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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kohlehydrale (Disaccharide, Polysaccharide)
Die Glykosen, und zwar sowohl die Aldehyd- als auch die Ketonzucker, werden durch Reduktionsmittel in die zugehörigen mehrwertigen Alkohole übergeführt; Oxydationsmittel verwandeln die Aldehydzucker, z. B. Glykose, zunächst in einbasische Säuren, 0Il2(0II)-(0Ii^0^)4-^00IIGlykonsäure,indemdie
AloeHy^gruppe oxydiert wird; durch stärkere Oxydation wird auch die endständige primä'reAlkoholgruppe OH2OII in die Karboxylgruppe verwandelt und zwei basische Säuren, z. B. (,'0011 - (0IMHD4 - 000H Zuckersäure, gebildet. Ketonzucker werden durch Oxydationsmittel gespalten und in zwei oder mehr Sän ren von geringerm Kohlenstoffgehalt übergeführt, z. B.
Fruktose in Traubensäure und Glykolsäure, bez. deren weitere Oxydationsprodukte.
Bei der Reduktion und Oxydation der Aldehydzucker 0g H^O^ bleiben die vier asymmetrischen Kohlenstoffatome intakt und demnach die Stereoisomerie der Derivate bestehen. So entstehen die optisch isomeren Reihen
Alkohol c^H^Og Sorbit Mannit Dulcis
Glykose <?LNi,0g Glykose Mannose Galaktose
Eiubas. Säure (^H^O? Glykonsäme Mannonsäure Galakton
säur»
Zweibas. Säure ^Hia Og Zuckersäure Mannozuckcr- Schleimsäure säure.
Die Überführung der Glykosen durch Oxydation mit Salpetersäure in die leichter zu unterscheidenden zugehörigen zweibasischen Säuren kann zur Erkennung der einzelnen Glykosen dienen; sonst werden dieselben am leichtesten durch ihre Osazone (s.o.) charakterisiert, die sich durch ihren Schmelzpunkt unterscheiden lassen.
Zur quantitativen Bestimmung der Glykosen, wenn sie einzeln vorliegen, dient die Oxydation mittels Fehlingscher Lösung, einer Auflösung von Kupferoxyd in alkalischer Seignettesalzlösung (weinsaurem Natronkali).Das Wirksameistdabeidasgelöste Kupferoxyd 0u,0, das Sauerstoff abgibt und in unlösliches Kupferoxydul 0^0 übergeht; die Menge des letztern ist dann ein Maß für die Menge der vorhanden gewesenen oxydierten Glykose. Da aber die Oxydation bei verschiedenen Glykosen nicht gleich weit geht, dies auch von Temperatur und Konzentration der Lösung :c. beeinflußt wird, so sind für die praktisch wichtigen Glykosen Tabellen aufgestellt, die unter der Voraussetzung der Einhaltung stets gleicher Versuchsbedingungen aus der gefundenen (^O-Menge die gesuchte Menge der Glykose finden lassen. Ferner können die einzelnen Glykosen quantitativ bestimmt werden mittels des Polarisationsapparates aus der Winkelgröße, um welche ihre Lösungen die Ebene des polarisierten Lichtes ablenken. Beide Methoden dienen z. B., um bei Diabetes (Zuckerharnruhr) im .varne die Menge der krankhaft auftretenden Glykose zn bestimmen. In Gemengen von Glykosen lassen sich die einzelnen Bestandteile nur unter besondern Umständen und angenähert quantitativ bestimmen.
Beim Erhitzen ihrer Lösungen mit Säuren oder Alkalien werden die Glykosen zersetzt unter Bildung von gelb und bei weiterer Einwirkung immer dunkler gefärbter Produkte (Huminsubstanzen); die Ketonzucker, z. B. Fruktose, werden hierbei schneller und leichter angegriffen als die Aldehydzucker.
