschlands zu Marokko in den letzten Jahren außerordentlich entwickelt. Während noch 1886 die Einfuhr Hamburgs von dort 66, die Ausfuhr dahin 4209 Doppelzentner betrug, importierte Hamburg 1890 aus Marokko 16,452 Doppelztr. im Werte von 1,332,010 Mark und führte dorthin aus 15,310Doppelztr. im Werte von 1,886,210 Mk. Überhaupt nehmen die afrikanischen Nordstaaten fortgesetzt an Bedeutung für die europäische Industrie zu, doch sind gerade in jüngster Zeit ihre Exportfähigkeit und damit auch ihre Kaufkraft sehr geschmälert worden. Denselben lähmenden Einfluß hat in Südafrika die in den dortigen Minendistrikten ausgebrochene Krisis ausgeübt. Die Konsumtionskraft des äquatorialen Afrika ist noch zu unbedeutend, um nach der einen oder der andern Richtung bestimmend auf unser Wirtschaftsleben einzuwirken. Immerhin ist der
Handelsverkehr mit ihm im Steigen. Nach Deutschland wurden 1890 eingeführt aus Deutsch-Westafrika für 5,189,000, aus Deutsch-Ostafrika für 489,000 Mk. Waren, aus Sansibar, das in Betracht gezogen werden muß, da ein großer Teil der Produkte des deutschen Festlandes durch die Hände der auf der Insel ansässigen Firmen geht, für 2,218,000 Mk.
Waren. Von Deutschland wurden ausgeführt nach Deutsch-Westafrika für 3,243,000, nach Deutsch-Ostafrika für 320,000, nach Sansibar für 2,484,670 Mk.
Waren. Mit den englischen Kolonien gestaltete sich Deutschlands Verkehr 1890 wie folgt:
Einfuhr Ausfuhr
Kaftland .. .. .. 98189 Pfd. Sterl. 164938 Pfd. Sterl.
Lagos .... 348459 - - 130569 -Goldküste ... 70221 - - 62420 Sierra Leone .. .. 25813 - .. 29685 Asien ist für den deutschen Handel von immer größerer Bedeutung geworden, doch sind auch hier neuerdings beträchtliche Störungen eingetreten. Ganz außerordentlich hat der Verkehr mit Britisch-Indien zugenommen, das mit seiner nahe an 290 Mill. zählenden, leider wenig kaufkräftigen Bevölkerung ein immer besserem Abnehmer deutscher Industrieprodukte
wird. Einfuhr Ausfuhr
1889/90: 27646574 Rupien 5 639118 Rupien 1890/91: 43874820 - 16916486
Für die Straits Settlements sind für 1890 eine Ausfuhr von 342,442, eine Einfuhr von 578,333 Pfd. Sterl. zu verzeichnen. China ist leider in allerneuester Zeit infolge der dort ausgebrochenen Christenverfolgungen und Unruhen in seiner Bedeutung für den europäischen Export sehr zurückgegangen, was um so bedauerlicher erscheint, als durch die Einrichtung der vom Reiche subventionierten Dampferlinien uuser Handel mit diesem Lande sehr bedeutend zugenommen hatte. Hamburgs Ausfuhr nach China betrug 1889: 14,762,640 und 1890 15,903,910Mk. Auch Japan, obwohl dem europäischen Einflüsse sich mehr erschließend, sucht durch Hebung der eignen Industrie sich der europäischen Einfuhr gegenüber mehr und mehr unabhängig zu machen.
Dennoch war unsre Ausfuhr dorthin bislang im Steigen;1889führtetzamburgdorthinfür14,072,360,
dagegen 1890für 15,488,190Mk. Waren aus. In ähnlicher Weise stieg die Ausfuhr von Bremen nach diesen beiden Ländern. Auch Hinterindien und der Malaiische Archipel haben an Bedeutung für die europäische Exportindustrie zugenommen und versprechen von fortgesetzt steigendem Werte für die europäische Ausfuhrindustrie zu werden, wobei Deutschland freilich durch den überwiegenden handelspolitischen Einfluß der Engländer, Holländer und Franzosen zurückgedrängt wird. Die in der Levante wie in der Türkei überhaupt herrschende Rechtsunsicherheit und wirtschaftliche Schwäche haben in Verbindung mit der daselbst sich geltend machenden religiösen und politischen Spannung unsern Handel, wie den aller andern Völker, immer mehr eingeengt.
In Australien haben Überproduktion und Streiks einen Zustand wirtschaftlicher Erschlaffung erzeugt, welcher bei geringern Woll- und Weizenernten zu einer Einschränkung des Handels führte; 1890 führte Hamburg für 25,314,820, Bremen für 6,434,790 Mk.
Waren ein, was gegen das Vorjahr einen Ausfall von 2,054,092 Mk. bedeutet. Nach der englischen Statistik betrug 1890 die deutsche Einfuhr in Neu-südwales 639,475, in Viktoria 682,166 Pst> Sterl., die Ausfuhr von dort nach Deutschland 404,280, bez.
240,003 Pfd. Sterl.