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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Meteorologenkongreß (München 1891)
In eingehender Weise wurde ferner die schwierige I Frage der Anemometrie verhandelt und hierauf bezügliche Regeln festgestellt. Als einen dringenden Wunsch sprach ferner die Konferenz das Verlangen aus, daß alle Beobachtungssysteme nach einer möglichsten Annäherung an die am meisten gebräuchlichen Aeo Fttchtungsstunden streben sollen.
Als die Frage aufgeworfen wurde, wie sich die Meteorologie gegenüber einer allgemeinen Einführung von Weltzeit in gleichzeitiger Verbindung mit Ortszeit oder von Zonenzeit stellen werde, mußte die Konferenz erklären, daß die Einführung der Weltzeit nur in wenigen Fällen für die Meteorologie Wert habe, während die Zonenzeit vom meteorologischen Standpunkt aus ganz zu verwerfen ist, da die Meteorologie ebenso wie der Erdmagnetismus sich an die Ortszeit der betreffenden Beobachtungsstelle halten muß. Auch die Anwendung einer Stunden zählung von 0 - 23 konnte nur in bedingter Weise gebilligt werden. Die Konferenz dankte Mascart und Wild für die bei Herausgabe der internationalen meteorologischen Tabellen aufgewendete Mühe und beschloß, daß die Barometerstände stets auf die Normalschwere zu reduzieren seien. Es wurde ferner bezüglich der Berechnung der Tagesmittel von den verschiedenen meteorologischen Elementen die Bestimmung getroffen, daß die Art und Weife, wie dieselben berechnet werden, stets in den meteorologischen Jahrbüchern der einzelnen Beobachtungssysteme mit Angabe der benutzten Koeffizienten und Methoden beschrieben werden soll, da die Bestimmung genauer Reduktionen auf das Tagesmittel heute wesentlich verbessert ist. Einen weitern Antrag, neben den überall berechneten Mittelwerten auch die mittlern Abweichungen der Einzelbeobachtungen vom Hauptmittel anzugeben, hielt die Konfsrenz für zu weitgehend und bezeichnete diese Aufgabe als in den speziellen Arbeitskreis der einzelnen Forscher gehörig. Ebenso wurde gegenüber dem Antrag, bei einigen Elementen statt der Mittelbildung die Berechnung des häufigsten Wertes vorzunehmen, die Ansicht ausgesprochen, daß im allgemeinen die Mittelbildung beizubehalten, in speziellen Untersuchungen aber das System der Häufigkeitszahlen bezüglich aller meteorologischen Elemente möglich auszubilden sei.
Scott-London erbot sich, eine systematische Zusammenstellung aller frühern Kongreßbeschlüsse in den drei Hauptsprachen herauszugeben. Die Regeln, welche Hann auf der Versammlung des internationalen Komitees zu Zürich betreffs der Veröffentlichung der Beobachtungen entlegener Stationen und von Reisenden vorgeschlagen hatte, und welche auch vom internationalen Geographenkongreß in Bern unlängst angenommen worden waren, wurden von der Konferenz einstimmig zum Beschluß erhoben. Es wurde ferner die wichtige Bestimmung getroffen, dahin den Einleitungen zu den Publikationen der meteorologischen Beobachtungen mehr Aufschlüsse über die Beobachtungsinstrumente, insbesondere über die Korrektionen und Aufstellungen, ferner über die Lage der Stationen 1. und 2. Ordnung gemacht werden sollen. Hingegen sah sich die Konferenz außer stände, Vorschriften über Methoden der Publikation in der nautischen Meteorologie zu geben, indem unter dem Einfluß der äußern technischen Verhältnisse die geographische Verteilung der Beobachtungen über die einzelnen Meeresteile zu ungleich ist. Wohl aber wurde der Wunsch ausgesprochen, daß in der Landmeteorologie die einzelnen
Zentralinstitute Tabellen über die klimatischen Verhältnisse ihrer Länder veröffentlichen möchten, welche nach den genauesten vorhandenen Methoden und für so viele Stationen wie möglich zu berechnen wären.
Wragge gab eingehende Mitteilungen über die Entwickelung des meteorologischen Dienstes in
Australien.
Bezüglich technischer Verbesserungen auf dem Gebiete der Wettertelegraphie wurde vor allem betont, daß der rasche und regelmäßige Bezug von meteorologischen Telegrammen aus dem Südwesten Europas (Iberische Halbinsel und Madeira) sonne aus dem Südosten (Balkanhalbinsel) anzustreben sei.
Auch wurde der Wunsch ausgesprochen, es möge die Gewinnung von neuen Beobachtungen aus Nord-amerika und vom Atlantischen Ozean durch Telegramme aus Washington, von Neufundland und von den Azoren sowie von den ankommenden Schnelldampfern aus den ersten Anlaufhäfen in Europa möglichst entwickelt und verbreitet werden. Auf die Beschleunigung der Depeschenübermittelung in den europäischen Telegraphennetzen konnte die Konferenz bei ihrem nichtamtlichen Charakter keine direkte Einwirkung anstreben. Es wurde jedoch ausdrücklich als eine Aufgabe des später zu wählenden internationalen Komitees bezeichnet, auf diesen Punkt stets besonderes Augenmerk zu richten. Eine weitere Entfaltung des meteorologischen Dienstes in Brasilien wurde als höchst wünschenswert für die Förderung der meteorologischen und klimatologischen Kenntnisse von Südamerika bezeichnet, und mit großem Interesse nahm die Konferenz die Mitteilungen von Pinheiro über die Fortschritte entgegen, welche die Meteorologie in dem letzten Jahre in diesem großen Gebiet gemacht hat. Da die Wetterberichte, insofern sie das neueste Beobachtungsmaterial enthalten, auch einen bedeutenden wissenschaftlichen Wert haben, beschloß die Konferenz, daß zur Erleichterung ihrer weitern Benutzung jedes Zentralinstitu: auf der Rückseite des Titelblattes derselben die Koordinaten der in seinem eignen Netze gelegenen Stationen angeben solle. Als eine Aufgabe für das internationale Komitee wurde noch der Antrag aufgestellt, einen Bericht über die Verbesserung und Veröffentlichung von meteorologischen Beobachtungen, welche für die Landwirtschaft von speziellem Nutzen sind, auszuarbeiten und dem nächsten Kongreß
vorzulegen.
Die magnetische Kommisiion der Konferenz empfahl für das Studium der Variationen der Vertikalintensität des Erdmagnetismus die unter Beachtung aller Vorsichtsmaßregeln anzuwendende Lloydsche Wage und beschäftigte sich mit der Art der Ausführung der Beobachtungen und deren Publikation. Die Kommission war ferner der Ansicht, daß die Beobachtungen der Erdströme von größter Wichtigkeit sind, sie war aber bei unsern heutigen Kenntnissen nicht in der Lage, nähere Instruktionen für diese Beobachtungen zu geben. Die Konferenz beschloß ferner, an den Superintendenten der Coast Survey der Vereinigten Staaten die Bitte zu richten, es möge in Point Barrow eine permanente magnetische Station mit Registrierapparaten neben der dortigen meteorologischen Station errichtet werden.
Schließlich gaben einige Mitglieder der Kommission ihre Ansichten und Erfahrungen über die Methoden für die Beobachtung der atmosphärischen Elektrizität zu Protokoll.
Zum Schlüsse beschäftigte sich die Konferenz mit der Frage der Errichtung eines internationalen