Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Milchchampagner; Mildew; Militärdienstversicherung; Millerand; Milz; Mimikry

618

Milchchampagner - Mimikry

Neuhauß auf der internationalen Rindviehausstellung in Wien 1890. Nach Benno Martiny (»Deutsche landwirtschaftliche Presse«, 18. Jahrg., Berl. 1891) geht Neuhauß von der Ansicht aus, 1) daß von zwei übrigens gleichen Tieren dasjenige das andauernd leistungsfähigere, bez. vererbungssichere sei, dessen innere (unwillkürliche) Lebensthätigkeit in allen Körperteilen die kräftigere und gleichartigere ist; 2) daß das Vorhandensein oder Fehlen einer durch den ganzen Körper gleichmäßig kraftvollen Lebensthätigkeit aus einem Vergleich der von den Mittelpunkten des Nervensystems und des Blutumlaufes entferntesten Teilen des Körpers mit den jenen Mittel- oder Ausgangspunkten näher liegenden Teilen zu beurteilen sei, und 3) daß zu einer solchen Beurteilung die Gebilde von Haut und Haar ein ganz besonders leicht erkennbares und sicheres Merkmal abgeben. Die bessere Milchnutzung erkennt daher Neuhauß aus einer dickern, dichter und kräftiger, edler behaarten Haut an Ohren, Bauch, den innern Weichteilen, der Beine etc. sowie nach der verschiedenen Abstufung der Sanftheit der Haare auf dem Haarbüschel, an der Schwanzspitze und auf dem Schopf, als den vom Mittelpunkt des Körpers entferntesten Körperteilen. Vgl. Baier und Kraemer, Erfahrungen über die Milchzeichen der Kuh (Internationaler land- und forstwirtschaftlicher Kongreß zu Wien 1890, Sektion I.: Landwirtschaft. Heft 14 und 93, Wien 1890); Neuhauß, Die Bonitierung unsrer Nutztiere, und Brödermann, Die Bedeutung der Konstitution (Vorträge, Berl. 1889); Neuhauß, Über Edelzucht auf Leistung nach Wahrnehmungen in der Praxis (das. 1888); Zürn, Lehre von den Milchzeichen der Kühe (»Landwirtschaftliche Jahrbücher«, 20. Band, Heft 5 u. 6, das. 1890).

Milchchampagner, Milchpulver, s. Milch, S. 616.

Mildew (spr. milldju), s. Peronospora viticola.

Militärdienstversicherung. Die allgemeine Wehrpflicht hat in Deutschland eine neue Versicherungsform ins Leben gerufen, welche darin besteht, daß für Knaben im frühesten Alter, jedenfalls vor Erreichung des 12. Lebensjahres, Erlebensversicherungen abgeschlossen werden, die jedoch nur dann fällig werden, wenn der Versicherte für den Militärdienst tauglich befunden und zu aktiver Dienstleistung berufen wird. Die versicherte Summe wird dem Versicherten sodann in drei Jahresraten zur Auszahlung gebracht. Im Falle frühern Ablebens, der Dienstuntauglichkeit oder der Überweisung des Versicherten an Ersatzreserve oder Landsturm wird ein Teil der Prämien zurückerstattet. Diese Bestimmung variiert bei den einzelnen Anstalten, so bezahlt die Deutsche Militärdienst-Versicherungsanstalt in Hannover 75 Proz. der eingezahlten Prämien in diesen Fällen, die Arminia in München setzt keinen bestimmten Prozentsatz fest, sondern macht die Höhe von dem Überschuß abhängig. Die Verbreitung, welche diese Kombination gefunden, hat selbst Fachmänner überrascht, da man dieselbe anfangs ziemlich pessimistisch beurteilte. Die Deutsche Militärdienst-Versicherungsanstalt, 1877 errichtet, war die erste, der es gelang, ein größeres Geschäft zu erzielen, so daß sie 1890 allein einen Zuwachs von 17,940,704 Mark Versicherungssumme realisierte. Außer den in nachfolgender Tabelle genannten Anstalten hat noch die Bremer Reichsversicherungsbank auf Basis der Umlage der Prämien nach Bedarf eine größere Anzahl Versicherungen abgeschlossen. In Österreich wurden wiederholt Gesuche um Konzessionierung einer solchen Gesellschaft von der Regierung abgelehnt, in andern Ländern ist man über die ersten Experimente noch nicht hinausgekommen. Ende 1890 war der Bestand in Deutschland in Mark:

