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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Südafrikanische Republik - Südbrasilische Kolonien
geborne Bevölkerung auf 560,064 Seelen (115,589 ^ Männer, 144,045 Frauen, 300,430 Kinder) berechnet.
Danach kann die Gesamtbevölkerung auf 679,200 Seelen veranschlagt werden. Von der weißen Bevölkerung befinden sich nach der letzten Zählung 20,993 auf den Goldfeldern. Von den 772 Aeamten der Republik waren 570 Afrikaner, 132 Holländer, 46 Engländer, 21 Deu^che. Das Schulwesen liegt in den Händen der Missionen oder privater Unternehmer, denen die Regierung 1889 eine Beihilfe von 13,925 Pfd. Sterl. zahlte; 1888 wurden in 175 Schulen 4375 Kinder unterrichtet. Die einzige uon der Regierung unterhaltene Schule ist das von 100 Schülern besuchte Gymnasium zu Pretoria. Die Zahl der englischen Schulen ist eine ziemlich bedeutende. Außer der holländischen reformierten Kirche mit 61,921 Anhängern sind vertreten die anglikanische Kirche (6581), Wesleyaner (38«)6), Katholiken (3000), Lutheraner (1000), Juden (2000) u. a. Neben der schon länger hier arbeitenden Berliner und der tzermannsburger Mission sind in neuester Zeit thätig die englische Kirchenmission, die wesleyanische und die schweizerische Mission und die holländische reformierte Kirche.
Von 21 Zeitungen erscheinen 17 in englischer, 2 in holländischer Sprache und 2 in beiden Sprachen zugleich. Die Goldfelder haben in den letzten Jahren eine außerordentliche Zunahme ihrer Produktion gezeigt; auf den Goldfeldern von de Kaap, Lydenburg, Komati, Witwaterstrand, Potschefstroom und Klerksdorp, Malmani, Zoutpansberg und an der Murchisonkette bildeten sich 371 Gesellschaften mit 21,472,000 Pfd. Sterl. Kapital (wovon 7,306,666 Pfd. Sterl. eingezahlt sind), deren Ausfuhr von Gold über Natal und die Kapkolonie 1889: 1,444,112, 1890: 818,736 und in den ersten 6 Monaten uon 1891: 1,674,896 Pfd. Sterl. betrug. Von Witwaterstrand allein kamen 1889: 381,032 Unzen im Werte von 1,333,612 Pfd.
Sterl., 1890: 494,392 Unzen im Werte von 1,730,372 Pfd. Sterl. und in der ersten Hälfte von 1891: 437,114 Unzen im Werte von 1,529,899 Pfd. Sterl. Der Wert der Einfuhr betrug 1889: 5, 1890: 5,5 Mill. Pfd.
Sterl. Die Eisenbahn von der Delagoabai bis zur Grenze (81 km), welche von einer englischen Gesellschaft erbaut wurde und von einer holländischen auf dem Gebiete des Freistaates fortgesetzt werden follte, hat keine erheblichen Fortschritte gemacht, vielleicht weil man nach Erlangung eines Hafens ander Kosibai dorthin einen Schienenweg zu legen wünscht. Von der Fortsetzung der Delagoabailinie nach Pretoria waren Ende Juli 1891 fertiggestellt 37, von der Linie Pretoria-Germiston-Vaalfluß 62 km. Die Telegraphenlinien hatten 1891 eine Länge von 6011 km, im Bau waren 262 km. Die Staatseinnahmen, die seit der Entdeckung der Goldfelder sich außerordentlich gehoben haben, betrugen 1889: 1,226,135, 1890: 1,229,060,1891:1,260,259 Pfd. Sterl., die Ausgaben 1889: 1,577,445, 1890: 1,531,461, 1891: 1,380,524 Pfd. Sterl. Ein .hauptposten der Einnahmen ist der Einfuhrzoll, welcher von 190,792 in 1887 auf 381,190 Pfd. Sterl. in 1890 stieg und im ersten Halbjahr 1891: 153,353 Pfd. Sterl. erreichte. Die Überschüsse aus frühern Iahren betrugen 30.Iuni1891:180,147Pfd. Sterl. Die öffentliche Schuld belief sich Ende Juli 1891 auf 274,254 Pfd. Sterl., wovon 200,171 Pfd. Sterl. an die englische Krone. Die 13. Febr. 1858 angenommene Verfassung wurde 23. Juni 1890 revidiert.