II. Disaccharide Zuckerarten (^H^On (Saccharosen, Biosen). Die zweite Gruppe der K. besteht aus ätherartigen (bez. acetalartigen) Verbindungen von zwei gleichen oder verschiedenen Glykosen, die unter Austritt eines Moleküls Wasser zusammengetreten sind. Es sind nur Disaccharide der Formel ^12^22^11 bekannt, also solche, die der Reihe
der Hexosen angehören und als Vihexosen bezeichnet werden können. Der Zusammentritt der beiden Kon> ponenten kann entweder so erfolgt sein, daß bei der Ätherbildung beide Aldehyd-, bez. Äthergruppen gebunden worden sind, oder so, daß die Aldehyd-, bez.
Ketongruppe der einen Glykose auf eine Hydroxylgruppe der andern unter Wasserabspaltung eingewirkt hat. Der erstere Fall liegt beim Rohrzucker vor, der aus Glykose und Fruktose besteht. Hier sind dem entsprechend alle Eigenschaften der Glykosen, die durch die freie Aldehyd-, bez. Ketongruppe bedingt werden, verschwunden. Rohrzucker wird nicht von alkalischer Kupferlösung oxydiert, nicht durch Reduktionsmittel zum Alkohol reduziert, bildet kein Osazon und wird nicht in alkalischer Lösung leicht unter Färbung zersetzt, ist nicht direkt gärungsfähig :c.
In: zweiten Falle dagegen sind mit der einen intakt gebliebenen Aldehyd-, bez. Ketongruppe auch die angeführten charakteristischen Glykose-Eigenschaften unverändert erhalten, so bei der Maltose, die aus zwei Molekülen Glykose, und beim Milchzucker (Laktose), der aus einem Molekül Glykose und einem Molekül Galaktose sich zusammensetzt, wobei die Aldehydgruppe der Glykose intakt geblieben ist.
Durch Erhitzen mit verdünnten Säuren werden die Saccharosen in ihre Komponenten zerlegt (hydrolytische Spaltung), und zwar um so glatter, je verdünnter die Säure und die Lösung der Saccharosen ist; bei stärkerer Konzentration von Lösung und Säure wirkt letztere kondensierend auf die gebildeten Glykosen und verwandelt dieselben zuletzt in Huminsubstanzen.
Ketonzucker, insbesondere Fruktose, werden schneller und leichter hydrolytisch abgespalten als Aldehydzucker; so kann die Umwandlung des Rohrzuckers in das Gemenge gleicher Moleküle Glykose und Fruktose (Invertzucker) durch außerordentlich geringe Säuremengen bewirkt werden.
Der Aufbau einer Saccharose durch Wiederzusammenfügen der Glykosen, aus denen sie besteht, ist bisher nicht gelungen.
Für die Erkennung und die quantitative Bestimmung der Saccharosen gilt das bei den Glykosen Angeführte, nur daß der Rohrzucker sowohl bei der Osazonprobe als bei der Bestimmung mittels Fehlingscher Lösung zuvor durch Behandlung mit Säuren in Invertzucker übergeführt sein muß.
III. Polysaccharide. In der Art wie zwei können auch mehrere Glykosen unter Wasserabspaltung zusammentreten. Eine Triole, aus Glykose, Fruktose und Galaktose zusammengesetzt, deren Aldehyds bez. Ketongruppen wie beim Rohrzucker sämtlich gebunden sind, ist die Naffin ose O^H^^is ^^ 5 n^.
Bei den Dextrinen, die bei der hydrolytischen Spaltung der noch höher molekularen K. als Zwischenprodukte auftreten, ist die Bindung wohl zwischen je einer Aldehyd-, bez. Ketongruppe und einer Hydroxylgruppe anzunehmen, so daß im ganzen eine Aldehyd- oder Ketongruppe frei bleibt; dies erklärt, daß die Dextrine mit steigendem Molekulargewicht immer schwächere Glykose-Eigenschaften zeigen und Fehlingsche Lösungreduzieren.Soweitsieder Reihe
der Hexosen angehören, nähert sich ihre Zusamm-ensetzung mit steigendem Molekulargewicht immer mehr der Formel ((^II^O^n. Den Dextrinen sehr ähnliche Substanzen entstehen auch durch die bereits oben erwähnte kondensierende Einwirkung der Säuren auf die Glykosen. Von den hochmolekularen Verbindungen der Formel ((^His, 05)11, die keine Glykose-Eigenschaften mehr besitzen, bilden die Stärke und die eigentl