Policen Versich.-Summen Zuwachs 1890

Deutsche Militärdienstversicherung Hannover 132557 153104359 17940704

Bremer Lebensversicherungs-Ges. 6191 6838605 348630

Hannovera, Hannover 6008 6772224 1138260

Iduna, Halle 2339 6183710 516400

Arminia, München 5422 4268250 3685350

Allgem. Vers.-Verein, Stuttgart 4469 3938224 135059

Allgem. Vers.-Bank. Mannheim<sup>1</sup>) 1934 1254834 ?

Süddeutsche, Karlsruhe 620 <sup>2</sup> 700000 <sup>2</sup> 600000

Hamburger Militärdienstvers. 400 <sup>2</sup> 650000 <sup>2</sup> 650000

Badische Militärvers., Karlsruhe 240 191100 29500

^[Additionslinie]

Zusammen: 160180 183901306 25043903

^[Fussnoten:]<sup>1</sup>) Daten für 1889. - <sup>2</sup>) Von dem gesamten Versicherungsstand schätzungsweise abgeteilt.

Millerand (spr. milrāng), Alexandre, franz. Politiker, geb. 10. Febr. 1859 zu Paris, studierte daselbst die Rechte und ließ sich 1881 in die Liste der Rechtsanwalte einschreiben. Gleichzeitig trat er in die Redaktion der Clemenceauschen Zeitung »La Justice« ein. 1884 wurde er in den Pariser Gemeinderat und 1885 in die Deputiertenkammer gewählt. In beiden Versammlungen schloß er sich den Sozialisten an und machte sich durch seine zahlreichen Interpellationen zu gunsten der Arbeiterklasse bemerklich; er ist ein gewandter Redner. 1889 gründete er ein eignes Blatt, »La Voix«.

Milz, Anthropologisches, s. Eingeweide.

Mimikry. Auf der englischen Naturforscherversammlung in Leeds (Herbst 1890) hat Poulton eine neue systematische Einteilung der in der Neuzeit so lebhaft studierten Mimikryerscheinungen vorgelegt, die hier als Rahmen benutzt werden soll, um einige teils von ihm angeführte, teils seitdem neu beobachtete Fälle mitzuteilen. Er unterscheidet vier Klassen der bestimmte Lebensvorteile einschließenden Färbungen, Zeichnungen und Gestaltungen der Tiere, nämlich: 1) kryptische (verbergende), 2) sematische (auffallende und warnende), 3) pseudosematische (täuschende oder fälschlich warnende) und 4) epigamische (geschlechtlich erregende) Färbungen und Gestaltungen. Bei jeder dieser Erscheinungsgruppen lassen sich aber nach Zweck und Ausführung Unterabteilungen aufstellen, die gesondert zu betrachten und durch Beispiele zu erläutern sind.

I. Bei der kryptischen (verbergenden) M. ist zu unterscheiden, ob dieselbe ein Tier zu seinem Schutze (prokryptisch), oder für den Angriff (antikryptisch) verbirgt und ob dies durch seine eignen Farben, Zeichnungen und Formen oder durch Fremdkörper (allokryptisch), mit denen es seinen Leib bedeckt, geschieht. Bei dem letztern Fall, der gewöhnlich als Maskierung (s. Bd. 18, S. 605) bezeichnet wird, müßten eigentlich nochmals pro- und antikryptische Allokryptie unterschieden werden, je nachdem dieselbe Laub- oder Fleischfresser verbirgt. Ferner hätten hier die Tiere mit chromatischer Funktion, die sich verschiedenfarbigen, bald hellern, bald dunklern Umgebungen anpassen können, eine besondere Klasse verdient. Aus dieser letztern, in die erste Abteilung Poultons fallenden Kategorie hat Jameson, der Genosse Barttelots im Nachtrab Stanleys, ein eigentümliches Beispiel in seinem unlängst erschienenen Tagebuch verzeichnet, einen kleinen Laubfrosch mit hellem, zitronengelbem Bauch, dunkelorangenen Zehen und im übrigen