Danach besteht der Erste Volksraad aus 24 direkt vom Aolke gewählten Mitgliedern, welche im Lande geboren und feit 14 Jahren ansässig sein müssen. Der Zweite Volksraad hat 24ebenso gewählte Mitglieder,
welche 4 Jahre im Lande ansässig sein müssen. Wahlberechtigt zum Ersten Volksraad ist jeder feit 4 Jahren, zum Zweiten Volksraad jeder seit 2 Jahren im Lande anwesende Bürger. Die Exekutive (Ilit-V06i'6ml6 Ug^cl) besteht aus dem Präsidenten und als offiziellen Mitgliedern aus dem Staatssekretär, dem Regierungssekretär und dem Generalkommandanten sowie zwei nichtoffiziellen Mitgliedern, die sämtlich vom Ersten Volksraad gewählt werden.
Zur Litteratur: Aubert, I.H i'6pud1iciii6 zuäakri^ink (Ausstellungsbericht, Par. 1889); Morrison, H. vi8it w tke 1i'9,ii8VHHi (Lond. 1890); Hendrik Muller, Auiä-^.krik H. U6i8ii6i'iiiu6i'iuA6ii (Leiden 1890); Alford, l^eologi^i l6ktui'68 ot tlie ^rauzvai^i (Lond. 1891); Knochen Hauer, Die Goldfelder des Transvaal (Berl. 1890).
Südbrasilische Kolonien (hierzu Karte »Süd-brasilien«.) Von den vier Staaten Südbrasiliens: Sao Paulo, Paranä, Santa Catharina und Rio Grande do Sul, welche einen Flächenraum von 822,904 l^km mit 2,683,163 Einw. umfassen, also bei einem Umfang, der dem des Deutschen Reiches und Österreichs zusammen nahekommt, und einer Bevölkerung wie die der preußischen Provinzen Ost- und Westpreußen, hatte man früher immer die beiden letztgenannten brasilischen Provinzen als für deutsche' Auswanderung am geeignetsten empfohlen.
Insbesondere war die Aufmerksamkeit derer, welche sich die Sorge für unsre deutschen Auswanderer angelegen sein ließen, auf die südlichste Provinz, Rio Grande do Sul, gerichtet. Dort gediehen allerdings bereits seit einer Reihe von Jahren nicht weniger als 22 deutsche Kolonien zum Teil vortrefflich, wie uns alle Reisende berichten, welche diese Gegenden bis auf die jüngste Zeit besuchten. Nicht ganz so günstig lauten die Urteile über die neun Kolonien in der anstoßenden nördlichern Provinz Santa Catharina. Kärger, der die wirtschaftlichen Zustände der erstgenannten drei Provinzen Südbrasiliens sehr eingehend und mit großer Sachkenntnis behandelt hat, spricht sich wenigstens über die bereits hier bestehende große Kolonie Dona Francisca recht wenig günstig aus. In Paranä befinden sich nur zwei Kolonien: Rio Negro und Assunguy, Sao Paulo hat nur eine: Cananea. Und doch erscheint nach Kärgers auf gründlichstes Studium aller einschlägigen Verhältnisse sich stützenden Darstellungen gerade Sao Paulo vor allen andern Provinzen deutschen Einwanderern die besten Aussichten auf Erfolg zu bieten.
Man war früher vollkommen berechtigt, vor einer Auswanderung in diese Provinz zu warnen. Die Kaffeebarone, wie man die Facenoeros (Pflanzer) nannte, verlangten bisher nur deutsche oder andre Einwanderer als Arbeiter für ihre Kaffeepflanzungen an Stelle der eingehenden Sklavenarbeit. Jetzt, nachdem letztere aufgehoben und das harte »Dienstvcrmietungsgesetz« beseitigt ist, kann gegen eine deutsche Auswanderung nach Sao Paulo ein Bedenken nicht mehr erhoben werden. Der Grund, warum alle Versuche, dieselbe in größerm Umfange nach Südörasilien überhaupt zu lenken, fehlschlagen muhten, lag darin, daß es in Rio Grande do Sul und Santa Catharina an einem großen Exportartikel fehlte, wodurch die Kolonisten in Abhängigkeit von den Krämern gerieten, und daß es an Großgrundbesitzern mangelte, die dem Neuangekommenen lohnende Beschäftigung geben und durch Inangriffnahme neuer und rentabler Kulturen ein großes Ausfuhrprodukt schaffen konnten. Auf dem Hochland von Sao Paulo liegen die Verhältnisse wesent-